Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Ausland 
Samstag, 19. Februar 2000 35 
Nachrichten 
Lukaschenko entlässt 
Regierungschef Ling 
MINSK: Der weissrussische Präsident Alexan 
der Lukaschenko hat am Freitag überraschend 
Ministerpräsident Sergej Ling entlassen. Ling 
selbst habe den Präsidenten darum gebeten, 
meldete die Nachrichtenagentur Interfax. Als 
Nachfolger ernannte Lukaschenko den bisheri 
gen Bürgermeister der Hauptstadt Minsk, Wla 
dimir Jermoschin. 
IKRK als Berater in 
Kolumbien 
GENF: Das IKRK wird bei den Friedensge 
sprächen in Kolumbien offiziell als Berater auf 
treten. Dies teilte IKRK-Präsident Jakob Kel- 
lenberger am Freitag nach einem Treffen mit ei 
ner Delegation aus Vertretern der kolumbiani 
schen Regierung und der FARC-Guerilla in 
Genf mit. «Das IKRK wird die Parteien im Be 
reich des internationalen Völkerrechts und der 
Menschenrechte beraten», sagte Kellenberger 
gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Er habe 
diesen Vorschlag bei seinem ersten Besuch als 
künftiger IKRK-Präsident im letzten Dezem 
ber in Kolumbien gemacht. «Beide Parteien ha 
ben ihn nun hier in Genf angenommen», beton 
te Kellenberger. Das IKRK werde für den Frie 
densdialog in Kolumbien Experten des huma 
nitären Völkerrechts zur Verfügung stellen. Das 
IKRK bat beide Seiten, sich für eine friedliche 
Lösung der Besetzung des Büros der huma 
nitären Organisation in der kolumbianischen 
Hauptstadt Bogotä einzusetzen. Das IKRK- 
Büro war am 4. Januar von vertriebenen Bauern 
besetzt worden. Die Gespräche mit der Regie 
rung sind seit mehr als zwei Wochen blockiert. 
Zwei IKRK-Delegierte halten sich weiterhin im 
Büro auf. Die Besetzer beschuldigen die Regie 
rung, die Vertriebenen im eigenen Land zu ver 
nachlässigen. Der Leiter der kolumbianischen 
Regierungsdelegation, Victor Ricardo, erklärte, 
man hoffe, dass rasch eine friedliche Lösung der 
Besetzungs des IKRK-Büros gefunden werde. 
Die Unterstützung des IKRK für den Friedens 
dialog bezeichnete Ricardo als «sehr wichtig». 
Schüler-Demo gegen 
Haider in Wien 
WIEN: Im Vorfeld einer Massenkundgebung 
mit vermutlich über 100 000 Teilnehmern sind 
am Freitag in Wien bereits mehrere tausend 
Schüler gegen die neue rechtskonservative Re 
gierung auf die Strasse gegangen. Die nach Po 
lizeiangaben etwa 4000 Schüler zogen mit 
Spruchbändern wie «Widerstand» und «Hip- 
hop gegen Blau-Schwarz» - die Symbolfarben 
der neuen Koalition - durch die österreichische 
Hauptstadt. An der Protestkundgebung waren 
nach Angaben der Veranstalter Schüler von 60 
Schulen beteiligt. Manche Lehranstalten hätten 
auf ihre Schüler Druck ausgeübt, nicht daran 
teilzunehmen, meldete die österreichische 
Nachrichtenagentur APA. An einer Schule sei 
en die Jugendlichen sogar daran gehindert wor 
den, das Gebäude zu verlassen, seien dann aber 
durch die Fenster geflohen. Die Schülerdemo 
war das Vorspiel für die grosse Anti-Haider- 
Kundgebung. Dazu erwarten die Veranstalter 
am Samstag bis zu 250 000 Gegner des neuen 
Bündnisses. Ein Grossaufgebot an Polizei soll 
verhindern, dass es zu gewalttätigen Auseinan 
dersetzungen kommt. Die österreichischen So 
zialdemokraten (SPÖ) und die Griinen riefen 
zur Teilnahme auf. «Je grösser die Demonstrati 
on ist und je mehr Sozialdemokraten daran teil 
nehmen, desto deutlicher wird das Resultat 
sein, und umso sicherer können wir sein, dass sie 
gewaltfrei bleiben wird», sagte der designierte 
Chef der SPÖ, Alfred Gusenbauer. 
Iraner an die Urne gerufen 
Wahlbeteiligung bei über 75 Prozent: Mehrheit für Reformer erwartet 
TEHERAN: Die Iranerinnen 
und Iraner haben am Freitag 
ein neues Parlament gewählt, 
das nach allgemeiner Erwar 
tung das Reformlager stärken 
wird. Die Wahlbeteiligung lag 
nach Angaben des Innenminis 
teriums bei über 75 Prozent. 
