Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Verwobenheit der beiden Grundrechtsebenen teilung des Amtes für Auswärtige Angelegenheiten von Ende Juli 1993 hat Liechtenstein inzwischen die Zusatzprotokolle Nr. 2, 3, 5, 6 und 8 ratifiziert. 3. Zur Verwobenheit der beiden Grundrechtsebenen Bereits vor Inkrafttreten der EMRK für Liechtenstein hat der Staatsge- richtshof eine gewisse Ausstrahlungswirkung der Konventionsrechte angenommen: In Zweifelsfällen könnten die Grundrechte der FL-Ver­ fassung "so gedeutet werden, dass ihr Gehalt dem durch die EMRK geforderten Mindeststandard entspricht"52 Auch auf nicht ratifizierte Zusatzprotokolle nimmt der Staatsgerichtshof gelegentlich Bezug.53 Namentlich die zum Teil weitgehende Parallelität der sachlichen Gewährleistungsbereiche der Grundrechte der FL-Verfassung einerseits und der Konventionsrechte andererseits ermöglicht grundsätzlich eine gegenseitig befruchtende Wechselwirkung.54 Im einzelnen erweist sich die Relation beider Grundrechtsebenen aber als komplexes Beziehungs­ geflecht. Dieses lasst sich mit dem Bild zweier sich teilweise überschnei­ dender Kreise darstellen: Zum einen existieren Bereiche, in denen die Liechtensteinische Landesverfassung einen so umfassenden Schutz gewährleistet, dass die entsprechenden Konventionsgarantien daneben vernachlässigt werden können. Für diesen Fall untersagt Art. 60 EMRK es, die Bestimmungen der Konvention als Beschränkung oder Minde­ rung der im innerstaatlichen Recht der Vertragsstaaten verankerten Grundfreiheiten auszulegen. Zum zweiten können sich die sachlichen Gewährleistungsbereiche von Konventionsrechten und nationalen Grundrechten decken. Zum dritten können schliesslich EMRK-Garan- tien in einzelnen Punkten über das hinausgehen, was die FL-Verfassung gewährleistet.55 " So StGH 1977/4 - nicht veröffentlichte Entscheidung vom 19. Dezember 1977, S. 10; s. ferner StGH 1978/12 - nicht veröffentlichte Entscheidung vom 11. Dezember 1978, S. 17. » S. z.B. StGH 1982/65/V - Urteil vom 15. September 1983, LES 1984, 3 (5); StGH 1988/20 - Urteil vom 27. April 1989, LES 1989, 125 (129). * S. Wille/Beck, in: LPS 10 (1984), 227 (248) unter Bezugnahme auf Luzius Wildhaber, Erfahrungen mit der Europäischen Menschenrechtskonvention, ZSR NF 98 (1979) II, 277 (371); aus österreichischer Sicht vgl. etwa Walter Berka, Die Europäische Menschen­ rechtskonvention und die österreichische Grundrechtstradition, ÖJZ 1979, 365 ff. und 428 ff. 55 Vgl. hierzu aus schweizerischer Sicht J. P. Müller, Elemente, S. 178 und 181. 29
	        

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