Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Das Willkürverbot "qualifiziert grob unsachlichen Rechtsanwendung",89 um das Verdikt über ein sinn- und zwecklos(es) Gesetz,90 um die Kassation einer ein­ deutig gesetzwidrigen Entscheidung, und sei die Beschwer auch noch so gering,91 um die Korrektur eines unmöglichen bzw. denkunmöglichen Ergebnisses.92 Die Feststellung von Willkür setzt nicht voraus, dass dem handelnden Staatsorgan ein subjektiver Scbuldvorwurf gemacht werden kann;93 es kommt auf eine objektive Beurteilung staatlichen Handelns an.94 Dies hat der Staatsgerichtshof in seiner Grundsatzentscheidung StGH 1961/195 in Auseinandersetzung mit der abweichenden österreichischen Judikatur und im Anschluss an die neuere Judikatur des schweizerischen Bundesgerichts klargestellt: "Es ist im vorliegenden Falle also nicht zu prüfen, ob bei Verletzung von Verfahrensvorschriften eine subjektiv begründete Benachteiligung vorliegt, ... sondern lediglich ob das for­ melle Recht so wesentlich verletzt wurde, dass es einer Rechtsverweige­ rung gleichkommt".96 Aufgrund seines Charakters als elementaren Gerechtigkeitskriteriums kommt dem Willkürverbot die Funktion eines Auffanggrundrechtes zu.97 In der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs wird dies deutlich im Blick auf die indirekte Subjektivierung der Verfassungsnorm des An. 92 19 So StGH 1985/8 - Urteil vom 9. April 1986, LES 1987, 48 (50); die Formulierung findet sich in allen möglichen Varianten, in denen die Begriffe "qualifiziert", •unrichtig", •grob" und "unsachlich" kombiniert werden. So z.B. StGH 1987/21 und 22 - Urteil vom 4. Mai 1988, LES 1989, 45 (47). " Beispielhaft StGH 1984/18 - Urteil vom 24. April 1985, LES 1987, 33 (36). « S. etwa StGH 1993/1 - Urteil vom 23. März 1993, LES 1993, 89 (90); StGH 1968/1 - Entscheidung vom 12. Juni 1968, ELG 1967-1972, 225 (229); vgl. auch StGH 1961/5 - Entscheidung vom 14. Dezember 1961, ELG 1962-1966, 187 (191): Die Prüfung einer auf Willkür gestützten Beschwerde enthalte auch die "Prüfung, ob eine Entscheidung auf Gesetzlosigkeit beruht, ob ein verfassungsmässiges Gesetz nur zum Scheine oder in einer denkunmöglichen Weise angewendet wurde". " So auch das Bundesverfassungsgericht, s. z.B. BVerfGE 62, 189 (192); 80, 48 (51). — Anders die ältere Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichts; dazu etwa Max Imboden, Der Schutz vor staatlicher Willkür (1945), in: Staat und Recht, 1971, S. 151 f. S. auch J. P. Müller, Grundrechte, S. 239 f. ** Nicht veröffentlichte Entscheidung vom 12. Juni 1961. * So StGH 1961/1, aaO, S. 5. - Einen gewissen "Rückfall in den Subjektivismus" stellt demgegenüber StGH 1977/8 - Entscheidung vom 21. November 1977, LES 1981,48 (52) dar Willkür sei in aller Rege) nicht gegeben, wenn die Behörde sich offensichtlich um eine richtige Lösung bemühe. ,7 Für die Schweiz s. z.B. Hangartner, Grundzüge II, S. 69; Georg Müller, Der Gleich­ heitssatz, WDStRL 47 (1989), 38 (42); vgl. femer Rüfner, in: Bonner Kommentar, Art. 3 Abs. 1 Rn. 24. - Zum Grundrechtscharakters des Willkürverbotes s. J. P. Müller, Grundreche, S. 245 f. in Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BG. 221
	        

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