Volltext: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

Art. 32 Abs. 1 und Abs. 2 LV wegungsfreiheit geht,1 gibt der Staatsgerichtshof der Gewährleistung der Freiheit der Person eine umfassende Deutung. Danach umfasst Art. 32 Abs. 1 1. Alt. LV nämlich nicht nur die persönliche Freiheit im Sinne der körperlichen Integrität, der Bewegungsfreiheit sowie gewisser minimaler rechtsstaatlicher Garantien, sondern auch einen "Anspruch auf Persönlichkeitsentfaltung".4 Damit erfährt die grundrechtliche Garantie der Freiheit der Person eine gewisse Dynamisierung. Dies gilt um so mehr, als der Staatsgerichtshof seit den späten 80er Jahren in Art. 32 Abs. 2 (!) "allgemein die persönliche Freiheit",5 die Bewegungs­ freiheit und die freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie den Schutz der Geheim- und Privatsphäre geschützt sieht.6 Dieses Interpretationsergebnis wird massgeblich beeinflusst durch die Bestimmung des An. 8 EMRK,7 der in seinem Absatz 1 jedermann einen Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Woh­ nung und seines Briefverkehrs garantiert.8 Allerdings muss es überraschen, dass der Staatsgerichtshof aus den Schrankenklauseln9 des Art. 32 Abs. 2 LV den Tatbestand eines umfas­ senden Freiheitsrechts konstruiert.10 Dies ist eine dogmatisch nicht zu begründende Position. Tatbestandlich werden die genannten Grund­ rechtspositionen in An. 32 Abs. 1 LV garantiert. Aber auch nach dieser Klarstellung bleibt die Frage, ob der Staatsgerichtshof aus der Zusam­ menschau der verschiedenen Gewährleistungen - Freiheit der Person, Hausrecht, Brief- und Schriftengeheimnis - ein einheitliches Grundrecht auf Privatheit und Persönlichkeitsentfaltung kreieren will. Sollte dies in 5 S. z.B. Hans D. Jarass/Bodo Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Kommentar, 2. Auflage 1992, Art. 2 Rn. 58 ff. * So StGH 1977/2 - Entscheidung vom 24. Oktober 1977, LES 1981, 39 (41). 4 In diesem Sinne unausgesprochen wohl auch schon StGH 1978/12 - nicht veröffent­ lichte Entscheidung vom 11. Dezember 1978, S. 17, wo festgestellt wird, dass gegen eine Notfalldienstverpflichtung von Fachärzten - eine gesetzliche Grundlage vorausgesetzt - auch im Blick auf An. 32 nichts einzuwenden sei. » StGH 1987/3 - Urteil vom 9. November 1987, LES 1988, 49 (53); s. auch StGH 1987/16 - nicht veröffentlichtes Urteil vom 3. Mai 1988, S. 5. 7 S. ebenda. s Zum Schutz des Privatlebens durch Art. 8 EMRK s. etwa Mark E. Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), 1993, S. 318 ff; ferner auch Hans-Ulrich Evers, Der Schutz des Privatlebens und das Grundrecht auf Datenschutz in Österreich, EuGRZ 1984, 281 (283 ff.); s. auch Irmgard Kathrein/Peter Permhaler, Der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie in Österreich, EuGRZ 1983, 505 ff. * Zum Begriff oben S. 85. 13 StGH 1977/8 - Entscheidung vom 21. November 1977, LES 1981, 48 (50) spricht zutref­ fend vom Gesetzesvorbehalt. III
	        

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