Volltext: Kleinstaat

Dietmar Willoweit zu ermöglichen scheint. Erteilt der Landesfürst einem Gesetz die Sanktion nicht, dann kann dieses nicht in Kraft treten, und die in Gesetzesform gegossene politische Entscheidung der Regierung ist blockiert. Aus Art. 9 LV ergibt sich dagegen nicht, dass die Regierung in einem solchen Falle ver­ pflichtet ist, die politische Meinung des Landesfürsten zu übernehmen und einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen. Die Notwendigkeit, ein Sachproblem zu lösen und eine Regelung zu erlassen, kann zwar zu einem faktischen Zwang führen, die Auffassung des Landesfürsten zu berücksich­ tigen. Diese Zwangslage ist aber von einer Rechtspflicht der Regierung, ihre eigene politische Überzeugung aufzugeben und der des Staatsoberhauptes zu folgen, klar zu unterscheiden. Eine solche Rechtspflicht folgt aus Art. 9 LV nicht. Die Verfassungsorgane Regierung und Landesfürst können sich also blockieren. Für die Beantwortung der Frage, in welchem Verfassungs­ organ die primäre politische Entscheidungskompetenz verankert ist, ergibt sich daraus noch nichts. Bei näherem Hinsehen verhält es sich in der Tat umgekehrt, als der zunächst naheliegende Umkehrschluss aus Art. 9 LV behaupten möchte. Das Gesetz, dem der Landesfürst gem. Art. 9 LV seine Zustimmung versa­ gen kann, ist als politischer Text auf der Grundlage des in Art. 64 LV gere­ gelten Rechts der Gesetzgebungsinitiative entstanden. Dieses Recht steht "dem Landesfürsten in der Form von Regierungsvorlagen", dem Landtag und unter gewissen Voraussetzungen den wahlberechtigten Landesbürgern zu. Neben jenen Gesetzesvorschlägen, die er "in der Form von Regierungs­ vorlagen" macht, hat der Landesfürst kein eigenständiges Initiativrecht. Die Regierung muss vielmehr bereit sein, einen politischen Gestaltungsvor­ schlag des Landesfürsten in eine Regierungsvorlage zu übernehmen. Sie kann das ebenso verweigern, wie der Landesfürst die Sanktion eines Geset­ zes. Auch in diesem Falle führt der Umkehrschluss, der sich Weigernde - in diesem Falle also die Regierung - könne somit die Richtlinien der Politik bestimmen, allein nicht weiter. Eine Politik verhindern dürfen ist nicht das­ selbe, wie Politik inhaltlich bestimmen. Im Unterschied zum Sanktionsver- weigerungsrecht des Landesfürsten gem. Art. 9 LV ist das Weigerungsrecht der Regierung, einen Vorschlag des Landesfürsten zu übernehmen, jedoch nicht der einzige Hinweis auf das Recht, politische Fragen zu entscheiden. Die Verfassung hat die Stellung der Regierung nicht als Vollzugsorgan des landesherrlichen Willens, sondern betont als Kollegialorgan ausgestaltet, was aber heisst: die Landesverfassung des Fürstentums Liechtenstein geht davon aus, dass innerhalb der Regierung ein Prozess politischer Willensbil­ 204
	        

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