Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2000)

Liechtensteiner Volksblatt 
Inland 
Freitag, 18. Februar 2000 3 
Die gesündere Lösung geht an Krücken» 
Stellungnahme zur Kostensituation bei der Gesundheitsreform von Helmut Konrad und Marco Ospelt,Abgeordnete der FBPL 
Ab ersten April dieses Jahres gel- 
ten die Abänderungen des Geset 
zes über die Krankenversicherung. 
Das ist in weniger als eineinhalb 
Monaten. Die Regierung hatte En 
de 1998 in einer Broschüre gross- 
mündig eine gesündere Lösung für 
die ständig steigenden Kranken 
kassenprämien versprochen. 
Flockig hatte damals der Gesund 
heitsminister von einer Gesund- 
heitsreform gesprochen, die er er 
arbeitet habe. Es hat dann bis Mit 
te September 1999 gedauert, bevor 
der Landtag diese Reform mit den 
Stimmen der VU und der freien 
Liste verabschiedet hat. 
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Helmut Konrad und Marco Ospelt, 
Abgeordnete der FBPL 
Inzwischen hat die Regierung oberfläch 
lich geplant und flüchtig gearbeitet, so 
dass bis heute ihre Verordnungen zum 
neuen Gesetz nicht vorliegen. Niemand 
kennt bisher die entscheidenden Details 
der vor mehr als zwei Jahren «erarbeite 
ten» Gesundheitsreform. 
Rückzug der meisten 
Krankenkassen 
Was wir bisher wissen, haben wir nicht 
von der Regierung erfahren. Völlig un 
erwartet, wie es Regierungschef Mario 
Frick zugab, haben die meisten schwei 
zerischen Krankenversicherungen ihren 
Rückzug aus Liechtenstein bereits be 
schlossen, die grösste Kröte, die noch zu 
schlucken sein wird, ist der vermutliche 
Rückzug der Christlich-Sozialen Kran 
kenkasse (CSS). 
Was bleibt ist eine 
, Krankenkassen- 
Monokultur, die nichts 
Gutes verheisst 
Was bleibt in Liechtenstein, ist eine 
Krankenkassen-Monokultur, die nichts 
Gutes verheisst und die vor allem auch 
die Regierung nicht wollte. Das will man 
aber heute nicht mehr wahr haben. Man 
habe die Revision des Krankenversiche 
rungsgesetzes nicht für die schweizeri 
schen Versicherer gemacht, tönt es lapi 
dar aus dem Mund des für diese Ge 
sundheitsreform verantwortlichen Vize- 
Regierungschefs Michael Ritter. 
Enorme Steigerung der 
Systemkosten 
Die schweizerischen Krankenkassen 
begründen ihren Rückzug damit, dass 
sie ihren Versicherten die aufgrund der 
Gesundheitsreform voraussehbaren 
enormen Kostensteigerungen nicht auf 
die Prämien abwälzen wollten. Man er 
innere sich: Angetreten ist die Regie- 
Helmut Konrad, Abgeordneter der FBPL:«Generell lässt sich aber trotz punktueller Entlastungen feststellen, dass das Budget 
der Versicherten ßrdie Gesundheitskosten stärker belastet wird. Das gilt insbesondere im Krankheitsfall. Erwachsene haben im 
Krankheitsfall durch die Einführung eines Selbstbehaltes und einef Jahresfranchise bb zu 400 Franken jährlich im Hausarzt 
system, bis zu 800 Franken bei freier Arztwahl aus der eigenen Tasche zu bezahlen.« (Archivbild) 
rung zur Gesundheitsreform mit dem 
Anspruch, den Anstieg der ständig und 
unverhältnismässig steigenden Ge 
sundheitskosten zumindest einzudäm 
men, wenn nicht sogar diese Kosten zu 
reduzieren. Die liechtensteinische Lö 
sung, die die Regierung erarbeitet hat, 
schafft dies nicht. Die Reform wird, wie 
die Reaktion der Krankenkassen zeigt, 
eine gehörige Verteuerung bringen, da 
man ihr in den Verhandlungen mit den 
involvierten Kreisen alle Ecken und 
Kanten genommen hat. 
Das «Kernstück» der Reform, das 
Hausarztsystem, bringt in der vorliegen 
den Form keine Einsparungen, sondern 
einen enormen Verwaltungsaufwand, 
der zu Lasten der Krankenkassen und 
damit der Versicherten geht. Sie werden 
künftig noch mehr zur Kassa gebeten. 
Äusserst bedenklich dabei ist, dass diese 
Mehrbelastungen für die Versicherten 
nicht zu einem Mehr an Leistungen und 
Qualität führen, sondern dass praktisch 
alles in den immensen für die Leistungs 
erbringer und die Krankenkassen anfal- 
lenden Verwaltungsaufwand fliesst. 
