Volltext: Kleinstaat

Arno Waschkuhn ter den sich, einmal gefunden, alle im Erfolgsfall scharen können oder wol­ len. Die Verselbständigung der Parteien, welche die Kandidatenselektion und Regierungszusammensetzung bestimmen, also für die politische Eli­ tenauswahl zuständig sind, geht mit einem Allzuständigkeitsdenken einher, das trotz vieler Einzelbemühungen in den Fachausschüssen noch immer weniger an der Politikvermittlung auf dem Wege eines Dialogs interessiert ist, als vielmehr im appellativen Verlautbarungsstil politische Inhalte entwe­ der als Handlungs- oder aber Bedenkenträger präsentiert, weil der aktive und breit informierte Parteibürger (und die -bürgerin) fehlt. Der adressa­ tenbezogenen Gefälligkeitspolitik korrespondiert eine überzogene Anspruchshaltung der Bevölkerung, so dass seitens der Parteien eine Ein­ passung in vorherrschende Tendenzen und keine zielgerichtete Initiierung von Lernprozessen erfolgt. Liechtenstein aber benötigt mehr denn je inno­ vative Volksparteien, welche die politischen Vermittlungs- und Konsensua- lisierungsprozesse im Sinne einer responsiven und differenzierten Poli­ tikkonzeption für den Kleinstaat leisten, aber nicht nur affirmativ vorgeben, dies zu tun. Responsive Politik verlangt aber auch, nichtmehrheitsfähige Interessen einzubinden, allen gesellschaftlichen Gruppen Chancen der Teilhabe und Kommunikation zu eröffnen, auch nichtorganisierte Interessen zu berück­ sichtigen und Chancengleichheit wie Verteilungsgerechtigkeit zwischen Gruppen und Generationen zu verwirklichen. Die beiden etablierten Parteien in Liechtenstein bilden cum grano salis keine wirkliche geistige Heimat (mehr) und erodieren an den Rändern. Die kleinere Richtungspartei "Freie Liste" profitiert hiervon eher noch unter­ durchschnittlich, weil sie zu sehr zu einer "Selbsterfahrungsgruppe" mit experimentalem Charakter tendiert und in ihrer programmatisch-alternati­ ven Selbstherrlichkeit wenig wählerbezogen auftritt, während die noch klei­ nere "Überparteiliche Liste Liechtenstein" derzeit in manchem nur eine unfreiwillige Kopie der etablierten Parteien ist. Das Parteiensystem in Liechtenstein zerfranst sich und wird ohne erheblichen Substanzgewinn unübersichtlich. In bezug auf das nur wenig untersuchte Verbandssystem ist zunächst festzuhalten, dass Liechtenstein wahrscheinlich das Land mit der grössten Vereinsdichte ist. Vereine fungieren als gesellschafdiche Katalysatoren; sie sind Endastungszonen des Freizeitvergnügens und der Geselligkeit mit überwiegend latent bleibenden politischen Implikationen. Anders verhält es sich bei den grösseren Verbänden im Wirtschaftsbereich und in der Arbeits - 276
	        

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