Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Voiksblatt 
Ausland 
Freitag, 18. Februar 2000 31 
IJUJ!IJIJ!HIJJI 
D'Alema wegen 
Schröder verärgert 
ROM: Der italienische Ministerpräsident Mas- 
simo D'Alema ist über Äusserungen von Bun 
deskanzler Gerhard Schröder (SPD) zu rechts 
gerichteten Parteien in Italien verärgert. D'Ale 
ma forderte Schröder am Donnerstag im römi 
schen Parlament auf, seine Haltung zur Frage 
einer eventuellen Regierungsbeteiligung italie 
nischer Neofaschisten zu überdenken. Er habe 
den Botschafter in Berlin angewiesen, Schröder 
dies zu übermitteln. D'Alema warf Schröder 
vor, ein «begrenztes Wissen über die Lage der 
rechten Parteien in Italien» zu haben. Deren Po 
sitionen hätten «nicht das Geringste mit denen 
des rechtspopulistischen österreichischen FPÖ- 
Chefs Jörg Haider zu tun», sagte der Minister 
präsident. Keine der Parteien in der Allianz 
«Pol der Freiheit» vertrete rechtsextreme oder 
antidemokratische Positionen. In einem am 
Donnerstag in der Wochenzeitschrift «Die 
Zeit» veröffentlichten Interview hatte Schröder 
deutlich gemacht, dass die Europäische Union 
(EU) bei einer erneuten Regierungsbeteiligung 
italienischer Neofaschisten ähnlich reagieren 
würde wie im Falle der FPÖ in Österreich. Als 
die neofaschistische Allianza Nazionale/Movi- 
mento sociale Italiano (AN-MSI) vor sechs Jah 
ren an der Regierung von Silvio Berlusconi be 
teiligt war, hatten die EU-Staaten keinerlei Re 
aktion gezeigt. 
Johannes Rau: Israel- 
Besuch positiv 
TEL AVIV: Der deutsche Bundespräsident Jo 
hannes Rau hat am Donnerstag eine positive 
Zwischenbilanz seines Israel-Besuchs gezogen. 
Am Rande der Visite vereinbarten Deutschland 
und Israel, den Jugendaustausch zu intensivie 
ren. Bei seinem ersten Staatsbesuch ausserhalb 
Europas sei es ihm um die Verbindung der Ver 
gangenheit mit der Zukunft in den Beziehun 
gen beider Länder und um den Friedensprozess 
im Nahen Osten gegangen, sagte Rau in Tel 
Aviv. Er zeigte sich überzeugt, dass in Israel die 
Hoffnung und die Bereitschaft für einen Nah 
ost-Frieden nicht nachgelassen habe. Bei seinen 
bevorstehenden Gesprächen mit der Führung 
der Palästinenser und Ägyptens werde dies 
auch ein Thema sein. Ein Schwerpunkt seiner 
Israelreise sei die Frage der Generationen ge 
wesen, sagte Rau weiter. Er zeigte sich zufrie 
den über das Jugendabkommen, das die zustän 
digen Minister beider Länder am Donnerstag 
unterzeichneten. «Im Jugendaustausch gilt es, 
die Erinnerung an den Holocaust wach zu hal 
ten und an die nachfolgenden Generationen 
weiterzugeben»,sagte die deutsche Familienmi 
nisterin Christine Bergmann. Vor allem in den 
neuen Bundesländern gebe es einen erhebli 
chen Nachholbedarf. In der DDR sei die Infor 
mation über Israel sehr bescheiden gewesen. 
Am Donnerstagvormittag hatte Rau in der Ne- 
gevwüste den Grundstein für ein neues Wüs 
tenforschungsinstitut gelegt, das von Deutsch 
land mit einem Darlehen von 50 Millionen 
Mark gefördert wird. Anschliessend besuchte 
Rau das Grab des ersten Ministerpräsidenten 
Israels, David Ben.Gurion. 
Palästinenser 
protestieren 
RAMALLAH: Die Palästinenser werden die 
Annexion von palästinensischem Boden im 
Westjordanland und im Gazastreifen als Teil ei 
ner endgültigen Friedensregelung ablehnen. 
Dies erklärte der palästinensische Planungsmi 
nister Nabil Schaath am Donnerstag. «(Mini 
sterpräsident Ehud) Barak täuscht sich, wenn er 
glaubt, dass das palästinensische Volk Kompro 
misse eingeht, wenn es um den (israelischen) 
Rückzug zu den Grenzen vom 4. Juni 1967 geht», 
sagte Schaath in Ramallah. Israel hatte im 
Sechs-Tage-Krieg im Juni 1967 das Westjordan 
land und den Gazastreifen besetzt. Palästinen 
serpräsident Jassir Arafat hatte der Regierung 
Barak vorgeworfen, den Palästinensern im Rah 
men eines endgültigen Abkommens nur 45 Pro 
zent des Westjordanlandes übergeben zu wollen. 
