Liechtensteiner Volksblatt
Extra
Samstag, 11. Mär/, 2000 33
Umwelt
■ Mehr Toleranz für Grossraub
tiere ■ Zu wenig Lebensraum für
Tiger, Leopard und Schneeleopard
Nachrichten
Neue Sorge vor
Umweltkatastrophe
PEKANBARU: Dicker Smog nach einer Serie
von Waldbränden auf der indonesischen Insel
Sumatra hat in weiten Teilen Südostasiens die
Furcht vor einer erneuten Umweltkatastrophe
wachsen lassen. Auf Sumatra wurden diese Wo
che Atemschutzmasken an die Bevölkerung
verteilt. In den Nachbarstaaten Malaysia und
Singapur überwachten die Behörden aufmerk
sam die Werte der Luftverschmutzung. Zu Be
ginn der jährlichen Trockenperiode lodern auf
Sumatra Hunderte kleiner Waldbrände. Regen
konnte nur wenige davon löschen. Die Feuer
werden zumeist absichtlich von Grossgrundbe
sitzern und Bauern gelegt, um Waldgebietc zu
roden.
Vom Ehrenpreis und
Scharbockskraut
HERISAU: Prächtige Fotografien von Blumen
verbindet Sina Semadeni in «Wüssten's die Blu
men» mit Blumengedichten. Dort wo die Mittel
der Fotografie in der zweidimensionalen Ober
flächlichkeit enden, führen die Worte in die Tie
fe, spielen mit botanischen Fakten, ergründen
Geheimnisse der Natur und schaffen Verbin
dungen zwischen dem Blumendasein und dem
Leben der Menschen. Ein Geschenk für sich
selbst oder liebe Bekannte. Sina Semadeni-Be-
zzola ist 1932 in Zürich geboren und in Flims
aufgewachsen. Handelsdiplom in Chur, ver
schiedene Tätigkeiten in Hotels im In- und Aus
land. Sie lebt heute in Balgach. Veröffentlichte
nebst anderem mehrere Kinder- und Märchen
bücher und erhielt 1995 den Anerkennungs
preis der Kulturstiftung des Kantons St. Gallen.
«Wüssten's die Blumen» von Sina Semadeni ist
im Appenzeller Verlag erschienen. 40 Seiten ge
bunden, ISBN 3-85882-286-8. 22 Franken (23
Mark / 168 Schilling).
Fischbestand im Doubs
schwer beeinträchtigt
INDEVILLER: Der Fischbestand im franzö
sisch-schweizerischen Teil des Doubs ist schwer
beeinträchtigt. Eine am Freitag in Indeviller (F)
vorgestellte Studie macht dafür vor allem die
Wasserkraftwerke verantwortlich. Die vom
französischen Hohen Fischereirat (CSP) erstell
te Studie hat die rund 40 Kilometer Flusslauf,
die die Grenze zwischen Frankreich und der
Schweiz bilden, untersucht. Auf dieser Strecke
finden sich die französisch-schweizerischen
Stauwehre von Chätelot NE, Refrain JU und
Goule J U. In diesem Gebiet genügt laut der Stu
die die jährliche Aussetzung von 500 000 Satzfi
schen nicht, um das bedeutende Defizit ausge
wachsener Forellen auszugleichen. Dafür seien
vor allem die Wasserverwirbelung in den Was
serkraftwerken und die exzessive Stickstoff-
und Phosporbelastung aus der Landwirtschaft
verantwortlich.
Programm zur
Sanierung der Theiss
BUDAPEST: Fünf Wochen nach der Zyanid-
Verseuchung mehrerer Flüsse in Südosteuropa
hat der WWF am Donnerstag ein Programm für
die Sanierung der ungarischen Theiss vorge
stellt. Der UNO-Experten-Bericht über den
Unfall wird Ende März erwartet.