Die Anhänger des Reformkurses 
rechneten mit einer Mehrheit in der 
Volksvertretung. Trotz des begrenz 
ten Einflusses des Parlaments galt 
die Wahl als Gradmesser für das 
Tempo und das Ausmass der Libe 
ralisierung, die Präsident Moham 
med Chatami seit seinem Amtsan 
tritt 1997 eingeleitet hat. 
Zu dieser sechsten Parlaments 
wahl seit der islamischen Revoluti 
on 1979 waren 39 Millionen Iraner 
ab 16 Jahren aufgerufen. Mit 19 Mil 
lionen waren fast die Hälfte der 
Wahlberechtigten Frauen. Die Al 
tersklasse der bis 25-Jährigen mach 
te 25 Millionen aus. Besonders die 
jungen Männer und die Frauen 
drängen auf eine Liberalisierung. 
Verlängerung der 
Öffnungszeiten 
Die Beteiligung an dem ruhig ver 
laufenen Urnengang, bei dem etwa 
500 Kandidatinnen und 4500 Kandi 
daten um die 290 Mandate des 
«Madschlis» (Parlament) konkur 
rierten, war äusserst lebhaft. Ange 
sichts des Andrangs verlängerte das 
Innenministerium die Öffnungszei 
ten der Wahllokale um zwei auf ins 
gesamt zwölf Stunden. 
In der Hauptstadt Teheran waren 
lange Schlangen vor allem junger 
Iranerinnen und Iraner beim Ausfüllen der Wahlzettel. Die Wahlbeteiligung war gestern unerwartet hoch. 
Leute und von Erstwählern vor den 
Abstimmungslokalen zu sehen. Be 
obachter rechneten damit, dass die 
städtische Jugend mehrheitlich für 
mehr persönliche Freiheit und da 
mit eine schnelle politische Libera 
lisierung stimmte. 
Chatami sagte bei der Stimmab 
gabe, die hohe Beteiligung werde 
die Wahl zu einem «historischen 
Tag» für Iran machen. Zu seinem 
Konkurrenten im eigenen Lager 
könnte sein Bruder Mohammad- 
Reza Chatami werden, der für eine 
radikalere Liberalisierung eintritt 
als der Präsident. 
Ihm und seiner Gruppierung, die 
sich «Partei der Kollektiven Zusam 
menarbeit» nennt, räumten Beob 
achter gute Wahlchancen ein. Da 
die Stimmen mit der Hand und 
nicht elektronisch ausgezählt wer 
den, ist das Wahlergebnis nicht vor 
Freitag kommender Woche zu er 
warten. Bereits an diesem Samstag 
könnten aber erste Trends bekannt 
werden. 
Parteibündnisse 
Chatamis Anhänger setzen dar 
auf, die Mehrheit der Konservativen 
zu brechen, die von Chamenei ange 
führt werden. Reformer und Kon 
servative haben sich jeweils zu Par 
teibündnissen zusammengeschlos 
sen. 
Wichtigste Reformgruppen sind 
die Chatami nahe stehende Islami 
sche Iranische Beteiligungsfront, 
die linke Liga militanter Geistlicher 
und die zentristische Gruppe Aus 
führende der Aufbaupartei. Sie ver 
sprachen im Wahlkampf soziale und 
politische Reformen. Auch konser 
vative Politiker haben sich zu Ver 
änderungen bereit erklärt. Zugleich 
warnen sie jedoch vor einer Verwäs- 
serung des islamischen Glaubens. 
1-71 . , 
CDU wartet bis Ende März 
Als Fraktionsführer wurde Friedrich Merz nominiert 
BERLIN: Die deutschen Christde 
mokraten (CDU) wollen Ende März 
über ihren künftigen Parteichef be 
raten. Zuvor soll in Regionalkonfe 
renzen bis zum 20. März die Mei 
nung der Basis erkundet werden. 
Als neuer Fraktionschef und damit 
Oppositionsführer wurde der Fi 
nanzpolitiker Friedrich Merz nomi 
niert. Der44-Jährige soll aber erst am 
29. Februar gewählt werden. Damit 
setzte sich bayerische CDU-Schwes- 
terpartei Christlich Soziale Union 
(CSU) durch, die die Verschiebung 
gefordert hatte. Ursprünglich sollte 
die Abstimmung am kommenden 
Dienstag stattfinden. 
