Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Freiheitsgarantien wirtschaftlichen Handelns Kerngehalt beeinträchtigen.232 Damit ist für den schrankenziehenden Gesetzgeber seinerseits eine Zulässigkeitsschranke markiert. Nach der Rechtsprechung des StGH ist Art. 36 LV in seinem Kerngehalt verletzt, wenn das Institut der Handels- und Gewerbefreiheit an Gehalt verliert. Das sei beispielsweise anzunehmen, wenn ein gesamter Berufsstand oder zumindest ein grosser Teil davon in seiner Tätigkeit beschnitten oder die Tätigkeit überhaupt verboten würde.233 Einen solchen Fall hat der StGH in einer jüngeren Entscheidung zum Ausschluss juristischer Personen von der Tätigkeit der Steilenvermittlung234 angenommen.235 5. Die Handels- und Gewerbefreiheit zwischen politischem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers und verfassungsgerichtlichem Schutz In der Beurteilung der Fragen, ob Eingriffe in die Handels- und Gewer­ befreiheit geeignet, erforderlich und proportional im Blick auf die Ziel­ realisierung sind bzw. die Substanz des Grundrechts verletzen, steht dem Gesetzgeber - so der StGH - ein erheblicher Spielraum politischer Gestal­ tungsfreiheit zur Verfügung. Notwendigerweise liegen der wirtschafts­ politischen Gesetzgebung236 Diagnose, Prognose und Wertungsurteile zugrunde. Die gesetzgebenden Organe sollen und müssen ggf. ihre Mass­ nahmen auch unter langfristigen Aspekten treffen. Sie besitzen deshalb eine Entscheidungsprärogative: Der StGH als kontrollierendes Organ "darf nur einschreiten, wenn der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum überschreitet".237 Dieser offenkundig einem funk- 212 S. etwa StGH 1985/11 - nicht veröffentlichtes Urteil vom 5. Mai 1987, S. 7; StGH 1985/11 - Urteil vom 2. Mai 1988 (Wiederaufnahmeentscheidung), LES 1988, 94 (99); StGH 1989/3 - Urteil vom 3. November 1989, LES 1990, 45 (47). 2,3 So StGH 1986/11 — Urteil vom 6. Mai 1987, LES 1988, 45 (49); soweit sich der StGH hierbei auf J. P. Müller, Elemente, S. 151, beruft, erscheint dies eher irreführend. S. den als verfassungswidrig aufgehobenen Art. 5 Abs. I Satz 2 des Gesetzes vom 9.9.1960 über die Dienst- und Stellenvermittlung (LGBI. 1960 Nr. 20). "5 StGH 1989/3 - Urteil vom 3. November 1989, LES 1990, 45 (48). "* Die in dem nicht veröffentlichten Urteil vom 5. Mai 1987 - StGH 1985/11 S. 11 ver­ tretene Auffassung, dem Staat seien keine direkten wirtschaftspolitischen Eingriffe gestattet, ist unzutreffend und beruht ganz offenkundig auf einer unzulässigen Paralleli- sierung zu Art. 31 der schweizerischen Bundesverfassung, die der StGH selbst später ausdrücklich verworfen hat; s. demgegenüber auch StGH 1985/11 - Urteil vom 2. Mai 1988 (Wiederaufnahmeentscheidung), LES 1988, 94 (99): Die - als mit An. 36 vereinbar angesehene - Massnahme sei "wesentlich ... wirtschaftspolitisch motiviert". StGH 1985/11 - Urteil vom 2. Mai 1988, LES 1988, 94 (99 f.). 200
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.