Volltext: Kleinstaat

I. 
Verfassungsinterpretation Die Interpretation einer schriftlich fixierten, gesetzesförmig erlassenen Ver­ fassung scheint zunächst, insofern es sich um die Auslegung eines Gesetzes handelt, jenen Grundsätzen verpflichtet, die Friedrich Carl v. Savigny für die Jurisprudenz eines ganzen Zeitalters gültig formuliert hat. Mit den Methoden der grammatischen, logisch-systematischen, genetisch-histori­ schen und teleologischen Auslegung ist gewöhnlich jene Frage, welche die Interpretationsbemühungen auslöst, in einer genügend rationalen Weise zu beantworten.1 Indessen setzen diese, für einfache . Gesetze entwickelten Methoden selbstverständlich voraus, dass über Systemgedanken, histori­ sche Genese und Normzweck in grossen Zügen Einverständnis besteht, wie dies für privatrechtliche Gesetzeswerke ja in der. Tat auch der Fall ist. Ebenso lassen sich über System, Historie und Telos eines Verfassungstextes sinnvolle Aussagen nur machen, wenn etwas über die diesem Text voraus­ gehenden Systemgedanken, über die allgemeinen geschichtlichen Zusam­ menhänge und über die Zweckvorstellungen gerade dieses Verfassungstyps .bekannt ist. Man wird sich also, was die Verfassung des Fürstentums Liech­ tenstein betrifft, zunächst den historischen Darstellungen und staatsrechtli­ chen Werken aus der 1918 zu Ende gehenden Epoche des Konstitutionalis­ mus zuwenden, um Auslegungsprobleme der Gegenwart zu lösen. Denn eine moderne Literatur des konstitutionellen Staatsrechts ist so . gut wie nicht existent - Folge der Kleinstaatsituation, da es zu der hier bewahrten monarchischen Verfassungsform keine Parallelen mehr gibt.2 1 Friedrich Carl von Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. 1, 2. A. Berlin 1840, § 33. 2 Vgl. dazu Raymond Füsilier, Les monarchies parlementaires. Etüde sur le systeme de gou- vernement (Suede, Norvege, Danemark, Belgique, Pays-Bas, Luxembourg), Paris 1960, und dort S. 553 ff., 569 ff. insbesondere zu Luxemburg, der anderen modernen Monarchie, welche in die Zeit des Deutschen Bundes zurückreicht. - Zur spanischen Monarchie vgl. Art. 62 der Verfassung des Königreichs Spanien vom 29. 12. 1978, in: Adolf Kimmel (Hrsg.), Die Verfassungen der EG-Mitgliedstaaten, 2. A. München 1990, S. 367 ff., 380. 193
	        

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