Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Freiheitsgarantien wirtschaftlichen Handelns Insoweit kann man durchaus von einem Minimalismus in der Kognition sprechen.245 Viele dieser Entscheidungen würden heute - unter Beachtung der neueren dogmatischen Beurteilungskriterien - sicherlich anders aus­ fallen. Dies gilt nicht nur für die Rechtfertigung von berufsrechtlichen Bedürfnisprüfungen,246 sondern auch für die langjährige verfassungs­ rechtliche Zementierung des Oligopols im Bankenbereich. Die Fragwür­ digkeit der seinerzeitigen These, die vorübergehende Sperrung des Zugangs zum Bankgewerbe sei verfassungsgemäss, auch wenn die zeitli­ che Beschränkung nicht kalendermässig fixiert sei,247 ist jedenfalls offen­ kundig. Alles in allem: Die grundrechtliche Gewährleistung der Handels- und Gewerbefreiheit des Art. 36 LV birgt noch genügend "normative Spreng­ kraft" für zahlreiche Bereiche des liechtensteinischen Berufs- und Gewerberechts.248 Zwar können bei bestimmten Berufen im Interesse des Allgemeinwohls durchaus Befähigungsprüfungen und Bewilligungs­ verfahren eingeführt bzw. beibehalten werden, wobei solche Regimes etwa im Blick auf die im Rechtsanwälte- und Treuhändergesetz geregel­ ten Berufsarten vom StGH als verhältnismässig bezeichnet worden sind.249 Doch bedarf es jeweils einer präzise problemstrukturierenden Perspektive, die nicht nur die Eigenart des jeweiligen Berufs einerseits und die Legitimität sowie die Wichtigkeit des zu schützenden öffentli­ chen Interesses andererseits gegenüberstellt,250 sondern darüber hinaus auch Eignung, Erforderlichkeit und Proportionalität des berufsregeln­ den Eingriffs in die verfassungsrechtliche Überprüfung einbezieht. Vor allem eine konsequente verfassungsgerichtliche Kontrolle der Notwen­ digkeit berufs- bzw. wirtschaftsregelnder Massnahmen dürfte sich dabei als besonders grundrechtseffektuierend erweisen. 24S S. a. Saladin, Grundrechte im Wandel, S. 246 Fn. 107, der im Blick auf das Urteil des Bundesgerichts vom 2. Dezember 1953, ZBI. 55 (1954), 211 ff. sogar von einem "uner­ träglichen Minimalismus" spricht. 24ft S. etwa Entscheidung vom 14. Dezember 1949, ELG 1947-1954, 224 (225); Entschei­ dung vom 12. Juli 1950, aaO, S. 237 (240). 247 So StGH 1960/7 - Entscheidung vom I. September 1958, ELG 1955-1961, 125 (129); Entscheidung vom 6. Oktober 1960, aaO, S. 145 (148). 248 Zur möglichen Auswirkung der durchaus vergleichbaren neueren Judikatur des öster­ reichischen VerfGH zur Erwerbsfreiheit auf das Wirtschaftsrecht s. namentlich H. Schaffer, Wirtschaftsfreiheit - Wirtschaftsaufsicht, in: R. Machacek u.a. (Hrsg.), Grund- und Menschenrechte in Österreich, 1991, 649 (659). 249 S. StGH 1985/13-Urteil vom 28. Oktober 1986, LES 1987,41 (42). 250 Als Beispiel s. StGH 1986/11 - Urteil vom 6. Mai 1987, LES 1988, 45 (48 f.) zum Beruf des Buchprüfers. 202
	        

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