Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Die Vereins- und Versammlungsfreiheit heit begründet.68 Das war indes nicht das letzte Wort. Nachdem das Streitverfahren wieder aufgenommen worden war,69 entschied der Staats­ gerichtshof dann endgültig am 2. Mai 1988. In diesem bereits mehrfach zitierten Urteil setzte sich der Staatsgerichtshof rechtsvergleichend mit der aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Frage auseinander, liess sie aber letztlich weitgehend offen. Nach seiner Auffassung betrifft die mit der Beschwerde angefochtene Umlage nämlich den Beschwerdeführer als Gewerbetreibenden. Es geht darum, ob er seinem Gewerbe nachge­ hen könne, ohne Mitglied einer Gewerbe- und Wirtschaftskammer zu sein und die dort erhobenen Umlagen entrichten zu müssen. Es gehe im Kern also um die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit. Dass in diesem Zusammenhang die Mitgliedschaft in einer Vereinigung vorgesehen sei, begründet keine weitergehenden Ansprüche.70 Der Entscheidung ist weitgehend zuzustimmen. Die Zwangsinkorpo- ration in öffentlich-rechtliche Verbände ist das rechtliche Mittel, mit des­ sen Hilfe der Staat einer abgegrenzten Gruppe aufgibt, eine bestimmte öffentliche Aufgabe wahrzunehmen. Die Zwangsmitgliedschaft kontu- riert den Verband, auf den die Verwaltungsaufgabe überbürdet wird. Daran hat sich auch die grundrechtliche Prüfung zu orientieren. Die Auf- gabenüberbürdung ist der eigentliche Grundrechtseingriff; dieser aber ist nicht primär an der Gewährleistung der Vereinsfreiheit zu messen.71 Scheidet somit die Vereinsfreiheit grundsätzlich als Massstab verfas­ sungsrechtlicher Beurteilung Öffentlich-rechtlicher Zwangsverbände aus, so kann Art. 41 LV doch für spezifische Konstellationen seine Direk­ tionskraft entfalten. Dies gilt zum einen dann, wenn die Zwangsinkor­ poration den prinzipiellen Vorrang der freien Verbandsbildung durch echte Aufgabenkonkurrenz in Frage stellt.72 Dies kommt zum andern dann in Betracht, wenn sich der öffentlich-rechtliche Zwangsverband kompetenzüberschreitend betätigt.71 M S. StGH 1985/11 - nicht veröffentlichtes Urteil vom 5. Mai 1987, S. 9 ff.; sehr kritisch hierzu Winkler/Raschauer, LJZ 1991, 119 (121 ff.). w S. StGH 1985/11/W-Urteil vom 11. November 1987, LES 1988,3 f. » S. StGH 1985/11 - Urteil vom 2. Mai 1988, LES 1988, 94 (100 f.). 71 Vgl. auch Löwer, in: Grundgesetz-Kommentar I, Art. 9 Rn. 17. — Dementsprechend nimmt das Bundesverfassungsgericht auch an, Prüfungsmassstab insoweit sei nicht Art. 9 Abs. 1, sondern Art. 2 Abs. 1 GG; s. etwa BVerfGE 10, 89 (99 f.); 38,281 (297 ff.). 72 BVerfGE 38, 281 (298, 303); ähnlich wohl auch EGMR, EuGRZ 1981, 551 ff. 75 So StGH 1985/11 - Urteil vom 2. Mai 1988, LES 1988, 94 (101); ähnlich BGE 110 1 a 36 ff.; das BVerfG rekurriert auch insoweit auf das Auffanggrundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäss Art. 2 Abs. 1 GG. 143
	        

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