Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Zuständigkeiten Nach der Tschechoslowakei (29. Februar 1920) und Österreich (1. Oktober 1920) war Liechtenstein das dritte Land, welches das als "österreichisches System"72 in der Folgezeit prägend wirkende Modell der verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle eingeführt hat. Ebenfalls an der österreichischen Verfassungsgerichtsbarkeit orientiert war die Übernahme des Instituts der Verfassungsbeschwerde. Hierin aber ist das Fürstentum Liechtenstein weit über das österreichische Vorbild hinaus­ gegangen, indem auch alle letztinstanzlichen Gerichtsentscheidungen als beschwerdefähiger Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Kontrolle unterworfen werden.73 Mit der Fülle seiner Befugnisse war der liechtensteinische Staatsge­ richtshof für lange Zeit geradezu konkurrenzlos im internationalen Ver­ gleich. Erst mehr als ein Vierteljahrhundert später entstand mit dem deutschen Bundesverfassungsgericht ein Staatsorgan mit ähnlicher Kom­ petenzausstattung.74 1. Zuständigkeiten Entsprechend dem Gesetzgebungsauftrag des Art. 104 LV wurden die näheren Bestimmungen über Einrichtung, Status, Zusammensetzung, Zuständigkeiten und Verfahren des Staatsgerichtshofs durch Gesetz vom 5. November 1925 getroffen.75 Die Verfassung benennt ausser in Art. 104 noch in Art. 59 Abs. 2, 62 Buchstabe g und 112 LV Zuständigkeiten des Staatsgerichtshofs. Danach ergibt sich für die Jurisdiktionsgewalt des Staatsgerichtshofs folgende verfassungsrechtliche Kompetenzordnung: (1) Schutz der verfassungsmässig gewährleisteten Rechte (Art. 104 Abs. 1 1. Alt. LV) - der Staatsgerichtshof als "Hüter der Grundrechte"; 73 Zur Klassifikation s. Mauro Cappelletti/Theodor Ritterspach, Die gerichtliche Kon­ trolle der Verfassungsmässigkeit der Gesetze, in: JöR NF 20 (1971), 65 (81). " S. auchG. Batliner, in: LPS 14 (1990), 91 (104, III ff.). 74 Die verbreitete Einschätzung, das Bundesverfassungsgericht entscheide über Fragen des Verfassungslebens "mit einer in historischer wie rechtsvergleichender Sicht einzigartigen Fülle der Kompetenzen" (so - für viele - Klaus Schiaich, Das Bundesverfassungsgericht, 2. Auflage 1991, S. I), lässt sich nur damit erklären, dass die Globalperspektive den Kleinststaat schlicht ausblendet. 75 Gesetz über den Staatsgerichtshof vom 5. November 1925 (LGB1. 1925 Nr. 8); zu den einzelnen Vorschriften s. die Zusammenstellung der einschlägigen Judikatur bei Heinz Josef Stotter, Die Verfassung des Fürstentums Liechtenstein, 1986, S. 175 ff.. 33
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.