Mehr Toleranz für
Grossraubtiere
Knapp zwei Wochen nach letzten illegalen Luchstötungen
LUZERN: Noch unter dem
Eindruck der jüngsten illega
len Luchstötungen hat Pro Na
tura am Freitag eine Informa-
tionskampagne für geschützte
Grossraubtiere gestartet. An
der Vernissage des «Raub-
Zugs» in Luzern wurden die
Ziele nochmals bekräftigt:
Luchs, Wolf und Bär sollen
auch in den Schweizer Wäl
dern eine Chance haben.
Mitten in der Kontroverse um das
neue Luchskonzcpt des Bundes plä
diert die grösste private Naturschutz
organisation der Schweiz für Tole
ranz. Es gehe nun um einen offenen
Dialog und ehrliche Information
über Luchs, Wolf und Bär, sagte
Projektleiterin Astrid Schönenber-
ger an der Vernissage. Pro Natura
suche nicht den fruchtlosen Schlag
abtausch mit fanatischen Luchshas
sern. Es solle vielmehr eine schwei
gende Mehrheit aktiviert werden,
die schon heute den Luchs akzep
tiere und schätze. «Wenn ein Luchs
gegner plötzlich von seinen Kindern
oder dem Kollegenkreis hinterfragt
wird, nützt das mehr als viele Worte
von wissenschaftlicher oder Natur
schutz-Seite», sagte Schönenberger
zu den jüngsten Luchsfreveln. Im
Waadtland waren Ende Februar
drei mit Schlafmitteln vergiftete
Luchse gefunden worden. Vier ab
gehackte Luchspfoten an die Adres-
I'ro Natura hat ani Freitag eine Informationskampagne für geschützte Grossraubtiere gestartet. (Bild: Keystone)
se der Berner Behörden hatten be
reits Mitte Februar Abscheu aus
gelöst.
Die vier ausgedienten Postwag
gons des «RaubZugs» sind von
Montag bisfreitag für Schulklassen
und Gruppen reserviert. Am Wo
chenende stehen sie einem breiten
Publikum offen. Pro Natura will mit
der zweisprachigen Ausstellung Re
gionen aufsuchen, wo die Wogen be
sonders hoch schlagen. Bis zum 26.
Juni stehen einwöchige Aufenthalte
auf 15 Bahnhöfen auf dem Pro
gramm, darunter Zweisimmen
(BE), Brig (VS), Bulle (VD), Neu
enburg und Arth-Goldau (SZ). Bei
der Kampagne spielt, wie bereits
berichtet, das Leben von Jungluchs
«Tito» eine grosse Rolle, dessen
Spur auf Internet unter
«http://www.pronatura.ch» mitver-
folgt werden kann.
Das vor zwei Wochen vom Bun
desamt für Umwelt, Wald und
Landschaft (Buwal) vorgestellte
Luchskonzept zur Wiederansicd-
lung von Luchsen in noch luchsfrei
en Gebiete der Nordostschweiz
wird von 16 Kantonen in Frage ge
stellt. Dabei sind sie nicht gegen das
Luchskonzept an sich, fordern aber
die Abschusskompetenz für scha
denstiftende Luchse. Diese will der
Bund behalten. Buwal-Dircktor
Philippe Roch ist wegen der isolier
ten Vorgehensweise auch von Luchs
spezialisten aus den eigenen Reihen
kritisiert worden.
Für die grossen Raubkatzen wird es eng
Russland: Tierschützer bangen um Tiger, Fernöstlichen Leoparden und Schneeleoparden
Russlands grösste Raubkatzen sind
vom Aussterben bedroht. Nur der
Luchs kommt noch in grosser Zahl
vor. Tierschützer bangen hingegen
um das Überleben des Tigers, des
Fernöstlichen Leopards und des
Irbis (Schneeleopards).
Friedemann Kohler
Die russischen Zöllner im Grenzab
schnitt Fernost erklärten, sie hätten
letztes Jahr Schmuggler unter ande
rem mit 202 Gallen vom Bär, 46
Bärentatzen und den Krallen von
drei Tigern ertappt. Dabei ist klar,
dass die Funde nur einen Bruchteil
der tatsächlich gewilderten und ge
schmuggelten Tiere darstellen.
