Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

12 Freitag, 25. Februar 2000 
Religion 
Liechtensteiner Volksblatt 
«Warum immer Negativ-Polemik»? 
Engelbert Bucher, Fürstlich Geistlicher Rat, antwortet einer VOLKSBLATT-Leserbriefschreiberin 
Verehrte Frau Ann! Spalt, Rüg- 
gell, in Ihrem Leserbrief im Liech 
tensteiner VOLKSBLATT vom 
18. Februar haben Sie geschrie 
ben: «Ich bin nach der General 
versammlung des «Vereines für ei 
ne offene Kirche» nachdenklich 
und aufgewühlt nach Hause ge 
gangen. «Aufgewühlt» haben Sie 
dann auch Ihren Leserbrief ge 
schrieben. 
Als erste Bitte, die ich an Sie habe: Lesen 
Sie den Philipperbrief des hl. Paulus in 
seelsorglicher Sicht! Philippi hat den 
Ruhm, die erste europäische Missions 
station des Apostels Paulus zu sein (Apg. 
16,1 lf£). Von dort stammt auch das ge 
flügelte Wort: «Bei Philippi sehen wir 
uns wieder*, das in der letzten Zeit 
Schlagworte machte, also hoch aktuell 
ist. Paulus hat die junge Christengemein 
de tief «in sein Herz eingeschlossen» 
(Phil. 1,7). Und mit so beschwörenden 
und seelsorglich liebevollen Worten hat 
sich Paulus kaum an eine andere Chris 
tengemeinde gewendet: «Wenn irgend 
eine Ermahnung in Christo, wenn irgend 
eine geistige Gemeinschaft, wenn irgend 
ein herzliches Mitgefühl (etwas gilt), 
dann macht meine Freude dadurch voll, 
dass ihr auf dasselbe bedacht seid, die 
selbe Liebe habt, einmütig dasselbe an 
strebt, nichts aus Selbstsucht, noch aus 
eitler Ruhmsucht, dass in Demut viel 
mehr jeder den anderen für höher er 
achte als sich selber und ein jeder nicht 
nur auf das Seine achte, sondern auch 
auf das des Andern» (Phil. 2,1-4). 
Arbeitet einträchtig miteinander! 
Nun aber ist es dem scharf beobach 
tenden Seelsorger nicht entgangen, dass 
es mit dem guten Einvernehmen unter 
-den Gläubigen zu Philippi nicht immer 
einwandfrei bestellt war. Auch in dieser 
Mustergemeinde nicht. Darum schickt 
er der zerstrittenen Gemeinde Post mit 
der eindrücklichen Mahnung, sie möch 
ten doch «derselben Gesinnung sein» 
und einträchtig miteinander zusam 
menarbeiten! (Phil. 2,2). 
Dieses Sendschreiben an die Philipper 
ist ein unvergängliches Denkmal der 
Geistesgrösse und der sittlichen Vollen 
dung des Völkerapostels, aber ebenso 
ein kostbarer Wegweiser einer grosszü 
gigen Seelsorge, ein Dokument des Frie 
dens, eine hellsprudelnde Quelle der 
Freude für jede und jeden gutwilligen 
Arbeiterin im Weinberge des Herrn. 
Noch eine zweite Bitte habe ich an 
Sie, Frau Spalt. Diese Bitte hat der be 
kannte Theologe Dr. H. Rahner in sei 
nem Buch: «Ignatius von Soyola/Geist- 
liche Briefe» (S. 105) wohl zum Nutzen 
nicht nur für Sie, Frau Spalt, sondern 
auch vieler anderer ausgesprochen: 
«Ich soll nie in plötzlicher Aufwallung, 
Verärgerung zur Feder greifen; wenn 
ich einmal in einer solchen Stimmung 
einen Brief geschrieben habe, so werde 
ich ihn nicht gleich zur Post tragen, son 
dern ihn zunächst in der Schublade lie 
gen lassen, darüber schlafen, bis es in 
mir wieder ruhig geworden ist. Dann 
wird es wohl so sein, dass ich den Brief 
neu schreibe, weil ich mir jetzt sagen 
muss, dass mir in der Aufregung Worte 
Dunkle Wolken über der Kirche Liechtensteins? Engelbert Bucher, Fürstlicher Geistlicher Rat, ist mit der «Negativ-Polemik» nicht einverstanden. 
(Bild: bak) 
und Sätze aufs Papier geraten sind, zu 
denen ich mich nicht mehr bekennen 
will...» Frau Spalt, haben Sie eine Ah 
nung, wieviele Prozesse wegen unbe 
dachten Sätzen und Worten schon ge 
führt wurden? Geschrieben ist eben ge 
schrieben, gesagt ist eben gesagt! 
