Liechtensteiner Volksblatt
Ausland
Donnerstag, 24. Februar 2000 37
Nachrichten
Neuer Prozess gegen
Öcalan verschoben
ISTANBUL/ANKARA: Der zweite Prozess
gegen den Chef der verbotenen Arbeiterpartei
Kurdistans (PKK), Abdullah öcalan, und 100
seiner Anhänger ist am Mittwoch in Ankara
fortgesetzt worden. Kurz nach Beginn wurde
die Verhandlung vertagt. Im ersten Verfahren
war öcalan Ende Juni wegen Hochverrats und
zahlreicher Morde zum Tode verurteilt worden.
Er ist auf der Gefängnis-Insel Imrali inhaftiert
und war bei der Verhandlung am Mittwoch
nicht anwesend. Im neuen Prozess geht es um
Verbrechen, die die Gruppe vor 1980 begangen
haben soll. Nach Angaben der türkischen Nach
richtenagentur Anadolu wurde die Verhand
lung nach kurzer Zeit verschoben.
Osttimor: Kommando
bei Blauhelmen
DIU: Nach einem fünfmonatigen Einsatz hat
die multinationale Friedenstruppe für Osttimor
(Interfet) am Mittwoch ihr Kommando plan-
mässig an die UNO-Mission in Osttimor (UN-
TAET) übergeben. UNTAET soll beim Wie
deraufbau der weitgehend zerstörten Inselhälf
te helfen. Der Chef der Interfet, der australische
Generalmajor Peter Cosgrove, verliess am Mor
gen nach einer kurzen Abschiedszeremonie
Osttimor an Bord eines australischen Truppen
transporters. Zum Abschied flogen einige Black
Hawk-Hubschrauber eine Ehrenrunde über
dem Hafen von Dili. Zugleich wurde die Fahne
der Interfet zum letzten Mal gehisst.
Kurden vor der
Staatsanwaltschaft
ISTANBUL: Die festgenommenen kurdischen
Bürgermeister sind am Mittwoch der Staatsan
waltschaft des Staatssicherheitsgerichtes in
Diyarbakir vorgeführt worden. Die Bürgermei
ster der Städte Diyarbakir, Siirt und Bingöl wa
ren am Wochenende festgenommen worden.
Den Politikern der pro-kurdischen Demokra
tie-Partei des Volkes (HADEP) wird unter an
derem vorgeworfen, auf Europa-Reisen Kon
takte zu Mitgliedern der verbotenen Arbeiter
partei Kurdistans (PKK) gehabt zu haben. HA-
DEP-Chef Ahmet T\iran Demir forderte unter
dessen die umgehende Freilassung der Politi
ker. In der südostanatolischen Stadt Diyarbakir
und in der westtürkischen Küstenstadt Izmir
protestierten erneut Hunderte von Menschen
gegen die Festnahme. Die Polizei in Diyarbakir
löste eine nicht genehmigte Demonstration auf.
Acht Jahre Haft für
ETA-Terrorist
PARIS: Der frühere Chef der Terror-Komman
dos der baskischen Separatistenorganisation
ETA, Jose Javier Arizcuren Ruiz, ist am Mitt
woch von der Strafkammer in Paris zu acht Jah
ren Haft verurteilt worden. Der Terrorist mit
dem Decknamen «Kantauri»,der als die «Num
mer drei» in der ETA-Führung galt, darf aus
serdem nach Ende seiner Haft französischen
Boden nicht mehr betreten. Arizcuren Ruiz war
im März 1999 zusammen mit fünf Komplizen in
Paris festgenommen worden. Die Strafkammer
hat neben ihm ein Dutzend weitere Mitglieder
der militanten baskischen Separatistenorgani
sation verurteilt. Ihnen war Zugehörigkeit zu
einer Terror-Vereinigung vorgeworfen worden.
Arabische Liga will in
Beirut tagen
KAIRO: Als Zeichen der Solidarität werden
die Aussenminister der Arabischen Liga erst
mals nicht in Kairo, sondern in der libanesischen
Hauptstadt Beirut zu ihrem Halbjahrestreffen
zusammenkommen. Das für den 11. und 12.
März geplante Sitzung solle die Solidarität mit
dem Libanon nach den israelischen Angriffen
ausdrücken, sagte der Generalsekretär der Or
ganisation, Esmat Abdel Meguid, am Mittwoch
in Kairo.
Albaner sollen zurückkehren
KFOR-Pläne zur Wiederansiedelung in serbischem Stadtteil von Mitrovica
MITROVICA: Trotz der
jüngsten Spannungen in Koso-
vska Mitrovica will die KFOR-
Friedenstruppe in der kom
menden Woche mit der Wie
deransiedelung von Albanern
im serbisch dominierten Nor
den der Stadt im Kosovo be
ginnen. Albaner, die dort eine
Wohnung nachweisen könn
ten, sollten in drei Hochhäuser
zurückgebracht werden, teilte
das KFOR-Kommando am
Mittwoch in Mitrovica mit.
