Volltext: Fünf Jahrhunderte italienische Kunst aus den Sammlungen des Fürsten von Liechtenstein

Unter den Künstlern Österreichs, deren Rang Johann Adam 
recht gering veranschlagte, fanden lediglich der Maler 
Johann Michael Rottmayr, welcher Fresken im Gartenpalais 
schuf, sowie der Architekt Johann Lukas von Hildebrandt, 
von welchem das Seitenportal am Stadtpalais stammt, die 
Zustimmung des Fürsten. 
Langen und sehr engen Kontakt pflegte Johann Adam vor 
allem mit dem in Bologna ansässigen Maler Marcantonio 
Franceschini (1648-1729), welcher durch eine über acht- 
zehn Jahre anhaltende Korrespondenz in italienischer Spra- 
che (vom 12. Juni 1691 bis zum 10. Juli 1709) eindringlich 
belegt wird.“ Franceschini stattete das Gartenpalais in der 
Roßau mit dem großformatigen Adonis- und Dianazyklus’ 
sowie mit kleineren Kabinettgemälden aus (Kat. Nr. 35). 
Überließ der Fürst dem Maler häufig die Wahl des Bild- 
themas, so äußerte er doch immer wieder auch eigene 
Wünsche. Gerne sähe er über der Tür seines Kabinettes, so 
schreibt er in einem Brief vom 17.8.1692, eine liegende, 
nackte Venus, «weil der Platz lang und niedrig ist». France- 
schini sieht sich auf Grund sittlicher Skrupel außerstande, 
solche «lasziven Dinge» zu malen und schlägt vor, die 
Venus zumindest «an bestimmten Körperteilen mit Tuch zu 
bedecken». Bestünde der Fürst jedoch auf seinem Anliegen, 
müsse er den Auftrag anderweitig vergeben. Johann Adam 
zeigt sich verständnisvoll und vertraut die Gestaltung des 
Themas ganz dem Geschmack und Geschick des Künstlers 
an, nicht aber ohne den Hinweis, daß eine allzu bekleidete 
Venus wenig vorteilhaft wäre. Wenige Jahre später schlägt 
der Fürst ein Bildthema vor, das durchaus unverfänglich ist, 
in der von ihm gewünschten Interpretation jedoch erneut 
die Weigerung des Malers provoziert: die drei Künste — 
Malerei, Bildhauerei und Architektur — in Gestalt dreier 
nackter weiblicher Personen. Auch hier gibt der Fürst 
schließlich den Bedürfnissen des Künstlers nach. France- 
schini genoß bei Johann Adam nicht nur als Maler hohes 
Ansehen, sondern auch als Agent für Kunstankäufe in 
Italien. So konnte die Sammlung des Fürsten durch 
Franceschinis Vermittlung um Gemälde von Carracci, Reni 
(Kat. Nr. 25 bis 27), Albani, Sacchi, Cagnacci und anderen 
Künstlern erweitert werden. Namentlich fordert Johann 
Adam dazu auf (Brief vom 31.12.1693), sich nach Ge- 
mälden von Correggio und Guercino umzuschauen, da 
diese Maler in der Galerie, die ständig wuchs und ihren 
Standort im Stadtpalais fand, noch nicht vertreten seien. 
Lobend äußerte er sich auch über Carlo Cignani und 
Lorenzo Pasinelli (Kat. Nr. 33). Neben den für die Wiener 
Paläste tätigen Künstlern stand der Fürst außerdem mit 
Cagnacci, Fumiani und Giuseppe Maria Crespi in direkter 
Verbindung. Im Jahre 1704 schlägt Johann Adam vor, 
Franceschini solle dauerhaft nach Wien kommen, um dort 
‘ür ihn zu arbeiten. Der ablehnende Bescheid des Malers. 
der seine Heimat Bologna nicht verlassen möchte, ent- 
täuscht den Fürsten aufrichtig, hat jedoch gleichwohl keine 
Abkühlung des auf gegenseitiger Wertschätzung beruhen 
den Verhältnisses zur Folge. 
Auch zu Bildhauern hielt Fürst Johann Adam engen Kon- 
takt. Hier ist neben dem schon erwähnten Giovanni Giuliani 
insbesondere der Florentiner Massimiliano Soldani Benzi 
(1656-1740) hervorzuheben, der dem Fürsten durch den 
Marchese Vitelli empfohlen worden war. Ein sich über 
mehr als vierzehn Jahre erstreckender Briefwechsel (vom 
11. Dezember 1694 bis zum 7. Februar 1709) legt ein weite- 
res Mal beredtes Zeugnis über das aktive Wirken Johann 
Adams als Auftraggeber ab. Der Fürst wünscht sich von 
Soldani diverse Bronzekopien nach antiken Bildwerken aus 
der großherzoglichen Sammlung in Florenz (Kat. Nr. 58, 59 
und 60). Bereits in einem Brief vom 16.1.1692 an seinen 
Großcousin, den späteren Fürsten Anton Florian, äußert 
Johann Adam den Wunsch, dieser möge veranlassen, daß 
ein gewisser Carlo Luna in Rom die Köpfe der «vornehmen 
Statuen» in Gips abgieße. Die «Venus Medici» hätte er 
gerne in ganzer Figur. Anton Florian antwortet am 4.2.1692: 
«Die statua della Venere di-Medici ist noch zu zeitten Inno- 
centii XI." bey der nacht heimlich nacher Florenz abgeholt 
worden». Soldani wird dem Fürsten diesen langgehegten 
Wunsch durch eine Kopie in Bronze schließlich erfüllen 
können“. Doch nicht auf die Antike allein, die schon Karl 
Eusebius als höchst vorbildhaft pries, konzentrierte sich 
Tohann Adams Augenmerk. Soldani kopierte für ihn ebenso 
Skulpturen Michelangelos, Giambolognas und Berninis 
(Kat. Nr. 62 und 63), so daß sich neben den durch Fürst Karl 
Kusebius erworbenen Kleinbronzen ein weiterer Samm- 
lungsschwerpunkt mit Skulpturen nach «mustergültigen» 
Werken von der Antike bis zum Barock bildete. Eigen- 
schöpferisch präsentiert sich Soldani in den Fürstlichen 
Sammlungen mit verschiedenen Bronzereliefs, darunter ein 
in seiner Formen- und Gebärdensprache überschäumendes 
«Bacchanal» (Kat. Nr. 61). 
Mehrjährige Beziehungen unterhielt Johann Adam auch zu 
dem bolognesischen Bildhauer Giuseppe Mazza (1653—- 
1741), der in den Sammlungen mit mehreren Marmorbüsten 
vertreten ist. Auch der Genuese Filippo Parodi (1630-1702) 
arbeitete im Auftrag des Fürsten (Kat. Nr. 64 und 65), und 
beide werden in einem Brief Johann Adams an Marcantonio
	        

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