Liechtensteiner Volksblatt
Wirtschaft
Samstag, 11. März 2000 JL9
Nachrichten
USA wollen Europäer
als IWF-Chef
BRÜSSEL: Die USA treten nach den Worten
von Aussenministerin Madelcine Albright bei
der Suche nach einem neuen Chef des Interna
tionalen Währungsfonds (IWF) für einen star
ken und qualifizierten europäischen Kandida
ten ein. Die USA seien für einen europäischen
Kandidaten, sagte Albright am Freitag nach ei
nem Treffen mit EU-Kommissionspräsident
Romano Prodi in Brüssel. Wichtig sei aber, ei
nen qualifizierten Kandidaten zu finden, der
auch über einen Konsens im IWF verfüge. Es
müsse einen «starken Kandidaten» für den IWF
geben. Prodi sagte, er habe das Thema der IWF-
Kandidatur mit Albright erörtert. Die Kommis
sion werde einen gemeinsamen Kandidaten der
15 EU-Mitglieder unterstützen. Es gebe Bewe
gung hin auf einen solchcn Kandidaten, fügte
Prodi hinzu.
Reisebranche
optimistisch
BERLIN: Die weltweite Reisebranche schaut
mit viel Optimismus auf die am Samstag in Ber
lin beginnende Internationale Tourismus-Börse
(ITB) und auf die bevorstehende Reisesaison.
Die Prognosen für die internationale Touris
muswirtschaft sind vielversprechend. In Berlin
wird wieder entschieden, wohin die Reise in der
nächsten Zeit geht. Denn auf der ITB werden
die Buchungen für die kommende Saison vor
genommen und Millionen-Geschäfte abge
schlossen. Ein Trend zeichnet sich schon jetzt
ab: Gefragt sind vor allem Sonncnziele. Für das
weltweit grösste Treffen der Tourismuswirt
schaft meldet die Messe Berlin eine Rekordbe
teiligung. In den Hallen unter dem Funkturm
stellen 8808 Aussteller (plus 20 Prozent) aus 177
Ländern beliebte Ferienziele und auch wenige
bekannte Winkel abseits ausgetretener Touris-
mus-Pfade vor.
UBS schliesst
Rechnungszentren
BASEL/BUSSIGNY: Die UBS wird ihre Rech
nungszentren in Basel und Bussigny (Bild)
schliessen. Die Massnahme betrifft 227 Be
schäftigte und soll innerhalb von fünf Jahren
realisiert werden. Die Bank will weder Kündi
gungen aussprechen, noch Stellen abbauen. Die
Konzentration auf das Rechnungszentrum in
Zürich sei eine rein strategische Entscheidung,
sagte UBS-Sprecher Cedric Dietschy am Frei
tag auf Anfrage und bestätigte damit eine Mel
dung des Radio Suisse Romande (RSR). Am
Sitz in Basel arbeiten 179 Personen. Von der
Umplatzierung der Aktivitäten sind 65 Beschäf
tigte betroffen. In Bussigny hat die Massnahme
einen Einfluss auf 162 von insgesamt rund 800
Personen. Das Rechnungszentrum in Zürich
zählt heute 838 Angestellte.
KPMG soll fünf Mrd-
Schadenersatz zahlen
AMSTELVEEN: In der Betrugsaffäre um den
Kauf des Hollywood-Studios MGM ist die nie
derländische Niederlassung der Beratungsge
sellschaft KPMG auf Schadenersatz in Höhe
von umgerechnet 6,2 Mrd. DM (rund fünf Mrd.
Franken) verklagt worden. Wie eine KPMG-
Sprecherin am Freitag im niederländischen
Amstelveen sagte, reichte die Nachfolge-Ge
sellschaft CDR der ehemaligen französischen
Staatsbank Credit Lyonnais bereits vor einigen
Wochen in Paris eine entsprechende Klage ein.
Demnach soll KPMG Fehler bei der Beratung
der niederländischen Cr^dit-Lyonnais-Tochter
CLBN begangen haben, als diese 1990 für den
zwielichtigen italienischen Geschäftsmann
Giancarlo Paretti den Kauf des Hollywood-Stu-
dios Metro Goldwyn Mayer/United Artists
finanzierte.