Mit diesen Entscheidungen stell 
ten die CDU/CSU- Parlaments 
fraktion sowie das CDU-Präsidi 
um am Freitag erste Weichen für 
den angestrebten Neuanfang nach 
dem Abgang von Wolfgang 
Schäuble. Der CDU-Partei- und 
Fraktionschef hatte im Zusam 
menhang mit dem Finanzskandal 
der CDU am Mittwoch seinen Ab 
schied aus beiden Führungsämtern 
angekündigt. 
Amtsantritt von Stipe Mesic 
Neuer kroatischer Präsident verspricht Demokratisierung 
ZAGREB: Der neue kroatische 
Präsident Stipe Mesic hat am Frei 
tag sein Amt angetreten. Er ver 
sprach dem In- und Ausland eine 
umfassende Demokratisierung. 
«Wir wollen, dass Kroatien eine de 
mokratische Gesellschaft wird», 
sagte der Zentrumspolitiker in Zag 
reb, nachdem er im Beisein von 
zahlreichen ausländischen Staats 
gästen seinen Amtseid geleistet hat 
te. Zugleich betonte Mesic, dass die 
frühere jugoslawische Teilrepublik 
mit ihren Nachbarn im Frieden le 
ben wolle. 
Der 65-jährige Mesic war am 7. 
Februar zum Nachfolger von Franjo 
T\idjman gewählt worden, der 
Kroatien bis zu seinem Tod im De 
zember mit harter Hand regiert hat 
te. 
Über 70 ausländische 
Delegationen 
Den Amtseid leistete Mesic auf 
dem Markusplatz in der histori 
schen Altstadt von Zagreb. An der 
feierlichen Amtseinführung nah 
men mehr als 70 internationale De 
legationen teil. Die Schweiz wurde 
durch Paul Widmer, Botschafter in 
US-Aussenimihisterin Madeleine Albright gratuliert dem Kroatischen Präsi 
denten Stipe,Mesic. (Bild: Keystone) 
Zagreb, vertreten, Deutschland 
durch Aussenminister Joschka Fi 
scher und die USA durch Aussen- 
ministerin Madeleine Albright. 
Mit dein grossen Aufgebot wollte 
die internationale Gemeinschaft ih 
re U nterstützung für demokratische 
Reformen in Kroatien demonstrie 
ren. Die starke Beteiligung stand in 
krassem Gegensatz zur Beerdigung 
seines Vorgängers Tbdjman im De 
zember, der das Ausland fast ge 
schlossen fern geblieben war. 
In seiner ersten Rede als neues 
Staatsoberhaupt verbürgte sich Me 
sic dafür, dass in Kroatien künftig 
die Menschenrechte, die Rechte der 
Minderheiten und die Pressefrei 
heit geachtet würden. Auf der 
Grundlage der Marktwirtschaft sol 
le das Land zu einem «sozial verant 
wortlichen Staat» werden. 
Für den Vorsitz der CDU-Bundes- 
partei wurden neben Generalse 
kretärin Angela Merkel auch die 
früheren Minister Volker Rühe und 
Jürgen Rüttgers als mögliche Kan 
didaten genannt. Rühe bewirbt sich 
am 27. Februar in Schleswig-Hol 
stein, Rüttgers am 14. Mai in Nord 
rhein-Westfalen um das Amt des re 
gionalen Regierungschefs. 
LePen Wagt ' ■. 
STIUSSBÜRCfe 5 Dw?ÖieflM ; ! 
rechtsradikalen' ' französischen 
Front National (FN), Jean-Marie 
Le Pen.hat beim Europäischen. 
iGeii&^öffOr Mei|s$enrechte 
Besch werde gegen »"Frankreich 
eingelegt- Le Pen wolle gegen 
den von ("Patis 
Entzug seiner politischen Man 
date vorgehen, teiit&das Gericht 
mit. Demnachr«ii»«^ii'de^.71 : 
jährige Etuopaabgeordnete Un 
ter 
gen Artikel sechs der*£urop8i- 
i sehen Memchemecht&pnventi- 
; ön geltend; der jedem Bürger das 
.' .Recht auf einen faueotjfrbzess 
garantiert Der Menschenrechts- 
gerichtshof.wiUzunächst.prüferiV 
' ob die Klage zulässig 'ist. Dies 
werde vermutlich mehrere Mo 
nate dauern, sagte ein«perichts- 
, Sprecher. DerFN-Chelf'war we- 
i gen eines Äks 
rtejpfauftrroy,^ 
| die Dauer eioM J%^für un- 
!j *Vählbär erWärCWdei&pas Pa- 
|risei: Aussen^iis^ndpi; leitete 
^daraufhin; 1 ©«* Verfäiiren zum 
Entzug ayperMandate ein. Aus 
ser Le Pen 
auch*Regionalpar- ' 
11 am^öy^er SftdMjf^P^Osisch ea Re-
	        

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