Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
KU LTU R 
Samstag, 4. März 2000 29 
Nachrichten 
«Der Ritter vom 
Eschnerberg» im TaK 
SCHAAN: Am Freitag, den 17. März 2000 um 
20.09 Uhr ist die Uraufführung des Joseph- 
Breitbach-Stückes im TaK. Folgeaufführungen 
sind am Samstag, den 18. März, Samstag, den 
25., Sonntag, 26. und Montag 27. März 2000 je 
weils um 20.09 Uhr im TaK. 
Kennen Sie Christoph 
Künzler? Nein, wer 
den Sie sagen, wer ist 
denn das? Wir behaup 
ten, natürlich, Sie ha 
ben ihn schon einmal 
gesehen. Christoph 
Künzler, geboren 1951 
in Zürich, spricht nach 
eigenen Angaben eng 
lisch (perfekt), franzö 
sisch (pas mal), 
Züritütsch (natürlich). Darüber hinaus be 
herrscht Künzler aber noch eine weitere Spra 
che. Das Bühnenhochdeutsch (perfekt). Künz 
ler spielte in vielen Film- und Fernsehrollen mit, 
so unter Regiestars wie Billy Wilder oder in 
«Quotenserien» wie «Kommissar Rex». Neben 
Theaterauftritten und festen Engagements, un 
ter anderem in Stuttgart, Salzburg, München, 
Zürich natürlich, spielte Künzler auch in Geor 
ge Taboris legendärer Theatertruppe «Der 
Kreis» in der Wiener Porzellangasse. 
Auch in Liechtenstein war Künzler bereits zu 
sehen: In der Erfolgsproduktion «Der Ritter 
vom Eschnerberg» im vergangenen Jahr im 
Rahmen von «300 Jahre Unterland» spielte 
Künzler den Grafen, also die Titelrolle. Mit 
«Zweierlei Helden» gibt es eine wunderbare 
Gelegenheit diesen erfolgreichen und beliebten 
Schauspieler wiederzusehen. Vorverkauf: Mon 
tag bis Freitag von 10 bis 12 und 15 bis 18 Uhr, 
Telefon (00423) 237 59 69. (TaK) 
TaKino: Wonderland 
Molly ist schwanger und erwartet in Kürze die 
Geburt ihres ersten Kindes. Doch Eddy, der Va 
ter des Kindes, lässt sie im Stich. Debbie hat be 
reits einen neunjährigen Sohn. Ihre Beziehung 
mit Dan ging bereits vor geraumer Zeit in die 
Brüche, doch auch als alleinerziehende Mutter 
möchte sie nicht dabei zusehen, wie das Leben 
an ihr vorüberzieht. Nadia lebt immer noch al 
lein und sucht verzweifelt nach der grossen Lie 
be. Drei Schwestern, deren Wege sich hin und 
wieder kreuzen. Geschichten von Menschen, 
wie man sie jeden Tag in 'der S-Bahn, im Bus 
oder bei der Arbeit trifft und deren Probleme 
ebenso profan wie universell menschlich sind: 
Über den Zeitraum eines Wochenendes be 
gleitet «Wonderland» drei Generationen einer 
nicht ganz normalen Londoner Familie und ver 
sucht das Leben in einer Grossstadt authentisch 
einzufangen. Dafür drehte Regisseur Michael 
Winterbottom («Jude», «Welcome to Sarajevo», 
I want you») ausschliesslich mit Handkamera, 
vermied aufwendige zusätzliche Beleuchtung 
und verzichtete auf eine Nachbearbeitung der 
Sprachaufnahmen. 
«Wonderland» steht bis Montag um 20 Uhr 
auf dem Programm des Filmclubs Frohsinn im 
TaKino. 
Mystery Train 
Zwei japanische Teenie-Touristen übernach 
ten in Memphis,Tennessee, wo sie in Graceland, 
die Geburtsstätte Elvis', besichtigen wollen. Im 
selben Hotel wie die beiden teilt sich eine so 
eben verwitwete Italienerin mit einer Unbe 
kannten das Zimmer. Mitten in der Nacht ge 
sellt sich Elvis' Geist zu den beiden Frauen. Ein 
drittes Zimmer wird von drei sich durch die 
Nacht saufenden Kerlen belegt, von welchen ei 
ner seiner Ähnlichkeit und Frisur wegen Elvis 
genannt wird. «Ein wunderbarer und gleichgül 
tiger Film, von einer zwingenden Zwanglosig- 
keit.» (Zoom) 
«Mystery Train» ist am Sonntag um 18 Uhr im 
TaKino zu sehen. 
