Arno Waschkuhn Der Regierungschef-Stellvertreter Herbert Wille hat in einem Meinungs beitrag im Liechtensteiner Volksblatt vom 14. 8.1991, mithin aus Anlass des Staatsfeiertages am nächsten Tag, den neuen monarchischen Stil kritisiert. Die monarchisch-demokratische Staatsform stehe auf dem Prüfstand durch das neue Rollenverständnis des Fürsten; denn die monarchische Staatsform, die von der Demokratie begleitet sei, wie dies im Fürstentum Liechtenstein der Fall sei, müsse darauf angelegt sein, dass die Monarchie das statisch bewahrende und die Demokratie das dynamisch-aktive Element verkör pere: "Wird diese Rollenverteilung vertauscht und hat im politischen Bereich das monarchische Element den aktiven Part, ist eine Korrektur auf dem Verfassungswege im Sinne einer Verstärkung des demokratischen und einer Zurückdrängung des monarchischen Elements angezeigt." Generell kann jedoch gesagt werden, dass der Fürst nach der Verfas sungslage zwar starke politische Kompetenzen hat, dass sie aber faktisch relativ wenig greifen. Die Regierung ist in der politischen Praxis zum Hauptträger der Entscheidungsmacht geworden, und der Landtag als Milizparlament ist mit seiner bescheidenen Infrastruktur hinsichdich der Regierungskontrolle schlicht überfordert. Jedoch ist auch die Regierung des Fürstentums mit nur zwei hauptamtlichen Mitgliedern tendenziell überfor dert, und eine Verstärkung und Professionalisierung ist sicherlich vonnöten. Die liechtensteinische Halbmilizregierung, in der Verfassung als Kolle gialregierung bezeichnet, ist durch eine Durchmischung von Elementen des Präsidial-, Kollegial- und Ressortprinzips gekennzeichnet. Das Kollegial prinzip ist jedoch am geringsten ausgeprägt, insofern vom Minderheitspart ner in der "Allparteienregierung" bestimmte Abstriche in der parteipoliti schen Profilierung verlangt werden und gesamthaft der von der "Ko-Opposition" in Regierung und Landtag mitzutragende Mehrheitsbe- schluss gilt. Es gibt auch keine Vollzuständigkeit der Regierungsmitglieder für ihre Ressorts, da Liechtenstein kein Departementalsystem kennt. Es gehört zu den Vorrechten des mehrheitsbewussten Regierungschefs, dass er über die Ressorts Finanzen und Präsidium verfügt, womit er alle Regie rungsräte binden kann. Die Minderheit muss nolens volens mitmachen, um die eigene Wählerklientele noch einigermassen in der Regierung repräsen tiert zu sehen und um nicht von den wichtigsten Informationen im Lande abgeschnitten zu sein. In Liechtenstein gibt es, wie bereits erwähnt, inzwischen vier Parteien. Die Freie Liste als teiloppositionelle und programmorientierte Partei stellt darauf ab, einzelne Elemente des Basiskonsenses in Liechtenstein in Rich 274