Wieder mehr Arbeit
Arbeitsvolumen-Statistik 1998: Trendwende zu mehr Arbeitsstunden
NEUENBURG: In der
Schweiz wird wieder mehr ge
arbeitet. 1998 hat die Zahl der
geleisteten Arbeitsstunden
erstmals seit 1994 stark zuge
nommen. Ursache ist
hauptsächlich die Ausweitung
der Teilzeitarbeit.
Wie das Bundesamt für Statistik
(BFS) am Freitag in seiner Arbeits-
volumen-Statistik bekannt gab, ha
ben Selbständige und Arbeitneh
mer 1998 insgesamt 6658 Millionen
Stunden gearbeitet. Das sind 1,7
Prozent mehr als 1997.
Das von den Frauen erbrachte
Arbeitspensum vergrösserte sich in
nert Jahresfrist um 2,6 Prozent.
Demgegenüber fiel die Zunahme
der Arbeitsstunden bei den Män
nern mit 1,2 Prozent schwächer aus.
Der von den Frauen geleistete An
teil am gesamten Arbeitsvolumen
stieg zwischen 1991 und 1998 von
33,8 Prozent auf 34,8 Prozent.
Die Trend zur Teilzeitarbeit hält
weiter an. Die Anzahl der Teilzeit
stellen stieg um 5,0 Prozent. Noch
stärker zugenommen hat das teil
zeitlich erbrachte Arbeitsvolumen.
Diese Ausweitung um 5,7 Prozent
ist auch der wichtigste Grund für
den Anstieg der gesamten Arbeits-
1998 hat die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden in der Schweiz wieder stark zugenommen.
(Bild: Keystone)
Stundenzahl. Teilzeitbeschäftigte
leisteten 15,8 Prozent der gesamten
Arbeit. 1997 waren es 14,8 Prozent
und 1991 noch 13,1 Prozent.
Das Volumen der Vollzeitarbeit
hat sich mit einem Plus von 0,9 Pro
Steigerung sei hauptsächlich das
Ergebnis einer Zunahme der An
zahl Überstunden um 6,2 Prozent.
1998 leisteten die Arbeitnehmer im
Durchschnitt jährlich 40 Überstun
den. Die jährliche Normalarbeits-
zent nur leicht vergrössert. Die zeit (ohne Überstunden und Ab- zurück.
senzen) pro Beschäftigtem betrug
1998 im Durchschnitt 1621 Stun
den, verglichen mit 1624 Stunden
im Vorjahr. Diesen leichten Rück
gang führt das BSF ebenfalls auf die
Verschiebung zu Teilzeitsiellen
Grosse Probleme bei Genfer Kantonalbank
Verwaltungsratspräsident und Generaldirektor nehmen den Hut
GENF: Es kracht im Gebälk der an
geschlagenen Genfer Kantonal
bank (BCGe): Auf den 31. Mai neh
men Verwaltungsratspräsident Do
minique Ducret und auf Ende Jahr
Generaldirektor Marc Fues den
Hut. Ein neues Sanierungskonzept
soll die Ergebnisse verbessern.
Wie Regierungspräsident Guy-Oli-
vier Segond am Freitag bekanntgab,
stehen die Demissionen im Zusam
menhang mit einem Kurswechsel
bei der Sanierung der Bank. Diese
will nun - im Einverständnis mit
dem Staatsrat und der Eidgenössi
schen Bankenkommission - in ein
maligem Schritt ihr problemati
sches Debitoren-Portfolio sanieren.
An die Spitze der Bank tritt als
neuer Verwaltungsratspräsident der
Bücherexperte Jacques Perrot, bis
her Mitglied des Verwaltungsrats-
Die Genfer Kantonalbank macht einen ebenso dicken wie teuren Strich un
ter die Altlasten im Kreditgeschäft. (Bild: Keystone)
ausschusses der Bank. Zur Über
führung der problematischen Kre
dite in die neue Gesellschaft ist nach
Angaben Calmy-Reys eine Arbeits
gruppe eingesetzt worden. In ihr ist
neben Vertretern der Bank auch
Alain Levy als Repräsentant der
Kantonsregierung vertreten.