Dead Man 
In diesem Western, der in Jarmuschs gewohnt 
lakonisch kontemplativer Art gefilmt ist, er- 
schiesst ein junger Buchhalter aus dem Osten 
in Notwehr einen Mann, worauf er von Kopf 
geldjägern durch die Wildnis Arizonas gejagt 
wird. Seinen Charme gewinnt der Film gröss 
tenteils daraus, dass er seine Geschichte aus 
der Perspektive eines sterbenden Desperados 
wider Willen zeigt. Der Held nimmt seine Um 
gebung wahr, handelt beinahe gar nicht, was 
ebenso reizvoll wie ungewöhnlich für ein an 
sonsten actiongeladenes Genre ist. «Dead 
Man» ist am Samstag um 22.15 Uhr im TaKino 
zu sehen. Filmclub Frohsinn 
Die Apokalypse in der 
weiblichen Form der Zeit 
Zweiter Teil des Gesprächs über Martin Frommelts Zyklus «Apokalypse» im «Treffpunkt» 
20 Holzschnitte aus dem 131 
Blätter umfassenden Zyklus 
«Apokalypse» von Martin 
Frommelt sind im IVeffpunkt 
Evangelische Kirche, Vaduz, 
bis Ostern ausgestellt. In ei 
nem Gespräch mit Evi Klie- 
mand, Andre Ritter und Mar 
tin Frommelt werden Hinter 
gründe und Gedanken zum 
Zyklus «Apokalypse» deut 
lich. 
Das Gespräch führte 
Gerolf Hauser 
VOLKSBLATT: Der Beginn des 
Zyklus «Apokalypse» zur Offenba 
rung des Johannes geht zurück auf 
Ihre Zeit in Paris. 
Martin Frommelt: «Am Ende der 
50er Jahre war ich als junger 
Mensch in Paris, aus dem kleinen 
Liechtenstein kommend, einem 
grossen Druck ausgesetzt, zum ei 
nen materiell, zum anderen durch 
das reiche und pulsierende Leben. 
Ich studierte an der Akademie, be 
suchte alle Kathedralen, setzte mich 
zuerst zeichnerisch und dann male 
risch damit auseinander. Dabei 
löste sich die Form langsam auf und 
wurde zum Raum. Eigentlich wollte 
ich zuerst, ganz der Tradition fol 
gend, eine Passion machen. Aber 
schon mein Onkel, Kanonikus 
Frommelt, hatte mich gezwungen, 
Dürers Apokalypse zu kopieren. 
Und er zwang mich, Berichte über 
Bilder zu schreiben, was ich nie 
mochte. In Paris war ich dann in ei 
ner Gruppe, in der es viele Diskus 
sionen und Auseinandersetzungen 
gab über Kunst und viele andere 
Themen, auch über das Christen 
tum. Da gab ich dann die Passions 
idee auf und begann mit Linol 
schnitten zur Apokalypse. Damals 
hatte ich keine Bibel in deutscher 
Sprache dabei. Also übersetzte ich 
die französische mit Hilfe eines 
Wörterbuches. Dass ich damals wie 
ein Kind daran ging, die Apokalypse 
zu verstehen, war, das muss ich 
nachträglich sagen, sehr gut für 
mich. Später habe ich meinem On 
kel geschrieben und ihn gebeten, 
die Apokalypse zu schicken. Er hat 
mir geantwortet, ich solle keine 
Deutungen lesen. Die Visionen in 
der Apokalypse seien so grossartig, 
sie würden genügen.» 
Evi Kliemand: «Die Grossartig 
keit der Apokalypse besteht für 
mich vor allem in der Synchroni- 
zität, im gleichzeitigen Vorhanden 
sein von Vergangenheit, Gegenwart 
und Zukunft. Von daher kommt 
wohl auch die Vielzahl der Visionen, 
der Bilder bei Johannes. Wenn man 
dieses Gleichzeitigkeitsmoment 
nicht beachtet, wird die Apokalypse 
perspektivisch und damit messia- 
nisch in einer Endzeitstimmung. Ich 
glaube, dass man sie so falsch ver 
steht. Für mich zeigt sie sich so, wie 
die Seele lebt, nämlich mit simulta 
nen Aspekten.» 
Noch bis Ostern sind im Treffpunkt der Evangelischen Kirche in Vaduz 20 der 131 Holzschnitte aus Martin From 
melts Zyklus«Apokalypse» zu sehen. (Bilder: Gerolf Hauser) 
Andre Ritter: «Alle Interpreta 
tionen der Apokalypse müssen 
scheitern, wenn man mit Identifi 
kationen arbeitet, z.B. das neue Je 
rusalem mit Rom identifiziert, wie 
es in der Geschichte ja vorkam. Die 
Verhältnisse, in denen die Men 
schen damals lebten und gefangen 
waren, sollten mit dieser neuen 
Perspektive-Erwartung transzen- 
diert werden. Ich sehe die Apoka 
lypse als einen Kreis wiederkeh 
render Themen über die Jahrhun 
derte hinweg, aufgeschrieben in ei 
nem Buch, so dass man sich darin 
wiederfinden kann, ohne darin auf 
gehen zu müssen. Und ich finde 
Martin Frommelts Bilder sprechen 
das aus. Ich bin überzeugt, dass es 
keine überzeitliche und stets gülti 
ge Interpretation der Apokalypse 
gibt.» 
