Volltext: Kleinstaat

Bernd-Christian Funk tive und Verfassungsgerichtsbarkeit ist allerdings eine Quelle von politi­ schen Konflikten und theoretischen Problemen geblieben.10 Die weitere verfassungsrechtliche Entwicklung in der 
1. Republik ist einerseits durch die Aufarbeitung einiger Provisorien der Gründungsjahre, andererseits aber auch durch Neuerungen gekennzeichnet, die den - letzt­ lich fehlgeschlagenen - Versuch widerspiegeln, das demokratische System vor der Zerstörung durch den Faschismus zu retten. Auf dieser Linie liegt vor allem eine 
Verfassungsnovelle im Jahr 1929, die einen Umbau vom bisherigen System der parlamentarisch akzentuierten Demokratie zu einer abgeschwächten Präsidentschaftsdemokratie bringt.11 Die Vormacht des Parlaments, das durch den Dissens der Parteien geschwächt war und nur wenig integrative Kraft aufbringen konnte, sollte durch die Autorität eines vom Volk gewählten Staatsoberhauptes und einer von diesem eingesetzten, aber dem Parlament verantwortlichen Regierung relativiert und durch eine neue Kräftekonstellation zwischen Legislative und Exekutive abgelöst werden. Damit sollte zugleich auch die 
Autorität des Staates gegenüber den immer schärfer werdenden politischen Gegensät­ zen in der Gesellschaft gestärkt werden. Hier zeigen sich historische Paral­ lelen zu den politischen Verhältnissen in der Weimarer Republik. 3. Der Rettungsversuch des Jahres 1929 war vergeblich. Der 
Untergang der Demokratie wurde durch die Ausschaltung des Parlaments im März 10 Nach einer jahrzehntelang gepflogenen Praxis eines judicial seif restraint hat der VfGH seit der Mitte der Achtzigerjahre den materiellen Massstab der Gesetzesprüfung vor allem im Hinblick auf grundrechtliche Garantien wesentlich verfeinert und die Normenkontrolle weit in den Bereich der rechtspolitischen Entscheidungen der Legislative ausgedehnt. Die­ ser Kurswechsel in der Judikatur ist verschiedentlich kritisiert worden. In eimgen Fällen ist der gesetzliche status quo, wie er vor der Aufhebung durch den VfGH bestanden hat, durch Massnahmen der Sonderverfassungsgesetzgebung wiederhergestellt und damit gegen eine neuerliche verfassungsgerichtliche Aufhebung (weitgehend) immunisiert worden; zur Diagnose, Analyse und Kritik dieser Tendenzen siehe etwa Adamovich, Demokratie und Rechtsstaat, in: rS Rosenzweig (1988) 27; Barfuss, Neue Entwicklungen in der Rechtspre­ chung des Verfassungsgerichtshofes, ÖJZ 1989,673; Funk, Formenmissbrauch und Verfas­ sungsumgehung durch die Legislative, in: FS Klecatsky (1990) 67; Grof/Ramsauer, Rück­ wirkende Gesetzesänderung - Mehrfachpensionen, Bausparverträge und Ausschaltung des VfGH, ÖJZ 1987, 705; Hengstschläger, Totaländerung der Verfassung durch Gesetzessa­ nierung?, in: FS Walter (1991) 215; Lienbacher, Verwaltungsstrafverfahren - Anklageprin­ zip - Menschenrechtskonvention, ZfV 1986, 536; Novak, Der verfassungsrechtliche Schutz von Anwartschaften vor Eingriffen des Gesetzgebers, ZAS 1988, 109; Öhlinger, Verfas­ sungsgesetzgebung und Verfassungsgerichtsbarkeit, ÖJZ 1990,2; 11 Berchtold, Die Verfassungsreform von 1929, 2 Bde (1979); Hasiba, Die zweite Bundes- Verfassungsnovelle von 1929 (1976); siehe im übrigen die Nachweise in FN 1. 182
	        

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