Liechtensteiner Volksblatt
Inland
Donnerstag, 24. Februar 2000 11
Zur Wahrung des religiösen Friedens
Verein für eine offene Kirche unterbreitet Vorschlag zum Verhältnis von Staat und Kirche in Liechtenstein
Der Verein für eine offene Kirche
will sich aktiv an der Diskussion
um eine IVennung von Kirche und
Staat beteiligen. Verschiedene Ar
beitsgruppen des Vereins arbeiten
an dieser Thematik. Die Arbeits
gruppe Politik hat nun - zusam
men mit renommierten in- und
ausländischen Verfassungsrecht
lern - einen Vorschlag vorgelegt,
der auch vom Vereinsvorstand ge
nehmigt wurde.
Der Vorschlag, der diese Woche den
Mitgliedern des Landtages, der Regie
rung, Erzbischof Wolfgang Haas und
Fürst Hans-Adam II. zugestellt wurde,
beinhaltet eine Ergänzung der Verfas
sung und einen Entwurf für ein «Gesetz
über die Anerkennung von nicht-ka-
tholischen Religionsgemeinschaften».
Grundsätzlich stellt sich der Verein
gemäss Begleitschreiben auf den Stand
punkt, «dass es für das christliche Mit
einander und den religiösen Frieden in
unserem Land am sinnvollsten ist, wenn
in Sachen Kirche und Staat zur Zeit
nichts verändert wird». Es dürfe nicht
sein, dass die Kirche Liechtensteins von
Ttwi
Verfassung
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Der VorschlagdesVereins fürteinef
offene Kirche betrifft auch eine-Er*,
gänzung der Verfassung. Dem bishe
rigen Artikel 3? soll - demnach ein
Artikel 37bis beigefügt werden.', 5
Artikel 37
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Die Glaubens- und Gewissens-
freiheit ist jedermann gewährleistet. «
. Die römisch-katholische^ Kirche !
solch^den vollen Schutz d&St&fein
anderen Konfessionen ist dieBef äti- '
gung ihres Bekenntnisses-und die j
- Abhaltung ihres Gottesdienstes-in~ '
nerhalb der Schranken der Sittlich- ,]
keit und der Öffentlichen Ordnung
gewährleistet.
Artikel37^8 V:
Andere Konfessionen und Religi- •
onsgemeinschaften im Sinne von"'
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rechtliche Anerkennung^erlangen.i
Das Gesetz regelt die Vorausseteun-i
gen und Wirkungen deriAnerken--^
nung. Voraussetzungen }der Aner- ,
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' ziale Betätigung detl Religionsge- J
meinschaft und die, Verwendung )
; der .Mittel nach "4 demokratischen
i Grundsätzen.' •. * ■
Für die Religionsgemeinschaften ]
ohne öffentlich-rechtliche Anerken- ]
nung gelten die Bestimmungen des
i Privatrechts.
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IfU
einigen wenigen mächtigen Geldge
bern kontrolliert und bestimmt werde.
Längerfristig würden die Bemühungen
des Vereins in Richtung eines Kirchge-
meinden-Systems zielen. Nachstehend
ein Auszug aus der Begründung des
jetzt veröffentlichten Vorschlags.
Wahrung des Fliedens
Zur Wahrung des religiösen Friedens
beruht dieser Entwurf auf der vorläufi
gen Fortführung des gewachsenen part
nerschaftlichen Verhältnisses von Staat
und katholischer Kirche (Finanzierung
der Pfarreien, Religionsunterricht,
Pfarrwahlen, Laienmitarbeit). In die
sem Sinne ist Art. 37 der Verfassung un
verändert zu belassen. Es ist nicht aus-
zuschliessen.dass die Entwicklungen in
den nächsten Jahren auch eine Anpas
sung von Art. 37 (und weiteren Verfas
sungsartikeln) notwendig machen.
Hierüber heute ein Urteil abzugeben,
wäre jedoch zu früh.