E. Kliemand: «Die Relation von 
Raum und Zeit ist miteinander ver 
woben. Der Raum hat für mich in 
der Apokalypse nicht die männliche 
Form der Zeit, die perspektivische, 
die chronologische, sondern die 
weibliche. Sie zeigt die Möglichkeit, 
Geschehnisse wie in einem Rund 
spiegel gleichzeitig wahrzunehmen. 
Für mich zeigt die Apokalypse den 
Übergang vom Leben in den Tod, 
aber nicht in der Art, dass mit der 
Aufteilung in Himmel und Hölle ein 
Abschluss erfolgt. Ich empfinde die 
Apokalypse als eine Art Passage, 
die eine Erprobung beinhaltet.» 
Es gibt Gedankenrichtungen, die 
das, was die katholische Kirche als 
Fegefeuer bezeichnet, sehen als das 
Wahrnehmen aller Ereignisse des 
eigenen Lebens in einer Art Tab- 
leau, also gleichzeitig. Daraus soll 
der Wunsch nach «Wiedergut 
machung» erwachsen, sprich Rein- 
karnation. Ist das der Kreis der Ge 
schehnisse, von dem schon die Rede 
war? 
M. Frommelt: «Es gibt in der 
Apokalypse das Bild vom Buch. 
Wer darin nicht eingetragen ist, exis 
tiert nicht mehr. Mit diesem Thema 
kommen wir auch zur Frage der 
Prädestination, wie frei oder unfrei 
ist der Mensch.» 
A. Ritter: «Ich denke auch, dass 
das Läuterungsmotiv nach dem Tod 
mit dem Sehen in Zusammenhän 
gen zu tun hat. Ich glaube allerdings 
nicht, dass wir Menschen aus uns 
heraus dieses Potential an Hoffnung 
zur Wiedergutmachung bewerkstel 
ligen können. Diese Perspektive, al 
so das christliche Hoffnungspoten 
tial, wird uns von aussen ermöglicht 
als Geschenk und Gnade.» 
E. Kliemand: «Vorstellbar wäre 
auch, dass es weder Mensch noch 
Gott ist, der das Potential schafft zur 
Überwindung dieser alles überla 
gernder und schmerzhafter Zustän 
de beim Anschauen des Tableaus. 
Vielleicht ist es so etwas wie eine 
Gemeinschaftsleistung, also das 
Finden oder Begegnen der Seelen in 
einer Art morphologischem Feld, 
wie Sheldrake es nennt.» 
«Und dafür haben wir vielleicht 
ebenso den Sinn verloren wie für die 
Symbolik. Andere Kulturen kennen 
und pflegen in diesem Zusammen 
hang z.B. den Ahnenkult bzw. die 
Kontaktaufnahme zu geistigen 
Ebenen.» 
M. Frommelt: «Die Apokalypse 
kennt Bilder, wo die Menschen so 
bedrängt sind, umzingelt sind von 
Bösem, dass es für die Gerechten 
keine Hoffnung gibt. Die Bilder 
aber zeigen die Rettung durch die 
Hilfe Gottes, die eine gewisse Ge 
rechtigkeit schafft.» 
E. Kliemand: «Das Wort Gnade 
spielt doch eine grosse Rolle in der 
Apokalypse. Wobei natürlich auch 
die Frage auftaucht, warum braucht 
es sie, denn das Böse, das Dunkle 
kommt doch auch von Gott.» 
A. Ritten «Die Bilder von Martin 
Frommelt zeigen uns auch, dass wir 
nicht schwarz-weiss malen müssen. 
Diese Dualität von Gut und Böse, 
dieses Gegenüberstellen geht für 
mich so nicht auf. Schon die Schöp 
fung zeigt, dass wir einen Gott ha 
ben, der im Widerstreit mit sich 
selbst liegt. Er lässt ja auch an vielen 
Stellen in der Bibel mit sich reden. 
Das Entwicklungspotential, ange 
fangen bei der Schöpfung bis zur 
Apokalypse, zeigt, dass Gott selbst 
an diesem Klärungsprozess beteiligt 
ist, bis dahin, dass am Ende das Bö 
se, und dazu gehört auch der Tod, 
überwunden sein wird. Dass das 
Wörtlich-Nehmen nicht hilft, sieht 
man daran, dass bis heute alle Welt 
untergangsprognosen die sich auf 
die Apokalypse beziehen nicht ein 
getroffen sind. Der Geist, aus dem 
heraus die Apokalypse geschrieben 
ist, ist der Geist der ängstlich ver 
zagten Menschen, die aber in ihrer 
Kleinheit wussten dass ihnen etwas 
geschenkt wird.» 
VOLKSBLATT-Mitarbeiter Gerolf Hauser im Gespräch mit Martin From 
melt über den Bilder-Zyklus «Apokalypse». 
Evi Kliemand (rechts) sagte zu Martin Frommelts «Apokalypse»: «Der 
Raum hat für mich in der Apokalypse nicht die männliche Form der Zeit, die 
perspektivische, die chronologische, sondern die weibliche. Sie zeigt die Mög 
lichkeit, Geschehnisse wie in einem Rundspiegel gleichzeitig wahrzuneh 
men.» 
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