Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Gleichheitsgrundsatz, Willkürverbot, materielle Gerechtigkeit Erwägungen zur spezifischen Problematik der Behebung von gleich­ heitswidrigen Konstellationen. Die Rechtsprechung kann zwar im Rah­ men ihres Kontrollauftrages Rechtsfehler beanstanden, nicht aber eine fehlerhafte Rechtslage gestaltend durch eine der möglichen fehlerfreien Alternativen ersetzen.72 In diesem Sinne stellt der Staatsgerichtshof fest: Da er lediglich die angefochtenen Bestimmungen aufheben, nicht hinge­ gen diese durch neue Bestimmungen ersetzen könne und es verschiedene denkbare Varianten zur Beseitigung der beanstandeten Differenzierung gebe, müsse die Neuregelung der angefochtenen Bestimmungen dem Gesetzgeber überlassen werden. Zwar habe er gestützt auf Art. 43 Abs. 2 StGHG das Recht, die Aufhebung verfassungswidriger Bestimmungen - "was hier im übrigen eben nicht der Fall ist" - auf sechs Monate aufzu­ schieben, damit der Gesetzgeber innerhalb dieser Frist eine Neuregelung treffen könne. Da es sich bei dieser Frist aber um eine Maximalfrist handle und im konkreten Fall dieser Zeitraum angesichts der Komple­ xität der neu zu regelnden Materie zu kurz sei, scheide auch eine solche Möglichkeit von vornherein aus. Schliesslich würde die Aufhebung der angegriffenen Regelung auch zu einer Schlechterstellung des Ehemannes, nicht aber zu einer Besserstellung der Ehefrau führen. Eine solche Lösung sei zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, aber auf jeden Fall zu vermeiden, wenn zu erwarten ist, dass der Gesetzgeber sich für eine Besserstellung der Ehefrau und nicht für eine Schlechterstellung des Ehemannes entscheide.73 b) Bewertung der Judikatur Führt man sich die bisherige Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs zur Gleichberechtigung von Mann und Frau nochmals vor Augen, so wird eine äusserst restriktive Haltung74 deutlich. Sie stellt sich dar als das frag­ würdige Ergebnis der Kombination zweier ineinandergreifender Ansätze: (1) Zum einen vertrat der Staatsgerichtshof eine statische, die Normati­ vität des Rechtsgleichheitsgebots für den konkreten Problembereich unzulässig relativierende Auslegung des Art. 31 Abs. 1 Satz 1 LV. 72 Vgl. dazu etwa P. Kirchhof, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, § 124 Rn. 272 ff. » S. StGH 1990/16-Urteil vom 2. Mai 1991, LES 1991,81 (83 f.). 74 StGH 1991/14 — Urteil vom 23. März 1993, LES 1993, 73 (76) spricht von einer "bisher eher zurückhaltende(n) Rechtsprechung". 216
	        

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