30, Samstag, 26. Februar 2000
Ausland
Liechtensteiner Volksblatt
Nachrichten
Tobende Häftlinge in
Wien in Käfige gesperrt
WIEN: Tobende Häftlinge sind nach einem Zei
tungsbericht in einem Wiener Gefängnis bis zu
48 Stunden in Käfige gesperrt worden. Das An
ti-Folter-Komitee des Eüroparates hatte diese
lediglich 1,20 Meter hohen Käfige entdeckt.
Dies berichtete die österreichische Tageszei
tung «Die Presse» gestern in Wen. «Die beiden
im Wiener Gefängnis vorgefundenen Käfige
trugen den harmlos klingenden Namen «Gitter
betten», schreibt die Zeitung weiter. Im vergan
genen Jahr seien mindestens elf Menschen in
diese Käfige gesperrt worden. Die Menschen
seien nicht hineingelegt worden, weil sie frech
waren, sondern weil «wir keine andere Mög
lichkeit mehr gesehen haben, um sie zu schüt
zen», wird der Leiter des Gefängnisses, Frie
drich Nowak, in dem Bericht zitiert. Im Justiz
ministerium sei man «fassungslos» gewesen, als
man im letzten Oktober von diesen Käfigen er
fahren habe. Sie seien inzwischen ausrangiert
worden und .würden durch «Gummizellen» er
setzt.
Unruhen in Nigeria
ABUJA/NAIROBI: Der nigerianische Präsi
dent Olusegun Obasanjo hat sich am Freitag
zum ersten Mal öffentlich gegen die islamische
Rechtsprechung Scharia ausgesprochen. Die
Scharia kollidiere mit der nigerianischen Ver
fassung. «Wenn Sie jemanden steinigen oder
ihm die Hände abschlagen, dann Verstössen Sie
gegen die Verfassung Nigerias», sagte Obasanjo,
der sich zum Christentum bekennt, in Abuja. In
Nigeria sind in den vergangenen Tagen nach un
terschiedlichen Angaben zwischen 220 und 300
Menschen bei religiös motivierten Ausschrei
tungen ums Leben gekommen. Auslöser war die
mögliche Einführung der Scharia in mehreren
nördlichen Bundesstaaten, die von Moslems
dominiert werden und in denen es eine christli
che Minderheit gibt. Papst Johannes Paul II. hat
beide Religionsgruppen zur Toleranz aufgeru
fen.
Papst zu Besuch in Ägypten
Sicherheitsmassnahmen in Kairo verschärft - Jubel bei Messe
KAIRO: Aus Furcht vor mög
lichen . Attentaten religiöser
Fanatiker haben die Behörden
in Ägypten die Sicherheits
massnahmen für Papst Johan
nes Paul 11. erheblich ver
schärft. Alle rund 18 000 Teil
nehmer einer Papstmesse in
Kairo wurden am FVeitag
scharf kontrolliert.
Sie wurden mit einem Metalldetek
tor überprüft. Die Strassen wurden
im Umkreis von einem Kilometer
abgeriegelt. Ägypten ist die erste
Etappe der Millenniums-Pilgerrei-
sen des Papstes zu den biblischen
Stätten im Nahen Osten.
Die Teilnehmer der Papst-Messe
für die katholische Minderheit in
Ägypten empfingen Johannes Paul
mit Jubel und Gesang. Mehrfach
wurden sie zur Ruhe ermahnt.
Erschöpfter Papst
Der Papst wirkte sichtlich er
schöpft. Er ging gebeugt, bewegte
sich nur mühsam fort. Eingesunken
sass er auf seinem Stuhl. Das Spre
chen bereitete ihm sichtlich Mühe.
Johannes Paul ist seit seiner
Hüftoperation 1994 gehbehindert.
Er leidet an der Parkinsonschen
Krankheit, seine Hand zittert. «Jede
Reise ist gefährlich», sagen Exper
ten. Nachdrücklich rief der Papst
zur Einheit der Christen auf. Zu
gleich forderte er Christen und
Moslems in dem arabischen Land
auf, sich gemeinsam für das Wohl
der Allgemeinheit einzusetzen. An
der Messe nahm auch das Ober
haupt der koptischen Katholiken
Ägyptens, Patriarch Stephanos II.
Papst Johannes Paul II. wurde bei seiner Ankunft in Kairo von Präsident Mubarak empfangen.
Ghattas, teil. Johannes Paul sprach
von einem Treuebekenntnis zu
Rom. Zwischen koptisch-katholi
scher und römisch-katholischer Kir
che gibt es unterschiedliche Ansich
ten über das Wesen des Gottessoh
nes Christus. Der koptisch-katholi
schen Kirche in Ägypten gehören
rund 200 000 Gläubige an.
Die Anhänger der römisch-ka
tholischen Kirche werden nur auf
wenige tausend geschätzt. «Ein Kli
ma des Dialogs und der Annähe
rung wird dazu beitragen, Lösungen
für die Probleme zu finden, die heu
te noch die volle Gemeinschaft ver
hindern», sagte der Papst. Er wür
digte Ägypten als Wiege des
Mönchtums.
ökumenisches Treffen
Am späten Nachmittag stand ein
ökumenisches Treffen in Kairo auf
dem Programm. Nach unterschied
lichen Angaben bekennen sich zwi
schen sieben und 15 Prozent der 62
Millionen Ägypter zum Christen
tum. Die meisten gehören der von
Rom unabhängigen koptisch-ortho-
doxen Kirche unter Führung von
Patriarch Schenuda III. an.
Heute Samstag will das Ober
haupt der römisch-katholischen
Kirche zum Berg Sinai mit dem
berühmten Katharinenkloster rei
sen. Ende März stehen für den 79-
jährigen Johannes Paul Jordanien,
Israel und die Palästinensergebiete
auf dem Programm.
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