Die Serben drohten umgehend mit
einer neuen Eskalation. KFOR-Sol
daten durchsuchten im serbischen
Nordteil zahlreiche Häuser und
stellten unter anderem mehrere
Granaten, Gewehre, Munition so
wie einen Granatwerfer sicher.
Nach Angaben der NATO wur
den mindestens acht Menschen we
gen illegalen Waffenbesitzes festge
nommen. Die 300 US-Soldaten zo
gen sich nach der dreistündigen Raz
zia über den Fluss Ibar wieder in
den albanischen Teil der Stadt
zurück. Am Nachmittag verliessen
sie Mitrovica und kehrten in ihre
Quartiere im Südosten des Kosovo
zurück. Französische Thippen setz-
Zustähden wie im Guerillakrieg müssen sich die KFOR-Soldaten derzeit in
Mitrovica stellen. Überall drohen ihnen Hinterhalte. (Bild: Keystone)
ten die Durchsuchungen fort und
brachen zum Tbil in verschlossene
Häuser und Garagen ein. Der deut
sche General der KFOR, Klaus
Reinhardt, kündigte weitere Razzi
en an.
Bevor die Albaner in der kom
menden Woche in den Norden Mit-
rovicas zurück gehen könnten,
müssten sie von Freitag an einen
Nachweis dafür erbringen, dass sie
eine Wohnung hätten, teilte das
KFOR-Kommando mit. Zum
Schutz der Albaner soll eine kleine
Brücke über den Ibar in Höhe der
drei Hochhäuser gebaut werden.
Ein Sprecher der Serben, Oliver
Ivanovic, kritisierte die KFOR-Plä
ne. Sollten sie umgesetzt werden,
würde die Krise in Mitrovica in zehn
bis 15Tagen ihren Höhepunkt errei
chen.
Äthiopien greift
Eritrea an
ASMARA: Nach achtmonatiger
Kampfpause hat Äthiopien am
Mittwoch nach Angaben der
eritreischen Regierung sein
Nachbarland erneut angegrif
fen. Etwa 3000 äthiopische Sol
daten hätten entlang der Burie-
Front eritreisches Gebiet
attackiert. Dies sagte ein Spre
cher des Präsidenten in Asmara
der Nachrichtenagentur AFP.
Bei den anschliessenden Ge
fechten seien etwa 120 Äthio
pier getötet und vier Soldaten
gefangen genommen worden.
Zu den Verlusten auf eritrei-
scher Seite wurden keine Anga
ben gemacht. Beide Kriegspar
teien hatten im Juli vergangenen
Jahres einem Friedensplan der
Organisation der Afrikanischen
Einheit (OAU) zur Beilegung
ihres Grenzkonflikts zuge
stimmt. Sondergesandte der
USA und der OAU sind zur Zeit
in der Region, um eine Fortset
zung des Krieges zu verhindern.
Cook in Moskau
Abgerissene Gespräche wieder aufgenommen
MOSKAU: Mit einem Besuch von
Aussenminister Robin Cook in
Moskau haben Grossbritannien
uq4 Russlaty^den^eit dem Kosovo-
Krieg abgerissenen Gesprächsfa
den wieder angeknüpft.
Bei Treffen mit dem russischen
Übergangspräsidenten Wladimir
Putin und Aussenminister Igor Iwa
now am Mittwoch mahnte Cook
gleichzeitig eine politische Lösung
für den Tschetschenien-Krieg an,
meldeten die russischen Nachrich
tenagenturen.
Grossbritannien war neben den
USA eine treibende Kraft im Koso
vo-Krieg 1999. Moskau als traditio
neller Verbündeter der Serben hat
te die NATO-Luftangriffe auf Ju
goslawien scharf kritisiert und des
halb die Kooperation mit dem We
sten eingeschränkt.
Jetzt sagte Putin zu Cook: «Es ist
angenehm, sie im Kreml zu sehen,
weil die Pause bei Kontakten auf
dieser Ebene schon zu lange gedau
ert hat.» Er und Cook kamen bei
dem eineinhalbstündigen Gespräch
Uberein, die bilaterale politische
und wirtschaftliche Zusammenar
beit auszubauen.
Der britische Aussenminister sag
te, beide Seiten hätten zum Thema
Tschetschenien einen «sehr nützli
chen Dialog» geführt. Er verwies
auf die britischen Probleme mit
Nordirland. Terrorismus könne nur
besiegt werden, wenn gleichzeitig
nach einer politischen Lösung ge
sucht werde.
Nach Angaben der Agentur In
terfax riet Cook den Russen, mehr
Hilfe der internationalen Gemein
schaft zur Beilegung des Konfliktes
zu suchen. Ähnlich wie jetzt mit
Grossbritannien hatte Russland
vergangene Woche bereits die Zu
sammenarbeit mit der NATO wie
der aufgenommen.