Ein persönliches Eingeständnis 
Wir alle sind Menschen. Wir alle ha 
ben unser Temperament. Auch der 
Schreiber dieser Zeilen ist ein Mensch 
mit viel Temperament. Darum ist es ihm 
genauso gegangen, wie Ihnen, Frau 
Spalt. In den 40iger-Jahren war ich Lan 
despräses des Liechtensteinischen Jung- 
mannschaftsverbandes. Nach einer ein 
gehenden Besprechung und im Auftrag 
des Landesvorstandes schrieb ich ein 
ausführlich begründetes Gesuch an die 
damalige Fürstl. Regierung, dies auch im 
Einverständnis von Bischof Christianus 
und den damaligen Seelsorgern. Das 
Gesuch wurde mit einer entsprechenden 
Bemerkung abgelehnt. Da ging mein 
Temperament durch, wie bei Ihnen, Frau 
Spalt. Ich schrieb wiederum einen gehar 
nischten Antwortbrief an die Fürstl. Re 
gierung. Was war das Resultat? Eben 
falls ein Antwortbrief: «Aufgrund Ihrer 
Schreibweise hat die Fürstl. Regierung 
beschlossen, nicht mehr auf Ihr Wieder 
erwägungsgesuch einzugehen!» Punkt. 
Für mich war das eine Lehre für mein 
ganzes Priesterleben, wie man mit Vor 
gesetzten und den Mitmenschen um 
geht. DerTon macht eben die Musik! Ich 
danke noch heute der damaligen Fürstl. 
Regierung für diesen Fingerzeig. 
Was machte Jesus? 
In diesem Sinne müssen auch ver 
schiedene Aussagen, insbesondere jene 
im Schreiben an den Apostolischen 
Nuntius in Bern, überdacht werden. 
Denn, wer derart negativ über seinen 
Vorgesetzten, d.i. Erzbischof Haas, 
schreibt, so bekommt man unwillkür 
lich Zweifel am Wahrheitsgehalt der ge 
machten Aussagen. Jedermann fragt 
sich in einem solchen Fall, ob denn da 
nicht ganz andöre Motive und Tenden 
zen dahinterstehen?. In solchen Fällen 
kann es auch passieren, dass man vor 
der Tür stehen bleibt! Keine Antwort 
ist dann aber auch eine Antwort, die 
man verstehen müsste. Übrigens, auch 
Jesus konnte es nicht jedermann recht 
machen. Und heuchlerisch und neidisch 
wollte man aus ihm gewisse Aussagen 
herauspressen. Was macht Jesus? «Jesus 
aber schwieg» (Mth, 26,63). «Er gab 
keine Antwort» (Mth.27,12), und als Pi 
latus zu ihm sagte: «Hörst du nicht, was 
sie dir alles vorwerfen?» heisst es. «Er 
aber antwortete ihm auf keine einzige 
Frage» (Mth,27,13f.). Jesu Schweigen 
ist etwas, das mehr aussagt als eine Ant 
wort. Und haben Sie, verehrte Leserin 
nen, noch nie den Passus in der Presse 
gelesen: «Und wenn Rom schweigt?» Ja 
vielleicht haben Sie selber sogar einmal 
zu sich gesagt: «Halt's Maul!» und wie 
froh waren Sie, dass Sie es getan haben! 
Sehen Sie, Frau Spalt, es hat alles zwei 
Seiten! Warum denn nur immer diese 
Negativ-Polemik, statt auch einmal ein 
gutes Wort einem Vorgesetzten gön 
nen! 
40 000 Unterschriften für den 
Bischof 
Grundsätzliches,Wohl-Wollen ist das 
beste Öl für Reibungslosigkeit und 
Freude. Ja, ein wohlwollendes, gutes 
Wort, tut jedem Menschen gut. Das 
wusste auch Frau Heidi Leuthold 
(1944-1998), Sängerin, Organistin und 
Musikpädagogin, Stans. Als solche be 
gegnete sie anlässlich einer Firmung in 
Sisikon (UR) auch unserem Erzbischof 
Wolfgang Haas. Ihren Eindruck be 
schreibt sie so: «Wir durften ihn als zu 
gänglichen, offenen und fröhlich-heite 
ren Gottesmann kennen lernen.» Sie 
durfte ihm noch öfters im Rahmen von 
kirchenmusikalischen Engagements 
begegnen und schreibt dann: «Während 
die Presse von einem Bischof ohne Volk 
sprach, füllten sich die Kirchen dort, wo 
der Bischof hl. Messen zelebrieren durf 
te bis auf den letzten Platz». Dies wun 
derte Frau Heidi Leuthold nicht, «durf 
ten doch die Gläubigen sein Hirten 
wort, welches auch ihr zu Herzen ging, 
stets als glaubensweckende, glaubens 
stärkende und glaubensschützende 
Kraft erfahren.» Weiter freute sie sich, 
als 40 000 Gläubige bei einer Unter 
schriftensammlung zum Bischof stan 
den. Traurig jedoch war Frau Heidi 
Leuthold, als der Diözese Chur «dieser 
begnadete und mit hohen Geistesgaben 
ausgestattete Hirte beraubt wurde». 
Dazu braucht es keine weiteren Bemer 
kungen. Wenn Sie mehr über Frau Hei 
di Leuthold wissen wollen, dann lesen 
Sie den «Nidwaldner-Kalender 2000» 
auf Seite 69 ff. 
