Liechtensteiner Volksblatt
Ausland
Freitag, 3. März 20(J0 33
Nachrichten
Nigerias Präsident
fordert Frieden
ABUJA/NAIROBI: Nach über 1000 Toten in
den vergangenen zehn Tagen hat der nigeriani
sche Präsident Olusegun Obasanjo in einer
Fernsehansprache an die Bevölkerung appel
liert, das Töten zu beenden und den Dialog zu
suchen. «Ich konnte mir nicht vorstellen, dass
Nigerianer zu solchen barbarischen Taten fähig
sind», sagte der Staatschef am späten Mitt
wochabend in Abuja. Wegen der tatsächlichen
oder geplanten Einführung des islamischen
Strafgesetzes Scharia in einigen nördlichen
Bundesstaaten war es in dem westafrikanischen
Land zu schweren Kämpfen zwischen Christen
und Moslems gekommen.
Neun Tote bei Kämpfen
in der Türkei
ISTANBUL: Bei Kämpfen zwischen dem türki
schen Militär und der verbotenen Arbeiterpar
tei Kurdistans (PKK) sind im Südosten derTür-
kei neun Menschen getötet worden. Demnach
starben sechs Rebellen bei Zusammenstössen
in den Provinzen Mardin und Sirnak. berichtete
die türkische Nachrichtenagentur Anadolu am
Donnerstag. Bei Kämpfen in Sirnak fielen drei
weitere Soldaten. Es wurden keine Angabe ge
macht, wann die Kämpfe genau stattgefunden
haben. Bei Kämpfen zwischen der PKK und
dem türkischen Militär sind nach türkischen
Angaben in mehr als 15 Jahren rund 32 000
Menschen ums Leben gekommen. Der wegen
Hochverrats zum Tode verurteilte PKK- Chef
Abdullah Öcalan hatte in den vergangenen Mo
naten mehrfach zu einer friedlichen Lösung des
Konfliktes aufgerufen.
Prozess gegen Dumas
PARIS: Dem ehemaligen französischen Aus-
senminister Roland Dumas soll bereits im Juni
der Prozess gemacht werden. Die Pariser
Staatsanwaltschaft legte den Prozessbeginn auf
den 19. Juni fest, wie am Donnerstag aus Justiz
kreisen bekannt wurde. Das Ende des Verfah
rens wurde für den 3. Juli angesetzt. Der 77-
jährige Sozialist wird beschuldigt, in seiner Zeit
als Aussenminister bei der Veruntreuung von
Geldern des damals staatlichen Ölkonzerns Elf-
Aquitaine beteiligt gewesen zu sein.
Auf dem Weg zu einem
Anschlag überrascht
TEL AVIV: Israelische Sicherheitskräfte haben
am Donnerstag in der Ortschaft Taibe mindes
tens zwei Palästinenser getötet. Die Polizei ha
be drei Palästinenser offenbar auf dem Weg zu
einem Anschlag überrascht und das Feuer eröff
net. Die Palästinenser hatten einen selbst gefer
tigten Sprengsatz bei sich gehabt, wie das israe
lische Radio meldete. Bei dem Schusswechsel
vor einem Haus wurden zwei der Männer getö
tet, der dritte wurde festgenommen. Er wurde
von Mitarbeitern des israelischen Inlandsge
heimdienstes Schin Beth verhört. Ein Polizist ist
am Bein verletzt worden.
Österreichische Diplo
maten boykottiert
BRÜSSEL: Belgische Boykottmassnahmen ge
gen Österreich nach der Rcgierungsbeteiligung
der rechtsgerichteten FPÖ weiten sich immer
mehr aus: Die Union der Brüsseler Taxis will
keine Vertreter österreichischer EU-Institutio
nen mehr fahren. Das Unternehmen, für das 350
der 1200 Taxen der belgischen Hauptstadt fah
ren, übermittelte der Wiener EU-Vertretung ei
ne entsprechende Mitteilung, bestätigten Diplo
maten am Donnerstag. Wie es heisst, beschäftigt
die Taxi-Union vor allem Fahrer aus Herkunfts
ländern ausserhalb der EU. Diese wollten mit
ihrer Aktion ein Zeichen gegen Fremdenfeind
lichkeit setzen, die sie durch die FPÖ verbreitet
sehen. Nach Angaben von Diplomaten könnten
2000 österreichische Staatsbürger von dem
Boykott betroffen sein.