Zehntausend« demonstrieren
Aufruhr gegen ETA in Spanien nach neuem Anschlag
Ti
MADRID: Nach dem neuen Mord
anschlag haben am Mittwoch zehn-
tausende Menschen in ganz Spanien
gegen den Terror der baskischen
Untergrundorganisation ETA de
monstriert. Auf Transparenten for
derten sie: «Basta ya!» («Es
reicht»).
In der bäskischen Hauptstadt Vito-
ria nahmen auch Ministerpräsident
Jos6 Maria Aznar, mehrere Mi
nister und der sozialistische Oppo
sitionschef Joaquin Almunia bei
strömendem Regen an einer Mahn
wache teil. Innenminister Jaime
Mayor Oreja erklärte, die ETA ver
suche, den Wahlkampf zu den Par
lamentswahlen am 12. März zu tor
pedieren.
Mehrere hundert Menschen ver
sammelten sich in der Hauptstadt
Madrid zu einem stillen Protest.
Auch in Barcelona, Santiago de
Compostela, Sevilla und Valladolid
trafen sich mehrere hundert Men
schen vor den Rathäusern.
In San Sebastian gingen dagegen
auch einige ETA-Anhänger auf die
Strasse und beschimpften die Par
teien von Aznar und Almunia als
«Mörder». In Vitoria waren am Vor
tag der Fraktionschef der Soziali
sten (PSOE) im baskischen Regio-
nalparlament, Fernando Buesa, und
sein Leibwächter bei der Explosion
einer Autobombe getötet worden.
Der 53-jährige Buesa war das 772.
Todesopfer der ETA und einer der
ranghöchsten Politiker, der je von
der Separatistenorganisation er
mordet wurde.
Reinhardt machte in der «Bild»-
Zeitung den jugoslawischen Staats
präsidenten Slobodan Milosevic für
die jüngsten Unruhen in der Stadt
verantwortlich. Milosevic sei nicht
an einer friedlichen Entwicklung im
Kosovo interessiert. Zugleich
sprach sich Reinhardt für mehr Po
lizisten in Mitrovica aus. Auch Wal
ter Schwimmer, Generalsekretär
des Europarates, kritisierte Milose
vic. «Mit seinem Regime wird es auf
Dauer keine Stabilität geben, ohne
Jugoslawien aber auch nicht», sagte
er in Bukarest. Ein NATO-Sprecher
kündigte unterdessen eine Sonder
sitzung über die Lage in Mitrovica
am Freitag an. Über die aktuelle Si
tuation informierte der Oberbe
fehlshaber der Organisation in Eu
ropa, Wesley Clark, den NATO-Rat
am Mittwoch in Brüssel.
Der ehemaligen Bosnien-Beauf
tragten der EU, Hans Koschnick,
äusserte unterdessen die Überzeu
gung, dass die Unruhen in Mitrovi
ca vorhersehbar waren. Er sagte am
Mittwoch im InfoRadio Berlin-
Brandenburg, man hätte wissen
müssen, dass die Führung Serbiens
alles tun werde, um in einem Teil des
Kosovos, in dem genügend Serben
wohnen, immer wieder kleine Un
ruhen zu organisieren.
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Zahlreiche Menschen erwiesen dem ermordeten Fraktionschef der Sozia
listen (PSOE) im bäskischen Regionalparlament, Fernando Buesa, gestern
Mittwoch die letzte Ehre. (Bild: Keystone)
USA: Neuer
Dialog mit Iran?
WASHINGTON: Nach einer zwei
Jahrzehnte langen Eiszeit haben die
USA einen neuen Dialog mit Iran in
Aussicht gestellt. Angesichts des Er
folgs der Reformer bei der Parla
mentswahl seien Veränderungen in
Sicht, sagte der Sprecher des Weis
sen Hauses, Joe Lockhart, am Mitt
woch in Washington. Es gebe einige
Themen, die es zu besprechen gelte,
etwa die Produktion von Massen
vernichtungswaffen in Iran, die Un
terstützung des Terrorismus und die
Ablehnung des Friedensprozesses
im Nahen Osten. Auch die EU be-
grüsste das Wahlergebnis. Die Rat
präsidentschaft in Lissabon bekräf
tigte den Willen zur Fortsetzung der
Annäherung an Iran. Nach ihrem
überraschend deutlichen Erfolg am
Freitag hatten sich auch bereits eini
ge iranische Reformpolitiker für ein
neues Kapitel in den iranisch-ame
rikanischen Beziehungen ausge
sprochen. Mohammedresa Chata
mi, Bruder von Präsident Moham
med Chatami und Anführer der
grössten Reformgruppe in Iran, rief
die USA dazu ausschritte einzulei
ten, um das Misstrauen abzubauen.