Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Glauben, Gewissen, Weltanschauung, Religion Die Schutzfunktion der genannten Grundrechte erstreckt sich zunächst und primär auf die Abwehr staatlicher Eingriffe.7 Daneben ent­ falten die Gewährleistungen aber auch eine objektive - "pragmatisch­ institutionelle"8 - Gewährleistungsdimension im Sinne eines Neutra- litäts- und Toleranzgebotes.9 Zu Recht hat aber das schweizerische Bun­ desgericht hervorgehoben, dass derjenige, der von einer Verletzung des (objektiven) Neutralitätsgebotes betroffen ist, sich "auf diesen Teilgehalt der Religionsfreiheit im Sinne eines individualrechtlichen Anspruchs berufen" kann.10 Von einem strikten Paritätsgebot lässt sich allerdings im Blick auf das Fürstentum Liechtenstein, wie Art. 37 Abs. 2 Satz 1 LV deutlich macht, nicht sprechen. Ähnlich wie in der Schweiz, wo die gemäss der Kompe­ tenzabgrenzung des Art. 3 BV für die Kirchen zuständigen Kantone in unterschiedlicher Ausprägung bestimmte Religionsgemeinschaften privi- legieren,11 qualifiziert Art. 37 Abs. 2 Satz 1 LV die römisch-katholische Kirche als "Landeskirche", die "als solche den vollen Schutz des Staates (geniesst)*.12 2. Der Tatbestand des Art. 37 Abs. 1 LV a) Der sachliche Geltungsbereich aa) Glaube und Gewissen Mit der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Glaubens- und Gewissensfreiheit wird ein selbstverantwortlicher Bereich jedes einzel­ nen Menschen anerkannt, in dem jeglicher staatlicher Zwang ausge- EuGRZ 1982, 441 ff.; Ermacora, Menschenrechte, Rn. 610 ff.; Peter Karlen, Das Grund­ recht der Religionsfreiheit in der Schweiz, 1988; Otto Kimminich, Religionsfreiheit als Menschenrecht, 1990. - Zur Entstehungsgeschichte des Art. 37 LV ausführlich Wille, Staat und Kirche, S. 79 ff., insb. S. 105 ff. 7 Für die Schweiz vgl. etwa Häfelin, in: Kommentar zur BV, Art. 49 Rn. 6; für Deutsch­ land von Münch, in: Grundgesetz-Kommentar I, Art. 4 Rn. 3. 8 So Saladin, Grundrechte, S. 10. 9 Vgl. dazu auch Ulrich Scheuner, Das System der Beziehungen von Staat und Kirchen im Grundgesetz, in: Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, 1. Band, 1974, S. 5 ff.; Saladin, Grundrechte, S. 10 ff.; jüngst dazu auch BGE 118 I a 46 (58). 13 BGE 118 I a 46 (58 f.) unter Bezugnahme auf Karlen, Das Grundrecht der Religionsfrei­ heit, S. 192, 198 und 245. 11 S. den Überblick bei Häfelin, in: Kommentar zur BV, Art. 49 Rn. 17 ff.; zur Zulässigkeit s. z.B. BGE 103 I a 242 (245); BGE 118 I a 46 (48) mit weiteren Nachweisen. 12 Zur Bedeutung der Vorschrift ausführlich Wille, aaO, S. 135 ff. 122
	        

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