Die Lehre aus dem Gesagten 
Darüber könnte noch ein langes Ka 
pitel angefügt werden. Ich tue es nicht, 
weil ich die Liechtensteinerinnen in 
meinem 60-jährigen Seelsorgedienst 
allgemein als gutdenkende und wohl 
wollende Menschen kennen gelernt ha 
be. Eines möchte ich aber hier doch her 
vorheben: Man darf das Wahre nie als 
falsch und das Falsche nie als wahr er 
scheinen lassen. Urteile und schreibe 
immer so, wie Du wünscht, dass auch 
Uber Dich geurteilt und geschrieben 
wird! Und Knigge sagt: Anstand ist et 
was, was allen Menschen gut ansteht! 
Selbst der alte Winston Churchill soll 
einmal gesagt haben: Selbst, wenn man 
einen Mann hinrichten müsste, koste es 
nichts anständig und freundlich zu blei 
ben! 
Am Schluss sei noch ein Wort von 
Kanonikus Johannes Tschuor angefügt: 
«Liechtensteiner, erkennt euer Land als 
die Verwirklichung eines kostbaren 
Gottesgedanken» (auch euer Erzbis 
tum). «Helft, dass dieses Ideal in seiner 
leuchtenden Schönheit herausgearbei 
tet und verwirklicht werden kann. Nicht 
das Kritisieren und Nörgeln führt zur 
Verwirklichung dieses Ideals, sondern 
positive Mitarbeit». («In Christo» Nr.14 
- 27,Mai 1939). Darum laute auch fer 
nerhin für uns die altbewährte Parole 
«Für Gott (Kirche), Fürst und Vater 
land.» 
Über 255 000 Franken fürs Fastenopfer 
Jahresbericht 1999 - Eine Information des Liechtensteiner Fastenopfer 
Das Fastenopfer ist ein Werk der Ka 
tholiken des Landes. Es wird von Laien 
und Klerus gemeinsam geleitet und ar 
beitet eng mit dem Fastenopfer Luzern 
zusammen. Angesichts der weltweit 
wachsenden Kluft zwischen Armen und 
Reichen setzt sich das Fastenopfer für 
eine menschengerechte und nachhalti 
ge Entwicklung ein. 
Die Fastenopferergebnisse 1999 wur 
den vorallem in Projekte für eine ge 
rechte Verteilung der Arbeit, Bekämp 
fung der Armut und Arbeitslosigkeit, 
sowie, der Förderung von missionari 
schen Projekten eingesetzt. Diese Pas 
toral- und Entwicklungsprojekte im 
Gesamtbetrag von 167860 Franken 
wurden in unserer Wandzeitung und in 
der Presse vorgestellt. Unsere Liech 
tensteiner Missionare und Missions 
schwestern erhielten wiederum ihren 
jährlichen Beitrag von je 7000 Franken 
für spontane Hilfeleistungen. 
Unterstützung für Bischof 
Kräutler 
Bischof Erich Kräutler wurde die 
Kollekte von 8000 Franken anlässlich 
seines Besuches am 16. März in Schaan 
für seine Aufgaben zur Verfügung ge 
stellt. In der Bereitschaft zum Teilen 
leistete die Bevölkerung in Liechten 
stein einen Beitrag von 256 238.05 Fran 
ken. Dieser setzte sich zusammen aus 
Kirchenopfer, Kollekte, Suppenbeiträ 
gen sowie verschiedene Spenden, wel 
che direkt auf das PC- und Bank-Konto 
einbezahlt wurden. 
300 Jahre Unterland war Anlass für 
verschiedene Veranstaltungen. So wur 
de auch das Fastenopfer, zur Mitgestal 
tung eines Ateliers des Schullagers in 
Schellenberg, am 8. Juni eingeladen. In 
praktischer Arbeit und Gesprächen mit 
einer Mädchengruppe wurde u.a. die 
Tätigkeit unserer Liechtensteiner Mis 
sionare und Missionsschwestern be 
kanntgemacht. P. Josef Oehri, inzwi 
schen wieder nach Angola zurückge 
kehrt, war an diesem Nachmittag eben 
falls mit dabei. In der Gemeinde Rug- 
gell wurden von Ende August bis An 
fang Oktober verschiedene Gelegen 
heiten zur Begegnung und Gesprächen 
geboten. 
Dank und Ausblick 
Besonderen Dank gilt allen Spen 
dern, Helferinnen und Helfern in den 
Gemeinden, die zum Gelingen der Fas 
tenopferaktion 1999 beigetragen ha 
ben. Herzlichen Dank an alle für die 
Unterstützung und das Engagement! 
Die Mandatsdauer der Fastenopfer 
kommission wird Mitte Jahr ablaufen. 
Die diesjährige Aktion «Time Out - 
Anders weiter» wird noch von der be 
stehenden Kommission verantwortlich 
durchgeführt und abgeschlossen. Wir 
bitten die Bevölkerung wieder, um ihre 
wohlwollende Spendenunterstützung, 
damit die vorgeschlagenen Projekte 
den notleidenden in der dritten Welt zu 
gute kommen. 
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