Liechtensteiner Volksblatt
Ausland
Montag, 21. Februar 2000 19
Nachrichten
Klarer Sieg des
Reformlagers
TEHERAN: Die
Reformer aus
dem Lager von
Präsident Mo
hammed Chatami
(Bild) haben bei
den Parlaments
wahlen am Freitag
in der islamischen
Republik Iran
klar über die Kon
servativen gesiegt.
Wie die amtliche
iranische Nach
richtenagentur IRNA am Sonntag meldete, ka
men die Anhänger der Liberalisierung nach
dem vorläufigen Ergebnis auf 67 Prozent der
Stimmen. Das Reformlager selbst sprach von
über 70 Prozent Stimmenanteil. Von den 170 im
ersten Wahlgang vergebenen Mandaten im Ein-
kammer- Parlament,der Madschlis, gingen nach
den am Sonntag vorliegenden Ergebnissen bis
zu 130 an das Reformbündnis Moscharekat
(Front der Beteiligung). 34 gehen an konserva
tive Bewerber und sieben an Unabhängige. Die
Wahlbeteiligung lag laut dem Innenministerium
über 80 Prozent. Die letzten Auszählungsergeb
nisse sollten am Montag vorliegen. Insgesamt
bewarben sich 5824 Kandidaten, unter ihnen
424 Frauen, um die 290 Sitze. Die Stichwahlen
sollen in etwa zwei Monaten abgehalten wer
den.
Labour-Partei gerät in
schwere Krise
LONDON: Die regierende britische Labour-
Partei ist am Sonntag mit der umstrittenen Kür
ihres Kandidaten für das Amt des Londoner
Bürgermeisters in eine schwere interne Krise
geraten. Der von Premierminister Tony Blair
unterstützte Frank Dobson schlug mit 51,53
Prozent der Stimmen seinen innerparteilichen
Konkurrenten Ken Livingstone (48,47) aus dem
Kandidaten-Rennen, obwohl er bei der Par
teibasis deutlich mehr Stimmen bekam und
Umfragen zufolge auch der chancenreichste La
bour-Kandidat bei den Bürgermeisterwahlen
wäre. Die Chancen des ehemaligen Gesund
heitsministers Dobson (59), den konservativen
Bewerber Steven Norris bei der Wahl am 4. Mai
schlagen zu können, gelten als höchst fraglich.
Unmittelbar nach der Bekanntgabe des Resul
tats sprach Livingstone (54) von «gestohlenen
Stimmen» und forderte Dobson auf, «im Inter
esse der Einheit der Labour-Partei das befleck
te Ergebnis zu überdenken und von der Kandi
datur zurück zu treten».
Ex-Bürgermeister von
St. Petersburg tot
MOSKAU: Der frühere
Bürgermeister von
Sankt Petersburg, Ana-
toli Sobtschak, ist ei
nem Herzanfall erle
gen. Der 62-Jährige
starb am späten Sams
tagabend in dem Ost-
see-Badeort Sweltlo-
gorsk in der russischen
Enklave Kaliningrad,
wie die Nachrichten
agentur ITAR-TASS
meldete. Der demokratische Reformer war von
1991 bis 1996 Bürgermeister von Sankt Peters
burg. Sobtschak litt bereits seit langem unter
Herzproblemen. Ende vergangenen Jahres war
gegen ihn ein Korruptionsverfahren eingestellt
worden, in dem ihm von der russischen Justiz
Bestechung und Amtsmissbrauch vorgeworfen
worden war. Bei einer ersten richterlichen Ver
nehmung wegen der Vorwürfe im Oktober 1997
hatte das ehemalige Mitglied der KPdSU einen
Herzinfarkt erlitten.
Demonstration auch in
Brüssel
BRÜSSEL: Mehrere 1000 Menschen haben am
Sonntagnachmittag in der Brüsseler Innenstadt
gegen die neue rechtskonservative Regierung in
Österreich demonstriert. Unter den Teilneh
mern waren mehrere Minister der belgischen
Bundes- und Regionalregierungen, berichtete
die Nachrichtenagentur Belga. Zu der Demon
stration hatten die demokratischen Parteien
Belgiens, Gewerkschaften, jüdische Organisa
tionen und andere Vereinigungen aufgerufen.
Der «Nationale Marsch gegen die äusserste
Rechte» startete vor dem Brüsseler Justizpalast.
$
150 000 Demonstranten
Proteste gegen österreichische Regierung erreichen Höhepunkt
WIEN: Mehr als 150 000 Men
schen haben am Samstag in
Wien gegen die neue rechts
konservative österreichische
Regierung demonstriert. Das
öffentlich-rechtliche Fernse
hen ORF sprach von der
«grössten Demonstration ge
gen eine Regierung seit dem
Krieg».
«Die Protestwelle hat eindeutig
ihren Höhepunkt erlebt. Mehr lässt
sich nicht auf die Beine stellen»,
schrieb das Massenblatt «Kurier»
am Sonntag.