Zoologen schätzen, dass die Zahl
der frei lebenden Amur-Tiger innert
zehn Jahren von etwa 400 auf 250
gesunken ist. Den gestreiften Raub
katzen wurde das Ende des Kalten
Krieges mit China zum Verhängnis.
Lohnende Wilderei
Seit die Grenze offener ist, lassen
sich Teile vom Tiger als Potenz- und
Arzneimittel in China für über
40 000 Franken verkaufen. Wilderei
und Schmuggel lohnen sich.
Ausserdem wird der Rückzugs
raum für den Tiger selbst in den
dünn besiedelten russischen Gebie
ten am Chinesischen Meer zu eng.
Ein ausgewachsenesTier jagt auf ei
ner Fläche zwischen 300 und 500
Quadratkilometern.
Begegnungen des Tigers mit
Hausvieh, Hunden und mit Men
schen häufen sich. Es ist schon in
Europa schwierig, Wölfe oder Luch
se auszuwildern und den Bauern
und Schäfern ihre Verluste zu erset
zen, damit sie nicht zur Selbsthilfe
greifen. Das verarmte Russland
kann sich sich solche Kompensatio
nen kaum leisten.
Versicherung gegen
Tigerschiiden
Für das Reservat Ternei bei Wla
diwostok hat der Zoologe Jewgeni
Smirnow eine erste Versicherung
gegen Tigerschäden eingerichtet. Er
erzählte, wie ungläubig ein Bauer
schaute, als er tatsächlich Geld für
zwei seiner 50 Kühe bekommen
sollte. «Was ist, kann der Tiger nicht
auch die anderen 48 fressen'.'», frag
te der Besitzer.
In Ternei soll auch das dritte «Ti
ger-Spital» der Region entstehen.
Dort sollen verletzte und verwaiste
Tiere gepflegt und anschliessend
wieder in die Wildnis entlassen wer
den.
Tier im Käfig erschossen
Doch während der Bestand des
Tigers in Russland noch als halb
wegs gesichert gilt, fürchten die
Zoologen um die letzten 30 bis 40
Exemplare des Fernöstlichen Leo
parden. Die absolut scheuen ge
fleckten Katzen leben alle auf win
zigem Raum im russischen
Grenzdreieck zu China und Nord
korea.
Eine genetisch einwandfreie Pa
rallelpopulation in Zoos, die das
Überleben der Art sichern könnte,
gibt es nicht. Vor wenigen Jahren
fingen russische Tierhüter ein ver
letztes Weibchen ein, mit dem eine
Zucht hätte aufgebaut werden kön
nen. Doch dann erschoss ein Wilde
rer «Lucy» in ihrem Käfig.
1998 überfuhr ein Lastwagen ei
nen jungen Leoparden, doch die
russischen Zoologen hatten trotz
dem Grund zur Freude: Der Unfall
ereignete sich an einer Strecke, die
ins relativ unberührte Gebirge
Sichote-Alin am Chinesischen
Meer führt. Wenn die Leoparden
nach dort übersiedeln, haben sie
bessere Chancen zu überleben.
Jagd auch auf
Schneeleoparden
Die dritte grosse Raubkatze, der
Irbis oder Schneeleopard, lebt in
den Hochgebirgen Zentralasiens; in
Russland gibt es etwa 120 Exempla
re im menschenleeren Altai-Gebir
ge. Auch die Schneeleoparden wer
den wegen ihrer Felle gejagt, ihre
Teile sind in der chinesischen Medi
zin gefragt. Der Zoologe Andrej Po-
jarkow sagte «Itogi», der Bestand
befinde sich in einem «labilen
Gleichgewicht»: Noch könne der
natürliche Nachwuchs die Schäden
durch Wilderer ausgleichen.
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Der Tiger hat seihst im weiten Russland zu wenig Raum zum Leben.
MARTIN
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