Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Gleichheitsgrundsatz, Willkürverhot, materielle Gerechtigkeit 2. Zwei Gehalte des Vertrauensgrundsatzes Betrachtet man die Judikatur des Staatsgerichtshofs etwas genauer vor dem Hintergrund der bundesgerichtlichen Praxis, so werden zwei ver­ schiedene Direktiven des Vertrauensgrundsatzes erkennbar: - Das Prinzip von Treu und Glauben ist ein elementares Anliegen der gesamten Rechtsordnung; es ist "im Ethos des rechtsstaatlichen Ver­ waltungsrechts enthalten".125 Damit wird der Bezug zum Willkürver­ bot deutlich. Innerhalb des von diesem abgesteckten Rahmens erweist sich der Vertrauensgrundsatz damit als ein gewichtiger Gerechtigkeits­ aspekt. Soweit nun der Grundsatz von Treu und Glauben als allgemei­ nes Rechtsprinzip verstanden wird, das eine generelle "Verpflichtung zu korrektem, rücksichtsvollem und vertrauenswürdigem Verhalten im Rechtsverkehr zwischen Bürger und Gemeinwesen" statuiert,126 beschränkt sich sein verfassungsgerichtlicher Schutz auf die Willkür­ kontrolle durch den Staatsgerichtshof.127 - Daneben aber kann der Vertrauensgrundsatz je nach den Umständen des Einzelfalles einen subjektiven Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens vermitteln.128 Voraussetzung ist allerdings zum einen das Vorliegen von behördlichen Zusicherungen oder von sonstigem, bestimmte Erwartungen begründenden Verhalten einer Behörde.129 Zum andern muss der Adressat im Blick auf den vertrauenschaffenden behördlichen Akt eine Disposition getroffen haben, die er ohne Scha­ den nicht rückgängig machen kann.130 Allerdings können andere wichtige Rechtsgüter mit dem Vertrauens­ grundsatz kollidieren; es bedarf dann einer Abwägung, d.h. der Herstel­ lung praktischer Konkordanz. So ist davon auszugehen, dass der Gesetz­ geber jederzeit die bestehende Rechtslage ändern kann, etwa im öffent- 124 So Zaccaria Giacometti, Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts, 1960, S. 220 f., auf den zustimmend StGH 1979/7 - Gutachten vom 11. Dezember 1979, LES 1981, 116 (118) verweist, i« So ScGH 1979/7, aaO. 127 Vgl. für die Schweiz J. P. Müller, Grundrechte, S. 255. IJS S. StGH 1979/7, aaO, S. 118; StGH 1992/1 -(noch) nicht veröffentlichtes Urteil vom 17. November 1992, S. 9. So StGH 1992/1, aaO, unter Bezugnahme auf BGE 117 1a 287; StGH 1979/7 - Guiach­ ten vom 11. Dezember 1979, LES 1981, 116(118) spricht von "spezifische(n) Zusiche­ rungen kompetenter Behörden". 130 S. auch StGH 1979/7, aaO; ferner J. P. Müller, Grundrechte, S. 258. 226
	        

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