Pinochet aus gesundheit
lichen Gründen freigelassen
Chilenischer Ex-Diktator kehrt in seine Heimat zurück
LONDON: Nach mehr als 16
Monaten Arrest in London hat
der ehemalige chilenische Dik
tator Augusto Pinochet Gross
britannien am Donnerstag als
freier Mann verlassen. Der 84-
Jährige hob an Bord einer
Boeing 707 der chilenischen
Luftwaffe in Richtung Chile
ab.
Der britische Innenminister Jack
Straw hatte am Morgen entschie
den, dass der Ex-Diktator aus Ge
sundheitsgründen nicht nach Spani
en ausgeliefert wird, sondern nach
Chile zurückkehren darf.
Pinochet leidet britischen Gut
achtern zufolge nach mehreren
Schlaganfällen im vergangenen
Herbst unter Gedächtnisschwund
und geistigen «Abwesenheiten», die
auf «weitreichende Gehirnschä-
den» zurückzuführen seien. Es ist
«keinerlei Besserung des Gesund
heitszustandes» zu erwarten.
Der spanische Ermittlungsrichter
Baltasar Garzön wollte Pinochet
wegen Menschenrechtsverletzun
gen während der Diktatur von 1973
bis 1990 vor Gericht stellen. Der
General war im Oktober 1998 wäh
rend eines Krankenhausaufenthalts
in London aufgrund eines spani
schen Haftbefehls festgenommen
svörden und stand seither unter
Hausarrest.
Internationale Kritik, aber
keine Einsprüche
Die Entscheidung Straws ist auf
internationale Kritik gestossen.
Dennoch gaben mehrere Staaten,
die Pinochets Auslieferung bean
tragt hatten, bekannt, keinen Ein
spruch einzulegen.
Der Genfer Generalstaatsanwalt
Bernard Bertossa kritisierte die bri
tische Entscheidung mit scharfen
Worten. Die britischen Behörden
kämen seit einiger Zeit Ausliefe
rungsverpflichtungen nicht nach.
Die Opfer der Diktatur zeigten sich empört über die Freilassimg des chilenischen Ex-Diktators Augusto Pinochet.
Die Schweiz kann aber gemäss Ber
tossa gegen die Freilassung Pino
chets keinen Rekurs in Grossbritan
nien einreichen.
Als einzige theoretische Möglich
keit bleibe, dass die Schweiz Chile
um Prozessvertretung bitte, sagte
der Sprecher des Bundesamtes für
Polizeiwesen (BAP), Jürg Pulver.
Vergeblicher Versuch
Straw hatte seine Entscheidung
um 08.00 Uhr (09.00 MEZ) verkün
det. Nach Ansicht der britischen
Medien sollte damit zwei Stunden
vor Arbeitsbeginn im Londoner
Obersten Gerichtshof ein neuer
Einspruch gegen die Freilassung
ausgeschlossen werden.
Der spanische Untersuchungs
richter Baltasar Garzön hatte noch
im letzten Augenblick die britische
Staatsanwaltschaft aufgefordert, in
seinem Namen gegen die Freilas
sung Pinochets Einspruch zu erhe
ben.
Damit umging Garzön den übli
chen Weg über das spanische Aus-
senministerium.
Dieses bekräftigte, dass Spanien
keinen Einspruch gegen die Freilas
sung Pinochets einlegen werde. Ein
Einspruch würde die diplomati
schen Beziehungen zu Chile gefähr
den, erklärte Aussenminister Abel
Matutes.
Auch die französische Regierung
und Belgien akzeptierten die Frei
lassung des Ex-Diktators. Beide
Länder hatten zuvor, wie Spanien
und die Schweiz, die Auslieferung
beantragt.
In Chile löste die Nachricht von
der Freilassung Pinochets unter-
Kohl sammelt Geld für Partei
Der deutsche Altkanzler soll bereits 6 Mio DM beisammen haben
BERLIN: Der deutsche Altbundes
kanzler Helmut Kohl hat am Don
nerstag indirekt bestätigt, dass er
Geld für seine Partei sammelt. Auf
die Frage, mit welchem Ziel er seine
Spendenaktion verfolge, sagte
Kohl: «Mit einem guten.»
Weiter gefragt, mit welchem Ergeb
nis bisher, sagte Kohl: «Mit einem
sehr guten.» Nach einem Bericht
der «Bild»-Zeitung hat Kohl bereits
in der Wirtschaft sechs Millionen
Mark gesammelt, um seiner Partei
den von ihm zugefügten finanziel
len Schaden zu erstatten.