Sonderstellung bleibt
Der vorgeschlagene Art. 37b' s der
Verfassung (siehe Kasten) gibt anderen
Religionsgemeinschaften - unter ge
wissen Voraussetzungen - die Möglich-
Zur Wahrung des religiösen Friedens beruht der Vorschlag des Vereins für eine offene Kirche auf der vorläufigen Fortführung des gewachsenen partnerschaftlichen Ver
hältnisses von Staat und katholischer Kirche. (Archivbild)
keit, durch Regierungsbeschluss öffent
lich-rechtliche Anerkennung zu erlan
gen. Damit bleibt aber die Sonderstel
lung der römisch-katholischen Kirche
erhalten, wenn sie auch teilweise relati
viert wird (insbesondere bezüglich der
staatlichen Leistungen). Auch nach
Einfügung des Art. 37^is forderte die
Verfassung noch eine Abstufung zwi
schen der römisch-katholischen Kirche
als Staatskirche und den «anderen Kon
fessionen» (Art. 37 Abs. 2 der Verfas
sung). Die Vorzugsstellung der katholi
schen Kirche in der liechtensteinischen
Verfassung ist unter diesen Umständen
unbedenklich. Im Fall Darby gegen
Schweden hat die Kommission für
Menschenrechte in Strassburg aus
drücklich anerkannt, dass selbst ein
Staatskirchensystem als solches nicht
unvereinbar mit Art. 9 EMRK (Eu
ropäische Menschenrechtskonvention)
ist (siehe Dr. Wolfgang Strasser, in
«Staat und Kirche», Liechtenstein Poli
tische Schriften Band 26, Vaduz 1999, S.
23).
Mindestbestimmungen für eine
Anerkennung
Im vorgeschlagenen «Gesetz über die
Anerkennung von nicht-katholischen
Religionsgemeinschaften» werden
Mindestbestimmungen aufgestellt, wel
che eine Religionsgemeinschaft zu er
füllen hat, die die öffentlich-rechtliche
Anerkennung sucht (siehe Kasten). Da
die Wirkungen der öffentlich-rechtli
chen Anerkennung primär in der Er
bringung von staatlichen Leistungen
besteht, kann der Staat die Vorausset
zungen festhalten, unter welchen solche
Leistungen an eine Religionsgemein
schaft erbracht werden. Kleine oder
kurzlebige Religionsgemeinschaften
würden die Zusprechung staatlicher
Mittel nicht rechtfertigen, weshalb eine
gewisse Grösse und Bestand einer Reli
gionsgemeinschaft vorausgesetzt wer
den.
Ganz generell sollen staatliche Leis
tungen auch an gewisse Gegenleistun
gen gebunden sein: Im Entwurf zu ei
nem Anerkennungsgesetz wird ver
langt, dass sich die öffentlich-rechtlich
anerkannte Religionsgemeinschaft so
zial betätigt, also Tätigkeiten ent
wickelt, die das soziale Zusammenle
ben fördern. Über ihre Finanzen soll ei
ne Religionsgemeinschaft öffentlich
Rechenschaft ablegen und für die Mit
telverwaltung demokratische Struktu
ren schaffen, will sie öffentlich-rechtlich
anerkannt werden. Hierbei kann sich
der Entwurf für ein Anerkennungsge
setz an den beiden evangelischen Kir
chen in Liechtenstein orientieren: So
wohl die evangelische Kirche im Für
stentum Liechtenstein,IMs auch die lu
therisch-evangelische
über eine demokratisch
rche verfügen
^Organisation.
Integrative Funktiorff j
Dem Vorschlag liegt die Erkenntnis
zugrunde, dass der Werte vermittelnden
Institution «Religionsgemeinschaft» in
der staatlichen Gemeinschaft eine gros
se Bedeutung zukommt. Zu den kirchli
chen Aufgaben gehörtlauch die Suche
nach Sinn und Werteikin der Gesell
schaft. Deshalb haben die Kirchen eine
umfassende, kritische,:wertbegründen
de und wertvermittelmfe und damit in
tegrative gesellschaftliche Funktion.
