Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Gleichheitsgrundsatz, Willkürverbot, materielle Gerechtigkeit gelten.79 Doch trotz dieser verbal betont auf Kontinuität zielenden Pas­ sagen der Entscheidung ist eine Neuakzentuierung in der Sache nicht zu übersehen. a) Zur normativen Direktionskraft des Art. 31 Abs. 2 LV Dies ist die zwangsläufige Konsequenz der neuen Verfassungsrechtslage. Durch Verfassungsgesetz vom 16.6.1992, kundgemacht am 14.8.1992 (LGBl. 1992 Nr. 81), ist der neue Art. 31 Abs. 2 eingeführt worden, der bestimmt: "Mann und Frau sind gleichberechtigt". Gem. Ziff. II dieses Verfassungsgesetzes bestimmt aber über die Anpassung des geltenden Rechtes an die Gleichberechtigung der Gesetzgeber, wobei auf eine Fristsetzung verzichtet worden ist. Damit enthält die liechtensteinische Verfassung nunmehr eine Rege­ lung zum Problembereich der Gleichberechtigung der Geschlechter, die als lex specialis dem allgemeinen Gleichheitsgebot des Art. 31 Abs. 1 LV vorgeht.80 Die Bürger bzw. Bürgerinnen können sich unmittelbar auf den Gleichheitsgrundsatz als verfassungsmässig gewährleistetes Recht beru­ fen und mögliche Verletzungen vor dem Staatsgerichtshof geltend machen. Der Gesetzgebungsauftrag, den Ziff. II des Verfassungsgesetzes vom 16.6.1992 formuliert, darf dabei nicht - wie der Staatsgerichtshof betont hat - als ein 'verschleierter' Vorbehalt zum Grundsatz der Geschlechtergleichheit qualifiziert werden. Aus den Beratungen zur Ver­ fassungsergänzung sei erkennbar, dass Art. 31 Abs. 2 LV kein blosser Programmartikel sei, sondern ein "dringlicher Gesetzesauftrag zur Anpassung" gewollt sei.81 b) Die Entscheidung des Staatsgerichtshofs vom 23. März 1993 In der bereits mehrfach zitierten ersten Entscheidung zum Gleichbe­ rechtigungsartikel hat der Staatsgerichtshof versucht, die normative Direktionskraft der Bestimmung näher zu entfalten. Auch wenn sie keine automatische Änderung entgegenstehender alter Vorschriften oder Ergänzung fehlenden Rechtes bewirke, stehe dies ihrer unmittelbaren n AaO, S. 74. 80 SoStGH 1991/14-Urteil vom 23. März 1993, LES 1993, 73 (75). 01 AaO, S. 75. 218
	        

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