Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Grundrechte in der Privatrechtsordnung ben; es handelt sich vielmehr um eine komplexe Konkretisierungsauf­ gabe. Diese obliegt primär dem Gesetzgeber, der zu einer grundrechts­ adäquaten Ordnung der Privatrechtsbeziehungen aufgerufen ist. Das rechtsstaatliche Gebot der Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der Rechtsordnung lässt es nicht zu, die geforderte Herstellung praktischer Konkordanz dem von Einzelfall zu Einzelfall entscheidenden Richter zu übertragen. Hier hat der Gesetzgeber hinreichend klare und detaillierte Regelungen vorzugeben. Die Gerichtsbarkeit ist erst dann auf den Plan gerufen, wenn der Gesetzgeber seiner Schutzpflicht nicht oder nur unzureichend nachgekommen ist. In einem solchen Fall der Verletzung des Untermassverbotes hat der Richter entweder eine für verfassungs­ widrig gehaltene Regelung dem Verfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen oder aber im Wege verfassungskonformer Auslegung die Schutzfunktion der Grundrechte selbst zur Geltung zu bringen.234 Die richterliche Konkretisierung grundrechtlich gewährleisteter Rechtsgüter und die damit verknüpfte Abgrenzung kollidierender Grundrechts­ sphären kann sich dabei nur am konkreten Fall und im Blick auf spezifi­ sche Grundrechte bewähren. Allgemeine dogmatische Orientierungsge­ sichtspunkte können dabei die unterschiedlich ausgeprägte "Drittwir- kungsgeneigtheit" einzelner Grundrechtsbestimmungen,235 aber auch typologisch zu erarbeitende Ungleichgewichtslagen sein.236 IV. Grundrechtstatbestand - Grundrechtsschranken - Grundrechtsschrankenschranken: Zur dogmatischen Strukturierung grundrechtlichen Argumentierens Die komplexe funktionellrechtliche Beziehung zwischen dem gestalten­ dem Gesetzgeber und kontrollierender Verfassungsgerichtsbarkeit setzt eine Grundrechtsdogmatik voraus, die zu berechenbaren Ergebnissen 234 Zum ganzen s. Höfling, Vertragsfreiheit, S. 54 f; Stern, Staatsrecht III/l, S. 1575 ff.; Sala- din, Grundrechte, S. 318 ff.; J. P. MüUer, in: Kommentar zur Bundesverfassung, Einlei­ tung Rji. 62 ff.; s. ferner Loebenstein, EuGRZ 1985, 365 (388). Stern, Staatsrecht III/l, S. 1585. 214 Im Blick auf die Privatautonomie etwa Höfling, Vertragsfreiheit, S. 44 ff.; allgemein zu den in den vorliegenden Kontext einzuordnenden Problemen sozialer und gesellschaft­ licher Macht schon früh Hans Huber, Die Bedeutung der Grundrechte für die sozialen Beziehungen unter den Rechtsgenossen ZSR n.F. 74, (1955), 173 ff.; femer Ernst Wolf­ gang Böckenförde, Grundrechtsgeltung gegenüber Trägern gesellschaftlicher Macht?, in: Posser/Wassermann (Hrsg.), Freiheit in der sozialen Demokratie, 1976, S. 77 ff.; Stern, Staatsrecht 111/1, S. 1586 ff.; J. P. Müller, Elemente, S. 85. 79
	        

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