Das erlaubt ihnen, Aufgaben zu erfül
len, die von hoher gesellschaftlicher Be
deutung sind, jedoch Vom Staat - als
ethisch neutraler InsÜjtution - nicht
wahrgenommen werde^ können. Dane
ben arbeiten die Kirchen unter ande
rem aufgrund ihres diakonischen Auf
trags traditionellerweise in Bereichen,
die auch zu den Aufgabengebieten ei
nes modernen Sozialstaates gehören,
wie etwa in der Unterstützung und Be
gleitung sozial Schwacher oder im Bil-
dungs- und kulturellen Bereich. Es liegt
deshalb im Interesse des Staates, die
Kirchen und Religionsgemeinschaften
so in das demokratische Gemeinwesen
zu integrieren, dass sie sich ihrem Auf
trag gemäss entfalten können.
Kein Platz für Trennung
Damit ist aber kein Platz für eine
Trennung von Staat und Kirche. Einer
gewissen Entflechtung von Staat und
Kirche steht dieser Vorschlag jedoch
nicht entgegen. So hat eine Entflech
tung von Staat und Kirche in unserem
Jahrhundert bereits stattgefunden und
das trotz - oder vielleicht gerade wegen
- der entsprechenden Bestimmungen in
unserer Verfassung. Am augenschein
lichsten kann dies mit der Einführung
einer eigenen staatlichen Zivilstands
behörde und der Einführung der staat
lichen Ehescheidung im Jahre 1974
nachgewiesen werden. Weitere Schritte
in Richtung Entflechtung von Staat und
Kirche sind deshalb durchaus möglich.
Eine Entflechtung von Staat und Kir
che braucht jedoch Zeit und muss des
halb behutsam angegangen werden. Zu
gross ist die Gefahr, dass ein gewachse
nes System mit Vernetzungen und Sy
nergien zerstört wird, wenn dem Pro-
zess der Entflechtung nicht genügend
Zeit eingeräumt wurde.
Besonders eng und verflochten sind
die Beziehungen zwischen den Ge
meinden und der katholischen Kir
che/Pfarreien. Eine Lösung dieses Pro
blemkreises - insbesondere die Ent
flechtung in bezug auf Finanzen und
Vermögen - kann wohl nur mit der Ein
führung einer staatskirchenrechtlichen
Organisation, welche die Mittelverwal
tung der katholischen Kirche über
nimmt, gefunden werden. Hierzu
braucht es jedoch noch Zeit.
Eine Übergangslösung
Die römisch-katholische Kirche ge-
niesst nach Art. 37 der Verfassung eine
Vorrangstellung, da sie als «Landeskir
che» den «vollen Schutz des Staates»
geniesst. Sie besitzt die öffentlich-recht-'
liehe Anerkennung bereits von Verfas-
sungs wegen. Damit sind die Bestim
mungen des Anerkennungsgesetzes
nicht auf die römisch-katholische Kir
che anwendbar. Sie werden jedoch auf
die katholische Kirche ihre Ausstrah
lung haben und sollen in der Diskussion
um die Rolle der katholischen Kirche
im Fürstentum Liechtenstein eine Leit
linie sein.
Der Verein für eine offene Kirche er
achtet die Einrichtung einer demokrati
schen staatskirchenrechtlichen Organi
sation, wie sie die schweizerischen Nach
barbistümer kennen, als die wünschens
werte Organisationsstruktur auch für
die katholische Kirche. Um Missver
ständnissen vorzubeugen, sei hier aus
drücklich festgehalten, dass eine solche
staatskirchenrechtliche Organisation
mit organisatorischen Kompetenzen
ausgestattet sowie mit der Mittelverwal-
tung und Mittelverwendung befasst ist.
Da die römisch-katholische Kirche in
Liechtenstein eine solche staatskirchen
rechtliche Organisation nicht kennt, ist
der vorliegende Entwurf als Übergangs
lösung zu verstehen, der Raum lässt zu
sukzessiven Veränderungen.
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/verfügen,,welche die der Religionsge- 'chischen Integrität und bpi An^n-'|
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fÜr?ientum>> ^t iind über deren^yeiwendung epV "sondere zum Zweckender .Glaubeiis-
p, • %' 'Scheidet und,' - Vermittlung gegeben,^