Dies entspricht der Summe, die
die deutsche CDU zahlen muss, weil
Kohl anonyme Spender nicht nen
nen will, die ihm in den Jahren 1993
bis 1998 bis zu zwei Millionen Mark
in bar gespendet haben. Die Spen
den waren nicht ausgewiesen wor
den.
Merz begrüsst Geldsammlung
Der neugewählte Fraktionschef
der CDU, Friedrich Merz, hatte
am Mittwochabend im deutschen
Fernsehsender Phoenix die Spen
den- Kampagne Kohls begrüsst. Er
mache sich aber keine Illusion, sag
te Merz. Der Vertrauensverlust in
die CDU sei damit noch nicht beho
ben.
Auch Generalsekretärin Angela
Merkel reagierte grundsätzlich po
sitiv auf die Kohl-Spendensamm
lung. «Es müssen natürlich normale
Spenden sein. Das ist selbstver
ständlich», sagte sie am Donnerstag
im Ersten Deutschen Fernsehen
(ARD). Merkel wies aber zugleich
darauf hin. dass dennoch das Pro
blem der Glaubwürdigkeit für die
Partei bleibe, nachdem ein gegebe
nes Wort mehr gelte als das Gesetz.
Kohl halte es abgelehnt, entspre
chend den gesetzlichen Bestimmun
gen die Herkunft der von ihm zwi
schen 1993 und 1998 angenomme
nen Spenden von zwei Millionen
Mark offen zu legen. Er hat sich im
mer darauf berufen, dass er den
anonymen Spendern sein Ehren
wort gegeben habe.
Bei SPD und FDP ist die Aktion
auf heftige Kritik gestossen. SPD-
Generalsekretär Franz Müntefering
nannte die Sammelaktion «verräte
risch peinlich». «Da taucht der alte
Kohl wieder auf, der glaubt, man
kann mit Geld alles machen», sagte
Müntefering.
Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl bestätigte gestern gegenüber Journalisten
seine Spendenaktion zugunsten der CDU.
schiedliche Reaktionen aus. Wäh
rend seine Anhänger in der Haupt
stadt Santiago in Jubel ausbrachen,
zeigten sich die Opfer seiner Dikta
tur und ihre Angehörigen
schockiert.
Abgang durch die Hintertür
Pinochet verliess am Donnerstag
vormittag seine Villa in Wentworth
südwestlich von London durch ei
nen Nebenausgang. Er entging da
mit etwa 20 Demonstranten, die mit
Pfiffen und Trommelschlag gegen
seine Freilassung protestierten.
Pinochet wird am Freitagvormit
tag in der chilenischen Hauptstadt
Santiago erwartet.
Nach einer Begrüssungsfeier der
Militärs auf dem Flughafen Santia
go soll er in das Militärkrankenhaus
geflogen werden.
Kosovo
KFOR-Soldat
erschossen
Erstmals seit Stationierüng der
NATO-Thippen in Kosovo im
Juni vergangenen Jahres ist in
der Provinz ein KFOR-Soldat
erschossen worden. Einen Tag
nach seiner Verletzung durch ei
nen HeckenschUtzen starb ein
.russischer Soldat.
Der russische Soldat sei am
Donnerstag seinen Verletzungen
im französischen Militärhospital
in Kosovska Mitrovica erlegen,
teilte ein KFOR-Sprecher mit.
Der Mann war am Mittwoch in
Srbica im Zentrum des Kosovo
[ von einem HeckenschUtzen in
die Brust getroffen worden. Bis
lang hatte es in den Reihen der
KFOR nur Tote durch Verkehrs-
ir Unfälle gegeben. Die Suche nach
dem Heckenschätzen blieb bis
jetzt erfolglos.
Die Region um Srbica gilt als
• Hochburg der offiziell aufgelö
sten Kosovo-Befreiungsarmee
UCK Kosovo-Albaner hatten in
; der Vergangenheit mehrfach rus
sische KFOR-Soldaten angegrif-
, fen, denen sie vorwerfen, die ser-
! bische Seite zu unterstützen. Die
'.von der KFOR am Morgen frei
gegebene Fussgängerbrücke in
Kosovska Mitrovica wurde am
Nachmittag wieder abgebaut.
Offiziell wurde dies mit dem stei
genden; Wasser des Flusses Ibar
,* begründet.