Die Polizei sprach von rund
150 000 Demonstranten. Nach An
gaben der Veranstalter - einer brei
ten Allianz aus Sozialdemokraten,
Grünen, Gewerkschaften, Jugend-
und Frauenverbänden sowie Men
schenrechtsgruppen und Künstlern
- waren trotz nasskaltem Wetter
aber bis zu 300 000 Menschen ver
sammelt.
Die Protestkundgebung gegen
die Regierungsbeteiligung der
rechtspopulistischen FPÖ verlief
weitgehend friedlich. Laut Polizei
gab es nach kleineren Krawallen
nur vier Festnahmen.
In Reden und auf Transparenten
Mehr als 150 000 Menschen haben am Samstag in Wien gegen die neue
rechtskonservative österreichische Regierung demonstriert. (Bild: Keystone)
wurde das «schwarz-blaue Regime»
von Volkspartei (ÖVP) und den
Freiheitlichen (FPÖ) für einen
«Rechtsruck» verantwortlich ge
macht. Der amtierende Bundes
kanzler Wolfgang Schüssel wurde
zum Rücktritt aufgefordert. Zahl
reiche Redner prangerten die
«Menschen verachtende Sprache»
Jörg Haiders an.
An der Grossdemonstration nah
men auch Prominente aus dem Aus
land wie der französische Schau
spieler Michel Piccoli und der
Schriftsteller Bernard-Henri L6vy
teil.
In einer Diskussion im Anschluss
an die Kundgebung im Burgtheater
wurde ein spontanes «Burgtheater
gelöbnis» zur Unterstützung der
Regierungsgegner in Österreich an
geregt, dem sich auch der Schweizer
Regisseur Luc Bondy anschloss.
Bondy, Schauspielchef und künfti-
Gefechte und
Massaker
BOGOTA: Kolumbien ist am
Wochenende von einer Welle
der Gewalt und Entführungen
heimgesucht worden. Mindes
tens 30 Menschen wurden getö
tet und ebenso viele verschleppt.
Im Norden starben bei Gefech
ten sieben Rebellen der linksge
richteten Streitkräfte zur natio
nalen Befreiung (ELN) und
zwei Soldaten. Die Rebellen
hätten zuvor eine Erdölleitung
gesprengt, teilte das Militär am
Samstag (Ortszeit) mit. Am
grausamsten gingen etwa 200
schwerbewaffnete Paramilitärs
in der Nähe des Ortes Ovejas in
der nördlichen Karibikregion
Sucre vor, berichtete' der Fern
sehsender Caracol. Die Todes
schwadronen seien am Freitag in
ein Dorf eingefallen und hätten
mindestens 20 Bauern umge
bracht, denen sie Zusammenar
beit mit linken Rebellen vorwar
fen. Hilfsorganisationen be
fürchteten bis zu 30 Tote mehr.
Kontroverse spitzt
sich zu
CDU und CSU streiten wegen Parteivorsitz
BERLIN: Der Streit zwischen CDU
und CSU um die Besetzung des Par
teivorsitzes der Christdemokraten
gewinnt an Schärfe. Während Gene
ralsekretärin Angela Merkel in ih
rer eigenen Partei weitere Unter
stützung erfuhr, erneuerten Spitzen
politiker der CSU am Samstag ihre
Vorbehalte gegen die Ostdeutsche.
Mehrere ihrer norddeutschen
Parteifreunde verbaten sich darauf
hin jede Einmischung. Man werde
es nicht zulassen, dass aus der CSU
Kandidaten der CDU beschädigt
würden, betonte der niedersächsi
sche Landeschef Christian Wulff.
Der nordrhein-westfälische CDU-
Chef Jürgen Rüttgers warnte vor ei
nem neuem Machtkampf in der
CDU. Merkel war am Freitagabend
auf der ersten CDU-Regionalkon
ferenz in Wolfenbüttel mit grossem
Beifall gefeiert worden. Mit gros
sem Applaus bedacht wurden auch
Forderungen der Basis, sie zur Par
teivorsitzenden zu wählen. Rücken
deckung erhielt sie am Wochenende
von weiteren Vertretern des linken
und liberalen Parteiflügels. Zuvor
hatten sich bereits Rita Süssmuth,
Ulf Fink und Heiner Geissler für
Merkel als Parteichefin ausgespro
chen. CSU-Generalsekretär Tho
mas Goppel wertete gerade diesen
Unterstützerkreis als bedenklich.
Die CDU-Spitze müsse auch in Zu
kunft die Partei in ihrer ganzen
Bandbreite vertreten, warnte er im
Inforadio Berlin. Am Freitagabend
hatte bereits Parteichef Edmund
Stoiber vor einem Richtungswechsel
der CDU gewarnt. Stoiber rief die
Schwesterpartei auf, sicher zu stel
len, dass die «Union das grosse Sam
melbecken von der Mitte bis hin zur
demokratischen Rechten bleibt».
Bush erringt deutlichen Sieg
Vorwahlen in South Carolina
COLUMBIA: Bei den republikani
schen Vorwahlen um die US-Präsi
dentschaftkandidatur im Bundes
staat South Carolina hat der texani-
sche Gouverneur George W. Bush
am Samstag einen deutlichen Sieg
davon getragen.
