Volltext: Kleinstaat

Verfassungsinterpretation Liechtenstein nicht kennt." Die verfassungstheoretisch paradox anmutende Verankerung der Staatsgewalt "im Fürsten und im Volk" zugleich betont vielmehr die Distanz gegenüber der 1918 zu Ende gegangenen verfassungs­ geschichtlichen Epoche. Vor diesem 1921 sehr konkreten historischen Hin­ tergrund sind auch die Bestimmungen über das Sanktionsrecht des Landes­ fürsten bezüglich der vom Landtag beschlossenen Gesetze gem. Art. 9 LV und über die Berufung der Regierung im Einvernehmen von Landesfürst und Landtag gem. Art. 79 Abs. 2 LV zu lesen: Es handelt sich um Regelun­ gen, welche die bis dahin herrschende Dominanz des monarchischen Ele­ ments beseitigen und dem Volkswillen einen adäquaten Platz im Verfas- sungsleberi verschaffen wollten. Das zwischen Fürsten und Volk von der Verfassung angestrebte Gleichgewicht ist also vor dem Hintergrund einer bis dahin bestehenden Ungleichgewichtslage zu Lasten der Volksrepräsen­ tation zu verstehen, woraus sich unmittelbar Konsequenzen für die Ermitt­ lung der Normzwecke ergeben. An dieser Stelle kommt es jedoch zunächst darauf an, die Eigenständig­ keit des liechtensteinischen Verfassungstyps zwischen Spätkonstitutionalis- mus und Parlamentarismus zu betonen. Die Frage nach den Massstäben der Verfassungsinterpretation spitzt sich damit freilich zu. Wenn die Bibliothe­ ken des alten monarchischen Staatsrechts für die Auslegung der Verfassung des Fürstentums Liechtenstein kaum eine Hilfe erwarten lassen - woher dann das Material für die Bildung von Normhypothesen zur Beantwortung offener Verfassungsfragen nehmen? Man könnte einwenden, angesichts der Seltenheit akuter Verfassungsprobleme in einem Kleinstaat möge die Frage auf sich beruhen, bis der Interpretationsbedarf entsteht. Dann allerdings ist man zugleich mit der Gefahr eines Eklektizismus konfrontiert, der sich an den nächstliegenden politischen Zielen orientiert und daher den notwendi­ gen Verfassungskonsens nicht mehr herzustellen vermag. Auch das liech­ tensteinische Verfassungsrecht wird auf eine generelle Reflexion der zur Verfügung stehenden Auslegungsmethoden und zu berücksichtigenden inhaltlichen Auslegungsgrundsätze nicht verzichten können. III. Über die Methoden der Verfassungsinterpretation ist in der Bundesrepu­ blik Deutschland seit dem Ende der fünfziger Jahre und in Österreich seit 16 Vgl. u. V. 197
	        

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