Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

EMRK-Grundrechte b) Zum innerstaatlichen Geltungsrang der EMRK-Grundrechte Nicht endgültig geklärt ist die Frage, auf welcher Stufe innerhalb der liechtensteinischen Normenhierarchie die seit dem 8. September 1982 als Landesrecht geltende EMRK steht.35 Die Landesverfassung selbst gibt insoweit keine explizite Auskunft. Der Bericht der Regierung vom 1. Juni 1982 ging davon aus, dass die EMRK mindestens auf Gesetzes­ stufe steht, hielt es aber nicht für empfehlenswert, ihr Verfassungsrang zuzubilligen.36 Letzteres ist in Österreich durch Art. II Ziffer 7 BVG vom 4. März 1964 (Österreichisches Bundesgesetzblatt Nr. 59) ge­ schehen.37 Die Abweichung vom das Völkerrecht beherrschenden Grundsatz des Interventionsverbotes, welche die EMRK mit der unmittelbaren riorma- tiven Gewährung von Individualrechten bezweckte, beruht ausschliess­ lich auf der Vertragsgewalt der beteiligten Staaten.38 Ein etwaiger Verfas­ sungsrang der EMRK könnte deshalb wohl nur durch ausdrückliche Anordnung des Verfassungsgesetzgebers bestimmt werden.39 Es bleibt aber die Frage, in welchem Stufenverhältnis die EMRK zum einfachen nationalen Recht steht. Nach allgemeinen Regeln kommt der EMRK nur Gesetzesrang zu.40 Für die Bundesrepublik Deutschland entspricht dies der herrschenden Auffassung,41 und auch das schweizerische Bundesge­ richt scheint hiervon auszugehen.42 Demgegenüber billigt die herr­ schende Doktrin in'der Schweiz der EMRK Übergesetzesrang zu.43 K Zu den einzelnen vertretenen Positionen s. Wille/Beck, in: LPS 10 (1984), 227 (246 ff.); G. Batliner.in: LPS 14 (1990), 91 (149). * S. Bericht der Regierung, S. 25 f. " Einen Überblick über den Geltungsrang der EMRK in den Vertragsstaaten gibt Bern­ hard Schmid, Rang und Geltung der Europäischen Konvention zum Schütze der Men­ schenrechte und Grundfreiheiten vom 3. November 1950 in den Vertragsstaaten, Diss. Base) 1984; s. femer Klaus Stern, Staatsrecht I1I/1,1988, S. 278 f. 3S S. auch Stern, Staatsrecht III/l, S. 278. » S. auch Villiger, EuGRZ 1991, 81 (83). 4 So für die Bundesrepublik Deutschland, Italien und das Fürstentum Liechtenstein auch Villiger, EuGRZ 1991, 81 (82 m. Fn. 11); gegen Verfassungsrang der EMRK in Liechten­ stein auch Winkler/Raschauer, LJZ 1991,119 (126). 41 S. nur BVerfGE 1, 396 (411); 30,272 (284 f.) sowie Stern, Staatsrecht III/l, S. 278 m.w.N. c S. BGE 111 I b 71 E 3; Villiger, EuGRZ 1991, 81 (82); andere Einschätzungen der Judi­ katur des Bundesgerichts bei J. P. Müller, Elemente, 1982, S. 177. ° S. etwa Luzius Wildhaber, Verfassungsrang der Europäischen Konvention für Men­ schenrechte in der Schweiz?, Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins (ZBJV) 105 (1969), 250 (261); B. Schmid, Rang und Geltung, S. 139 f.; Arthur Haefliger, Die Hierar­ chie von Verfassungsnonnen und ihre Funktion beim Schutz der Menschenrechte, EuGRZ 1990, 474 (480). 27
	        

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