Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Das Recht auf den ordentliche Richter II. Das Recht auf den ordentlichen Richter: Art. 33 Abs. 1 LV 1. Grundsätzliche Bedeutung Nach Art. 33 Abs. 1 LV darf niemand seinem ordentlichen Richter ent­ zogen, Ausnahmegerichte dürfen nicht eingeführt werden. Die Vorschrift stimmt nahezu wortgleich mit Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 104 Abs. 1 GG überein. Auch im österreichischen Verfassungsrecht ist der Grundsatz verankert (s. Art. 83 Abs. 2 B-VG).4 Sein Schutzge­ danke liegt schliesslich auch der Regelung des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK zugrunde, der ein unabhängiges, unparteiliches und auf Gesetz beruhendes Gericht verlangt.5 Art. 33 Abs. 1 LV gehört als Konkretisie­ rung des Gewaltentrennungsgrundsatzes zu den zentralen Elementen einer rechtsstaatlichen Ordnung. Die Garantie will den Missbrauch des Namens und der Form der Justiz zu Akten politischer Willkür verhin­ dern und dadurch das Vertrauen der Rechtssuchenden und der Öffent­ lichkeit in die Unparteilichkeit sowie Sachlichkeit der Gerichte schüt­ zen.6 Die Verfassungsbestimmung vermittelt dem einzelnen einen individu­ ellen Anspruch auf den ordentlichen Richter. Diese subjektive Rechtspo­ sition setzt die Existenz einer gesetzlich normierten Zuständigkeitsord­ nung voraus. Art. 33 Abs. 1 LV enthält deshalb auch eine institutionelle Garantie.7 4 Weitaus stärker als bei den materiellen Freiheitsgarantien ist die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs zur Verfahrensgarantie des Art. 33 Abs. 1 LV der Judikatur des öster­ reichischen Verfassungsgerichtshofs verpflichtet; dazu noch unten. 5 Dazu etwa Gollwitzer, in: Löwe/Rosenberg, Art. 6 Rn. 48 ff.; Villiger, EMRK-Hand- buch, S. 240 ff. 4 Vgl. etwa Jörg Paul Müller, Die Garantie des verfassungsmässigen Richters in der Bun­ desverfassung, Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins 1970, 249 ff.; femer BGE 105 1 a 161; BVerfGE 4, 412 (416). - Ausführliche historische und rechtsvergleichende Hin­ weise bei Eduard Kern, Der gesetzliche Richter, 1927, S. 11 ff. 7 Ebenso für die Schweiz und die Bundesrepublik Deutschland etwa A. Kölz, in: Kom­ mentar zur BV, Art. 58 Rn. 3; Stern, Staatsrecht II, S. 916. 229
	        

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