Hubert Büchel Finanzwirtschaft: Inwiefern hängen der öffentliche Aufgabenkatalog und die Kosten der damit zusammenhängenden Leistungen von der Staatsgrösse ab? Die ökonomische Theorie des Föderalismus könnte dabei auf unsere Themenstellung Anwendung finden. Wir müssen davon ausgehen, dass aus politischen Gründen auf bestimmte staatliche Leistungen nicht verzichtet werden kann, in ökonomi scher Betrachtung aber in einem sehr kleinen Staat (wie etwa demjenigen, in dem dieses Symposium stattfindet) die Erstellung gewisser Leistungen ver gleichsweise kostenintensiv, unrationell oder gar nicht möglich ist. Aus politischen Erwägungen können etwa gewisse nationale Ziele (z. B. Staatsrepräsentanz, Autarkie, Sicherheitsinteressen) sowie eine Mindestver sorgung mit Staatsleistungen angestrebt werden. Ökonomische Überlegun gen haben die Kriterien der Schaffung von Mindestprojektgrössen und optimalen Betriebsgrössen (im Grunde entspricht dies wieder dem econo mies of scale-Argument) sowie Nutzendiffusion und Spillovers zu berück sichtigen. Es liegt auf der Hand, dass ein kleiner Staat andere Problemstellungen und damit andere nationale Ziele hat als ein im Vergleich dazu merklich grösserer Staat. Damit wird einzelnen staatlichen Zielen ein anderer Wert beigemessen. Bestimmte Angelegenheiten erfordern dann geringeren Ein satz (etwa die innere Sicherheit wegen der besseren "Überschaubarkeit") oder sind vernachlässigbar (z. B. die Zielsetzung, Autarkie oder Vorherr schaft in bestimmten Bereichen anzustreben und die wirtschaftliche Lei stungsfähigkeit als aussenpolitischen Machtfaktor einzusetzen). Schliesslich können auch Probleme auftauchen, die in grösseren Staaten eher ignorier bar sind. Dies kann durch die Kleinheit selbst bedingt sein, welche bewirkt, dass absolut geringfügigere Einflüsse ein relativ grösseres Gewicht erhalten können. Es kann auch durch gewollte Spezialisierung verursacht sein, indem vorhandene Gegebenheiten als Standortvorteile eingesetzt werden und darum ein grösseres Augenmerk verlangen. Bei geringerer Grösse nimmt das statistische "Gesetz der grossen Zahl" an Wirksamkeit ab. Es wird wahrscheinlicher, dass sich der Kleinstaat einer einseitigen Ereigniskonstellation gegenübersieht. Grösseren Staatsverwal tungen wird es bei allgemein ähnlichem Ausmass und vergleichbarer Struk tur der Umweltkomplexität eher gelingen, für die Bewältigung der verschie denen Problembereiche jeweils spezifische Abteilungen bzw. Arbeitsstellen auszudifferenzieren und dadurch im Umgang mit solchen Problemen höhere Autonomie und Lösungspotenz zu entfalten. 102