Wer wird Schäublenachfolger? 
Nach dem Rückzug von Wolfgang Schäuble: Intensive Beratungen hinter verschlossenen Türen 
BERLIN: Einen Tag nach dem 
Rückzug Wolfgang Schäubles 
von der Spitze der deutschen 
Christdemokraten (CDU) hat 
die Partei am Donnerstag fie 
berhaft über Schäubles Nach 
folge an der Partei- und Rakti- 
onsspitze beraten. 
Als Kronfavoritin für den Partei 
vorsitz galt Generalsekretärin An 
gela Merkel. Zahlreiche CDU-Spit 
zenpolitiker sprachen ihr das Ver 
trauen aus. Merkel habe sich hohe 
Glaubwürdigkeit bei der Auf 
klärung der Finanzaffären ver 
schafft, hiess es. Sie sei imstande, die 
Partei aus dem Spendensumpf zu 
ziehen. 
Vorbehalte gegenüber der aus 
Ostdeutschland stammenden 45- 
jährigen Diplomphysikerin gab es 
allerdings vereinzelt von CDU- Po 
litikern im Westen sowie von der 
bayerischen Schwesterpartei 
Christlich-Soziale Union (CSU). 
Rühes und Vogel 
Als Alternative zu Merkel wur 
den am Donnerstag auch der ehe 
malige Verteidigungsminister 
Volker Rühe sowie der thüringische 
Ministerpräsident Bernhard Vogel 
genannt. Die Chancen Rühes hän 
gen allerdings vom Abschneiden 
der CDU bei der Regionalwahl in 
Bildkompositionen mit der CDU-Generalsekretärin Angela Merkel und 
dem Finanzexperten Friedrich Merz. (Bild: Keystone) 
Schleswig-Holstein ab, wo Rühe als 
Spitzenkandidat antritt. Der 67- 
jährige Vogel wäre nach Angaben 
aus Parteikreisen höchstens eine 
Übergangslösung. Erneut fiel auch 
der Name des populären sächsi 
schen Ministerpräsidenten Kurt 
Biedenkopf. Am Abend stand eine 
Sitzung des CDU-Parteipräsidiums 
an, in der unter anderem Personal 
fragen beraten werden sollten. Die 
neue Parteiführung soll beim Par 
teitag im April gewählt werden. 
Merz als Fraktionschef gesetzt 
Bereits früher wird über den Vor 
sitz der CDU/CSU- Bundestags 
fraktion entschieden. Hier gilt als 
Nachfolger Schäubles der 44-jährige 
CDU-Finanzexperte Friedrich Merz 
als gesetzt. Seine Wahl wird vermut 
lich nächste Woche erfolgen. Die 
CSU hatte Volker Rühe favorisiert. 
Die Wahl der Vizefraktionschefs 
wurde nach heftigem Widerstand 
der CSU hingegen auf übernächste 
Woche und damit nach der Wahl in 
Schleswig-Holstein verschoben. Als 
Grund wurde genannt, eine Kandi 
datur Rühes für einen Fraktions- 
pos-ten würde als Zeichen für eine 
erwartete Wahlniederlage im Nor 
den interpretiert. 
Am Donnerstag wurde die tiefe 
Verärgerung Schäubles über den 
früheren Bundeskanzler Helmut 
Kohl öffentlich, von dem er 1998 
nach der verlorenen Bundestags 
wahl den Partei vorsitz übernommen 
hat und der als einer der Haupt 
schuldigen an der Finanzaffäre gilt. 
Entscheidendes Wochenende 
US-Vorwahlen: Für George Bush junior geht es in South Carolina um Sein oder Nichtsein 
WASHINGTON: Für George Bush 
jr. heisst es bei der Vorwahl in South 
Carolina an diesem Samstag bereits 
Sein oder Nichtsein. 
Herbert Winkler 
Verliert der Gouverneur von Texas 
nach der Aufsehen erregenden 
Schlappe in New Hampshire auch 
den ersten Wählertest im Süden der 
USA gegen seinen Herausforderer 
John McCain, dürften dem Favori 
ten für die Nominierung zum Präsi 
dentschaftskandidaten der Republi- 
, kanisqjien P^yrte^nac^ allgemeiner 
Einschätzung wohl die Luft und das 
Geld ausgehen. Und die «McCain- 
Meuterei», wie das Magazin «Time» 
es nannte, hätte die Machtverhält 
nisse völlig auf den Kopf gestellt. 
Umfragen zeigen, dass sich die 
beiden Männer in South Carolina 
ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern. 
Dort können nicht nur republikani 
sche Mitglieder, sondern auch De 
mokraten und Unabhängige mit 
stimmen - und die sind mehrheitlich 
für McCain. Kein Wunder, dass sich 
der vorher höfliche Wahlkampf 
gründlich gewandelt hat. Gentle 
man Bush startete eine Schlamm 
schlacht. Bei der letzten Fernsehde 
batte vor dem Wahltag ging er wie 
ein Terrier auf McCain los. 
