Volltext: Kleinstaat

Hans Geser möchten), die mit den Anpassungserfordernissen an die moderne Gegen­ wart in ein Spannungsverhältnis treten. Sie haben deshalb eine wahre Kunst darin entwickelt, gewisse archaische Hinterlassenschaften ihrer Geschichte gegen die Erosionsprozesse gesellschafdicher Modernisierung abzuschir­ men oder gar für Modernisierung positiv fruchtbar zu machen. Von den altgermanischen Traditionen direkter Versammlungsdemokra­ tie (Schweiz) bis zur Konservierung monarchischer Verfassungsformen (Liechtenstein und Monaco) spannt sich der Bogen möglicher Lösungen für das Problem, aus spezifischen Anpassungsverweigerungen ans internatio­ nale Umfeld ein Stück gesicherter nationaler Identität zu beziehen. Mögli­ cherweise gewinnen Kleinstaaten gerade dadurch den nötigen Spielraum, um sich angstfrei einem konsequenten Modernisierungsprozess auszuset­ zen, der alle Lebensbereiche ausserhalb dieser unter "Heimatschutz" gestellten Partikularitäten tiefgreifend modifiziert. 3. Das "Konnektivitätsmodell" Während das "Oberflächenmodell" sich in erster Linie auf die 
mikrosoziale Ebene interpersoneller Interaktionen und das "Differenzierungsmodell" eher auf die 
Mesoebene der Rollenstrukturen und Organisationen bezieht, so wird die Diskussion über die 
Makrostruktur und die 
Politik kleiner Staa­ ten stark durch eine dritte Modellvorstellung beherrscht, die einen 
Zusam­ menhang zwischen Systemgrösse und dem Verknüpfungsgrad seiner Teilele­ mente postuliert. Die Vorstellung, dass in kleinen Kollektiven ein besonders dichtgewobe­ nes Netz sozialer Beziehungen bestehe, kommt beispielsweise in der populären Vorstellung zum Ausdruck, dass in kleinen Dörfern "jeder jeden kenne" und dass intermediäre parapolitische Organisationen wie Verbände oder Parteien deshalb kaum notwendig seien, weil jeder Bürger mit minde­ stens einem Behördemitglied eng genug bekannt sei, um ihm sein Anliegen persönlich vorzutragen (vgl. z.B. Wurzbacher/Pflaum 1954). Und auch von ungleich umfangreicheren politischen Gemeinwesen wird oft behauptet, dass innerhalb ihrer Eliten ein einheitliches, zusammenhän­ gendes Beziehungsnetz bestehe: mit der Folge, dass in der Politik eher "Konkordanz" anstatt "Konkurrenz" vorherrschend sei, weil auch die Führer potentieller Oppositionsgruppen mittels "Ko-option" in die Zen­ tren der Entscheidungsfindung, einbezogen würden (vgl. z.B. Lijphart 1977: passim; Lehmbruch 1975; Geser 1980; Geser 1991 u.a.). 60
	        

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