Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Gleichheitsgrundsatz, Willkürverbot, materielle Gerechtigkeit senden Massstabsnorm entwickelt.4 Oder in den Worten des Staatsge­ richtshofs: "Der in Art. 31 der Verfassung aufgestellte Gleichheitssatz muss ... als allgemeiner, das gesamte staatliche Leben beherrschender Grundsatz angesehen werden, der von allen staatlichen Organen ... aus­ gestaltet und konkretisiert werden muss".5 Dabei lassen sich im wesent­ lichen vier Teilgehalte des allgemeinen Gleichheitssatzes6 unterscheiden: (1) Er fordert zunächst eine Statusgleichheit, die eine Gleichheit jedes Menschen in Existenzanspruch und Würde, Teilhabe am Recht und Zugehörigkeit zum Sozialstaat anerkennt.7 (2) Sodann verpflichtet der Gleichheitssatz als Gebot der Folgerichtig­ keit, das vor allem Einzelregelungen innerhalb einer Teilrechtsord­ nung aufeinander abstimmt.8 (3) Weiterhin enthält der Gleichheitssatz das Postulat der Sachgerechtig­ keit staatlichen Handelns, das auf die Strukturen der regelungsbe­ dürftigen Wirklichkeit Rücksicht nimmt und die rechtserheblichen Vorgaben erkennt sowie angemessen bewertet. (4) Schliesslich ist der Gleichheitssatz Ausdruck des rechtsstaatlichen Objektivitätsgebots und umfasst insoweit ein Willkiirverhot. Namentlich die beiden letztgenannten Teilgehalte - das Gebot der Sach­ gerechtigkeit und das Willkürverbot - erweisen sich in der verfassungs­ gerichtlichen Praxis als besonders bedeutsam. Sie sind im folgenden näher zu erörtern. 4 S. auch G. Müller, in: Kommentar zur BV, Art. 4 Rn. 19, der von der "Querschnittsfunk- tion" spricht; aus österreichischer Sicht s. zu der angedeuteten Entwicklung etwa Klaus Berchtold, Der Gleichheitssatz in der Krise?, in: Festschrift für Felix Ermacora, 1988, S. 327 ff. 5 So StGH 1975/1 - Entscheidung vom 29. April 1975, ELG 1973-1978, 373 (378). 6 Zum folgenden statt vieler Paul Kirchhof, Der allgemeine Gleichheitssatz, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, § 124 Rn. 193 ff. 7 Hierzu als Beispiel aus der Rechtsprechung des StGH: StGH 1988/3 — Urteil vom 25.10.1988, LES 1987, 53 (55): Die Beschwerdeführerin habe schon aufgrund Art. 31 LV einen Anspruch darauf, in ihr früheres Landes-ZGemeindebürgerrecht wieder aufgenom­ men zu werden, wenn entschuldbare Gründe für die nachträgliche Gesuchstellung vor­ lägen. 8 S. auch StGH 1983/7 - Urteil vom 15. Dezember 1983, LES 1984, 74 (76): Ein normativ vorgegebenes Differenzierungssystem dürfe nicht durch Ausnahmeregelungen unterlau­ fen werden; s. ferner StGH 1986/9 - Urteil vom 5. Mai 1987, LES 1987, 145 (147). 204
	        

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