Zweifel und Warnzeichen 
Der 63 Jahre alte frühere Viet- 
nam-Kriegsgefangene prügelte 
zwar zurück. Dennoch wirkte nicht 
der nervöse, aufgedrehte Bush, son 
dern der weisshaarige Senator aus 
Arizona mit der staatsmännischen 
Aura wie der Spitzenreiter. 
Bundesweit ist Bush, 53-jähriger 
Sohn des gleichnamigen republika 
nischen Ex-Präsidenten, seinem 
Gegner organisatorisch und in Um 
fragen weiterhin voraus. Aber erste 
ernsthafte Zweifel und Warnzei 
chen sind da. Der frühere Mitbe 
werber Gary Bauer, ein konserva- 
tiv-religiöser Politiker, unterstützt 
jetzt McCain. 
Ein prominenter Pro-Bush-Re 
publikaner in Kalifornien, Staatsmi 
nister Bill Jones, wechselte das La 
ger. In der gegnerischen Demokra 
tischen Partei befassen sich Strate 
gen bereits mit der Möglichkeit, 
dass sie es bei der Präsidentenwahl 
am 7. November mit McCain zu tun 
bekommen. 
Enttäuschte 
Künftiger SPÖ-Chef Alfre 
WIEN: Mit Alfred Gusenbauer 
«back to the roots» - als Oppositi 
onspartei nehmen die österreichi 
schen Sozialdemokraten (SPÖ) ei 
ne Kurskorrektur vor und positio 
nieren sich klar gegen die Rechtsre 
gierung. 
Personifiziert wird diese Ausrich 
tung durch die Entscheidung für ei 
nen «Roten durch und durch», der 
dennoch pragmatisch genug ist, um 
jene Wähler zurückzugewinnen, die 
sich in den letzten Jahren von der 
SPÖ verabschiedet haben. 
Erst folgte der 40-jährige ehema 
lige Jungsozialist Gusenbauer auf 
«Spin Doctor» Andreas Rudas in 
der Funktion des SPÖ-Geschäfts- 
führers, nun übernimmt er den Par 
teivorsitz vom «Macher» und Quer 
einsteiger Viktor Klima. Mit Gusen 
bauer erhält die SPÖ den jüngsten 
Vorsitzenden ihrer Geschichte. 
Rascher Aufstieg 
Sein Amt als Geschäftsführer der 
Bundespartei trat Gusenbauer erst 
am 31. Januar an. Durch seinen 
zweiten Karrieresprung binnen kür 
zester Zeit hat Gusenbauer nun alle 
Möglichkeiten zu realisieren, was er 
sich vorgenommen hat: Die SPÖ zu 
modernisieren, sie für breite Schich- 
iickgewinnen 
ibauer: Eine «Roter durch und durch» 


Alfred Gusenbauer (rechts) folgt auf den entthronten Kanzler Viktor Klima. 
Kodtlehnt w 
Rucktrit&aE^ 
WIESBADEN: H^senÄ,^pst-[; 
demokratisier 
>deatyRolai$ .Kochl hatJÄea' 
^ Rücktritt ;eimeut abgelehnE^Sa, 
lange ■die Mchrheit im 
i sehen?I^uidtag^i^ Vdrl 
stet 
rung, unter, meine 
Amt bleiben», sagte 
Donnerstag*,vor demLsÄi^a^iii | 
? Wiesbadeou Koch war iq ii&c JR-ü 
nanzaffäre der Hessen-CÖ^uri- 
iter.Dmcl^geraten|wäi^^iil 
Beteiligung ^einsi^ßU^ling 
vde&i; CDU-RechcnsÄsb< 
' richts einräümen iÄuMit^wMaer- f 
"^lllies I 
:dieLÖSej0<^^g^^dn* Diej 
demok&te 
noch ah wf u* 
Kocbfes^aui 
der B'unÜc"' 
ten zu öffnen und die Jugend sowie 
Vertreter der höheren Bildungs 
schichten wieder ins rote Lager zu 
holen. 
Dass die Kern- und Stammwähler 
dabei nicht zu kurz kommen wer 
den, dafür bürgt Gusenbauers Le 
benslauf: Er kennt die Partei von 
Grund auf, die Gepflogenheiten 
und Befindlichkeiten, er weiss, wie 
man Akademiker erreicht, kann es 
aber auch mit der vielzitierten Ba 
sis. Gusenbauer wurde am 8. Feb 
ruar 1960 in St. Pölten geboren, 
der Hauptstadt des Bundeslandes 
Niederösterreich. Von 1978 bis 
1987 studierte er in Wien Politik 
wissenschaft, Philosophie und Jus 
und schloss sein Studien mit dem 
Dr. phil. ab. 
zung-eity^ 
schusses 2ur< 
" . . tfeirs-1 
rwaiuafßrey 
iwid Regie
	        

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