Versicherte als Geprellte 
Für diese zusätzlichen Kosten müssen 
die Versicherten herhalten. Zwar wer 
den einige Entlastungen eingestreut, wie 
zum Beispiel die aus familienpolitischen 
Gründen auch von der FBPL geforderte 
Prämienbefreiung für Kinder. Auch die 
Prämienreduktion für die Versicherten, 
die sich auf Kosten der freien Arztwahl 
für das Hausarztsystem entscheiden, 
bringt eine Entlastung. Mit ca. 15 - 19 
Franken pro Monat, wie es die LKK an 
gekündigt hat, fällt diese allerdings recht 
bescheiden aus. Es scheint fast, als hoff 
ten die Verantwortlichen, dass so nur we 
nige in das Hausarztsystem wechseln, 
weil man selbst nicht an dessen Erfolg 
glaubt. 
Generell lässt sich 
aber trotz punktueller 
Entlastungen 
feststellen, dass das 
Budget der 
Versicherten stärker 
belastet wird 
Generell lässt sich aber trotz punktu 
eller Entlastungen feststellen, dass das 
Budget der Versicherten für die Gesund 
heitskosten stärker belastet wird. Das 
gilt insbesondere im Krankheitsfall. Er 
wachsene haben im Krankheitsfall 
durch die Einführung eines Selbstbehal 
tes und einer. Jahresfranchise bis zu 400 
Franken jährlich im Hausarztsystem, bis 
zu 800 Franken bei freier Arztwahl aus 
der eigenen Tasche zu bezahlen. Das ist 
ein Vielfaches dessen, was heute mit der 
Krankenscheingebühr als Kostenbeteili 
gung zu leisten ist. Zu, diesen Belastun 
gen kommt für ca. 70 Prozent der Versi 
cherten noch die Prämienerhöhung da 
zu, die aus dem Wegfall der Kollektiv 
versicherung resultiert. Damit werden 
die eingangs erwähnten Entlastungen 
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mehr als nur «weggefressen». Noch 
massiver steigende Kosten hat zu erwar 
tender auf das Hausarztmodell verzich 
tet - nicht nur durch die doppelte Ko 
stenbeteiligung sowie den allfälligen 
Wegfall der Kollektivversicherung, son 
dern auch durch zu erwartende deftige 
Prämienerhöhungen. Zur Kassa gebeten 
werden bei dieser VU-Gesundheitsre- 
form also.ganz allgemein die Versicher 
ten. Falls man diesen allein nicht alles zu 
muten kann, muss dann halt auch der 
Staat noch mit einer Erhöhung der Sub 
ventionen eingreifen. Wir kennen das ja 
von derTelefonie. 
Null Information für alle 
Beteiligten 
Da bisher die Verordnungen der Re 
gierung zum neuen Gesetz ebenso wie 
die Versicherungsbedingungen für das 
Hausarztsystem fehlen, bleiben vorerst 
einmal alle Beteiligten völlig im Unge 
wissen - die Leistungserbringer, die 
Krankenkassen und die Versicherten. 
Aus schierer Ratlosigkeit macht die 
LKK in diesen Tagen eine unverbindli 
che Umfrage, wer von ihren Mitgliedern 
sich eher für das Hausarztsystem, wer 
für die freie Arztwahl entscheiden wer 
de. Die Versicherten müssen dabei mehr 
oder weniger aus dem hohlen Bauch 
heraus entscheiden, ohne auch nur im 
Entferntesten zu wissen, wie die Prä 
mienunterschiede aussehen - und das 
gut einen Monat vor Inkrafttreten des 
Gesetzes. 
Zur Kassa gebeten 
werden bei dieser VU- 
Gesundheitsreform 
die Versicherten 
Dieses Vorgehen der LKK aus einer 
verständlichen Hilflosigkeit heraus 
zeigt, dass die Regierung dringendst in 
formieren mtisste, wie es weitergehen 
soll. Die Regierung ist hier mehr als nur 
gefordert. Dass sie was tut, hat man uns 
lange genug einzubauen versucht, zu- 
mindestens in Bezug auf die Gesund 
heitsreform wüssten viele Bürgerinnen 
und Bürger endlich gerne was. 
Die Krankenkasse CSS wird morgen Samstag entscheiden, ob sie unser Land verlässt oder nicht. Der Wegzug aus Liechtenstein 
dürfte nur noch Formsache sein. Dann müssen 8500 Versicherte eine neue Krankenkasse suchen. . . ' 
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Seit dem 1.1.2000 
leiten wir die Geschicke der 
ReviTrust-Gruppe zu drittl 
Wir stellen Ihnen gerne unseren neuen 
Partner vor: 
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Herr Rainer Marxer aus Ruggell 
Nach dem Abschluss als dipl. Betriebsökonom HWV in 
St. Gallen arbeitete er während drei Jahren bei der KPMG 
Fides Peat in St. Gallen wo er die Ausbildung zum Liechten 
steiner Treuhänder und eidg. dipl. Wirtschaftsprüfer 
absolvierte. Seit dem 1.1.1999 leitet Rainer Marxer die 
Abteilung Wirtschaftsprüfung und -beratung bei der 
ReviTrust. 
Patrick Hilty Horst Büchel Rainer Marxer 
ReviTrust Treuhand AG 
Bahnhofistrasse 16 
FL-9494 Schaan
	        

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