Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Strukturierung der grundrechtlichen Argumentation eingriff in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Ziel steht (Verhältnismässigkeit im engeren Sinne, Proportionalität, Zumutbar- keit).338 Auf diese Linie eines akzentuierten verfassungsgerichtlichen Kontroll­ massstabes, wie er vom schweizerischen Bundesgericht339 und vom deut­ schen BVerfG340 seit langem praktiziert wird, ist der liechtensteinische StGH - ähnlich wie der österreichische Verfassungsgerichtshof -341 erst verspätet eingeschwenkt. Die einschlägige Judikatur des StGH enwickelt sich dabei eher zag­ haft. Zunächst ist mehr formelhaft vom Grundsatz der Verhältnismässig­ keit die Rede.342 Grundsätzlichere Ausführungen finden sich erst in den Entscheidungen des StGH zur Zwangsmitgliedschaft in der Gewerbege­ nossenschaft. In seinem Urteil vom 2. Mai 1988 stellt das Gericht klar, dass auch grundsätzlich zulässige Freiheitsbeschränkungen "geeignet, erforderlich und zumutbar sein" müssen, wobei er allerdings in der Beurteilung dieser Fragen dem Gesetzgeber einen erheblichen Spielraum politischer Gestaltungsfreiheit zubilligt.343 Für den konkreten Fall der Pflichtmitgliedschaft bei der Gewerbe- und Wirtschaftskammer bejaht der StGH zunächst die Geeignetheit der Massnahme zur Verfolgung der angestrebten wirtschaftspolitischen Zwecke. Der Eingriff erscheine auch als notwendig und nicht übermässig, weil die angestrebten legitimen Ziele voraussetzten, dass grundsätzlich alle Betriebsinhaber erfasst wür­ den. Die Pflichtmitgliedschaft sei auch zumutbar, da sie angesichts der geringen Belastung des Einzelnen nicht zu einem Missverhältnis zwi­ schen dem verfolgten öffentlichen Interesse einerseits und der Freiheits­ beschränkung andererseits führe.344 550 S. nur J. P. Müller, Elemente, S. 132 f.; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 318 ff. "9 S: z.B. BGE91 I 4M m.w.Nachw.; BGE 103 I a 552 ff.; BGE 110 I a 102 ff. ,4° S. z.B. BVerfGE 30, 292 (316 ff.); s. näher auch Eberhard Grabitz, Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, AöR 98 (1973), 568 ff. 341 Zur inzwischen erfolgten Anerkennung des Übermassverbocs in seiner dreifachen Aus- differenzierung in der österreichischen Grundrechtslehre s. etwa Walter Berka, Die Gesetzesvorbehalte der Europäischen Menschenrechtskonvention, Österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht und Völkerrecht 37 (1986), 71 (89 f.); Stelzer, Wesens- gehaltsargument, S. 143 ff., 166; Christiana Pollak, Verhältnismässigkeitsprinzip und Grundrechtsschutz in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs und des Oster­ reichischen Verfassungsgerichtshofs, 1991, S. 69 ff. und 121 ff. ,42 S. beispielhaft StGH 1977/8 - Entscheidung vom 21. November 1977, LES 1981, 48 (52). S. StGH 1985/11 - Urteil vom 2. Mai 1988, LES 1988, 94 (99 f.). AaO, S. 100. 100
	        

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