Aufgrund der insgesamt 533,6
Mio. Fr. Rückstellungen und der im
Rahmen der Sanierung aktivierten
stillen Reserven von 200 Mio. Fran
ken, schliesst die Genfer Staatsbank
ihre Rechnung 1999 mit einem Ver
lust von 472,9 Mio. Fr. ab. Ohne die
se Massnahmen hätte die Kantonal
bank mit einem gegenüber dem
Vorjahr um 4 Prozent verbesserten
Gewinn von 27 Mio. Fr. abgeschlos
sen. Diese Zahlen würden durch die
Umbuchungen nicht in Frage ge
stellt, sagte Fues.
Swiss Steel mit besserem Ertrag
Restrukturierung erfolgreich abgeschlossen
EMMENBRÜCKE: Swiss Steel hat
im schwierigen Stahljahr 1999 bei
einem geringeren Umsatz den Ge
winn steigern können. Der Umbau
der 1996 zusammengeschweissten
Werke Gerlafingen SO und Em-
menbrücke LU hat sich bewährt.
Swiss Steel habe bewiesen, dass die
Stahlproduktion in der Schweiz ei
ne Zukunft habe, sagte Verwal
tungsratspräsident Robert A. Jeker
am Freitag in Emmenbrücke vor
den Medien. Das Unternehmen sei
vom Abgrund zum Erfolg gelangt
und habe selbst im schwierigen letz
ten Jahr den Kopf über Wasser hal
ten können.
Swiss Steel hat nach eigenen An
gaben sein Ziel erreicht und ist für
das laufende Jahr positiv gestimmt.
Das Unternehmensergebnis ver
besserte sich 1999 von 2,1 auf 6,7
Mio. Franken. Der Konzerngewinn
verdreifachte sich von 5,8 auf 17,5
Mio. Franken.
Der Umsatz ging zurück, und
zwar von 724,8 auf 584,3 Mio. Fran
ken. Dies ist vor allem eine Folge
der im Rahmen der Umstrukturie
rung verkauften US-Connecticut
Steel Corporation. Es waren solche
ausserordentliche Erträge, die mass
gebend zum guten Konzernergebnis
beigetragen haben.
Swiss Steel wird auch für 1999
keine Dividende ausschütten. Die
ser sollte aus dem operativen Erfolg
der Firma bezahlt werden können,
sagte Unternehmensleiter Marcel
Imhof. Nach der Umstrukturierung
stehe nun die Phase des Marktauf
baus und -ausbaus an.
Den entscheidenden Beitrag da
zu leisten muss die von Moos in Em
menbrücke, die auf den Export von
Qualitätsslahl ausgerichtet wurde.
Dort war die Produktion massiv
zurückgegangen, nachdem der Bau-
und Betonstahl zugunsten von Ger-
lafingen f aufgegeben wurde. Seit
letztem Herbst herrscht indes wie
der Vollbetrieb.
Gut im Geschäft ist die gleichen-
orts ansässige Steeltec (Blankstahl).
Auch das ehemalige von-Roll-Werk
in Gerlaungen,das Bau- und Beton
stahl für den inländischen Markt
herstellt; mache heute wieder Freu
de, sagte Jeker.
Nach Ansicht der Konzernspitze
hat sich die Konzentration auf diese
drei Werke und auf das Kernge
schäft Stahl gelohnt. Tatsächlich ist
der Verlust von 60 Mio. Fr. 1996 ei
nem Gewinn gewichen. Die Bilanz
ist mit einer bedeutend geringerer
Summe solider als damals, die Net-
tofinanzschulden wurden fast hal
biert und der Eigenkapitalanteil
von 25 auf 45 Prozent erhöht.
Trotzdem ist das Image der Stahl
kocher offenbar noch nicht zufrie
denstellend. Die Aktien würden
teilweise deutlich unter dem reali
stischen Wert gehandelt, sagte Im
hof. Auch sei Swiss Steel in der Öf
fentlichkeit noch immer zu wenig
bekannt und werde immer wieder
mit von Roll verwechselt.
Nach erfolgreich abgeschlossener Restrukturierung ist Swiss Steel nun wie
der auf Erfolgskurs. (Bild: Keystone)