Volltext: Kleinstaat

Österreich beschränkt. Dazu kommt, dass die Ziele der EG über eine wirtschaftliche Integration hinausgehen und auf die Errichtung einer politischen Gemein­ schaft gerichtet sind. . Dieses Ziel ist bekannt. Keine'Klarheit besteht jedoch über das Modell oder gar die Realität einer solchen 
Gemeinschaft in ihrer Vollendung. Vieles spricht für die Vermutung, dass die Endstufe der europäischen Integration im Rahmen der EG mit der überkommenen Staatlichkeit ihrer Mitglieder nicht vereinbar sein wird. In einer entwickelten Gemeinschaft wird für den Verfassungsstaat heutiger Prägung, der eine mit Demokratie und Rechts­ staat angereicherte Mutation des absolutistischen Herrschaftsverbandes des 17. und 18. Jahrhunderts ist, kein Platz mehr sein.32 Das einzelstaatliche Ver­ fassungsrecht wird in seiner Bedeutung in die Nähe eines Gemeindestatuts absinken. Die Wirkungen einer solchen capitis deminutio des Verfassungs­ rechts werden allerdings von der jeweiligen Staatsgrösse unabhängig sein. Für eine Mitgliedschaft Österreichs bei den EG ergeben sich besondere verfassungsrechtliche Perspektiven aus dem Status der 
immerwährenden Neutralität. Die aus dem Gemeinschaftsrecht erfliessenden Pflichten stehen in einem potentiellen Spannungsverhältnis zu den Pflichten eines immer­ während neutralen Staates.33 Dieses Spannungsverhältnis kann sich zu einer Kollision steigern. Die gewaltigen Umwälzungen in der Konstellation der europäischen Staaten und Mächte könnten zur Folge haben, dass die österreichische Neu­ tralität ein anderes rechtliches Gesicht bekommt oder gar aufgegeben wird. So oder so stehen auch in dieser Hinsicht verfassungsrechtliche Adaptionen und Innovationen grösseren Ausmasses bevor. 8. Das österreichische Verfassungsrecht ist reich an Innovationen und Adaptionen. Es ist eine Rechtsordnung, die den Wandel vom ehemaligen 32 Siehe aber die im Ergebnis übereinstimmende Prognose des Fortbestandes des souveränen Verfassungsstaates in der vollendeten Gemeinschaft: Steinberger/Klein/Thürer, Der Ver­ fassungsstaat als Glied einer europäischen Gemeinschaft, WDStRL 50 (1991) 9,56,97. Die Sachlogik der Integration spricht jedoch langfristig nicht für diese Annahme. 33 Zu den neutralitätsrechtlichen Aspekten einer Mitgliedschaft Österreichs bei den EG siehe nur Esterbauer, Nationaler Freiraum in der Europäischen Gemeinschaft - unter besonderer Berücksichtigung Österreichs (1989); Griller, Wird Österreich das dreizehnte EG-Mit- glied? Neutralität und Grundprinzipien des österreichischen Bundesverfassungsrechts als Prüfsteine des Beitrittsantrages, EuZW 1991, 679; Hummer/Schweitzer, Österreich und die EWG. NeutralitätsrechtGche Beurteilung der Möglichkeiten der Dynamisierung des Verhältnisses.zur EWG (1987); Köck, Ist ein EWG-Beitritt Österreichs zulässig? (1987); Rotter, Soll Österreich den EG beitreten? Zur Multidimensionalität einer eindimensional gestellten Frage, ÖZP 1988, 169; Schindler, Vereinbarkeit von EG-Mitgliedschaft und Neutralität, EuZW 1991, 139 (betrifft die Schweiz); Thaler, Zur Frage der Vereinbarkeit von EWG-Mitgliedschaft und dauernder Neutralität, ZÖR 39 (1988), 303. 189
	        

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