George W. Bush bleibt der republi
kanische Favorit fürs Weisse Haus.
Bei den Vorwahlen in South Caroli
na setzte er sich gegen seinen inner
parteilichen Herausforderer John
McCain überraschend deutlich
durch.
Nach Auszählung von 97 Prozent
der Stimmen kam Bush auf 53 Pro
zent. Für McCain stimmten 42 Pro
zent. Als dritter Kandidat war der
schwarze Talkshow-Moderator
Alan Keyes angetreten. Er kam le
diglich auf fünf Prozent.
Bush zeigte sich nach seinem Sieg
erleichtert. «Wir haben nicht nur
einfach gewonnen, sondern auch
noch in überzeugender Art und
Weise», sagte Bush. Der Sohn des
ehemaligen Präsidenten George
Bush brauchte einen Sieg in South
Carolina, um seine Niederlage in
New Hampshire vor zweieinhalb
Wochen wieder wett zu machen.
Bush sagte, er und sein Wahlkampf
team seien mit neuer Energie aus
den Wahlen in South Carolina her
vorgegangen. Besonders junge
Wähler hätten in grosser Zahl mo
bilisiert werden können. Durch ei
nen Sieg in South Carolina gewinnt
Bush 37 Delegierte, die bei der No
minierung des Präsidentschaftskan
didaten auf dem Parteitag der Re
publikaner im August für ihn stim
men.
ger Alleinintendant der Wiener
Festwochen, berichtete, er sei be
reits in einem Brief der FPÖ er
mahnt worden, seine Aufgabe sei
«nicht Politik, sondern gute Kunst
zu machen».
Nach Ansicht Bondys sind Haider
und die FPÖ «tückischer» als etwa
die französischen Rechtsextremis
ten. Sie verwandelten sich ständig
«chamäleonartig» und seien daher
schwer zu fassen.
Als Vertreter der österreichi
schen Kulturschaffenden beteilig
ten sich unter anderen Klaus Maria
Brandauer, H.C. Artmann, Marlene
Streeruwitz und Erika Pluhar an
den Protesten. Bundeskanzler Wolf
gang Schüssel (ÖVP) reagierte am
Sonntag unbeeindruckt: «Die Ent
scheidungen in der Demokratie fal
len nicht bei Demonstrationen,son
dern bei Wahlen und im Parla
ment.» Die FPÖ bezeichnete die
Demonstration als Aufmarsch der
Kommunistischen Internationale.
«Linke sozialistische Kreise, die die
ses Land abgewirtschaftet haben»,
setzten jetzt «die Gewalt der Stras
se» ein und missbrauchten junge
Menschen, sagte Haider. Die SPÖ
und die «sozialistischen Gewerk
schaften» hätten Demonstranten
sogar bezahlt.
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Grosny bleibt
gesperrt
MOSKAU: >:Die russische
Führung hat die Sperrung der
. vom Krieg zerstörten tschet
schenischen Hauptstadt Grosny
für die Zivilbevölkerung verlän-
, gert. Bis zum 1. April wUrden we
der Personen noch Fahrzeuge in
die Stadt gelassen, meldete die
Nachrichtenagentur Interfax am
Sonntag unter Berufung auf den
für. Tschetschenien zuständigen
. Vizeregierungschef,. Nikolai
Koschman. Ursprünglich sollte .
Grosny bis zum 1. März gesperrt
bleiben. Als Grund für die Ver-,
längerung gab Koschmans Pres-'
sedienst die umfangreichett Ar
beiten zur Entschärfung von Mi
enen im ganzen Stadtgebieten so-,
wie die Gefahr von Epidemien
mit Beginn der wärmeren Jah
reszeit. In Grosny würden zu
dem noch bis zu 300 Rebellen
vermutet. Koschman ernannte
unterdessen weitere pro-russi-
sche Bürgermeister für weitere 1
eingenommene Städte. ■
Bisher grösste
Razzia im Kosovo
BELGRAD: Bei der bisher gröss
ten Razzia der UNO-Friedenstrup-
pe KFOR im Kosovo haben Solda
ten am Sonntag im serbischen Sek
tor von Kosovska Mitrovica weiter
nach Waffen gesucht. An der am
Freitag begonnenen Razzia in der
zwischen Serben und Albanern ge
teilten Stadt nahmen nach KFOR-
Angaben etwa 2500 Soldaten teil,
vor allem Franzosen, Amerikaner,
Briten und Deutsche. Wie ein
KFOR-Sprecher mitteilte, wurden
zwei US-Soldaten am Sonntag
durch Steinwürfe von Serben leicht
verletzt. In Mitrovica hatte es bei
Zusammenstössen seit Anfang Fe
bruar zahlreiche Tote gegeben.
George W. Bush bleibt der republikanische Favorit fürs Weisse Haus. Das
Bild zeigt ihn zusammen mit seiner Gattin Laura. (Bild: Keystone)
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