Volltext: Kleinstaat

Peter Häberle rungsstrukturen von der kommunalen Selbstverwaltung über den Regiona­ lismus bis hin zum Föderalismüs lösen wollen. Die Frage ist, ob und wie der durch die geringe Zahl seiner Bürger und damit sein kleines Volk und oft auch durch die Kleinheit seines kultivierten Raumes gekennzeichnete Kleinstaat die Grundprobleme des "normalen" Verfassungsstaates variiert, d.h. das Staat/Bürgerverhältnis, das Verhältnis von Menschenwürde sowie Grundrechten und Demokratie. Die klassische Staatselementenlehre G. 
Jel- lineks behält ihr relatives Recht, aber sie ist 
verfassungstheoretisch zu über­ denken - es gibt nur so viel Staat wie die Verfassung konstituiert - und sie ist vor allem 
kulturwissenschaftlich anzureichern: Die Kultur der Verfassung ist das übergreifende Ganze, in dem Volk und Staat, Raum und Recht ihren Platz haben. Wie der grössere Verfassungsstaat so baut sich seine Beispielsgruppe "Kleinstaat" von der 
Menschenwürde her auf, um von ihr bzw. den privat und politisch verstandenen Grundrechten her zur Demokratie - spätestens seit der KSZE-Charta von Paris (1990) die einzige Regierungsform - zu führen. So schwer es bis heute ist, Individuum und Gemeinschaft 
zugleich zu denken: im modernen Verfassungsstaat bildet die Menschenwürde des einzelnen den archimedischen Punkt, die kulturanthropologische Prämisse von Recht und Staat. Zugleich politisch verstanden, führt sie notwendig zur pluralistischen Demokratie. "Volksrechte" sind nur die andere Seite der aus der Menschenwürde des einzelnen entfalteten und weiterentwickelten Grundrechte. Was bedeutet all dies für den Kleinstaat? Wenn nach 
I. Kant der Staat eine "Menge Menschen unter Rechtsgesetzen" ist, so heisst dies auf den Kleinstaat bezogen: eine 
kleine Menge Menschen auf zumeist kleinem Gebiet, jedenfalls in einem Raum, für den intensive Näheverhältnisse cha­ rakteristisch sind. Die verfassungsstaatliche Raumtheorie ist hier einzubrin­ gen. "Kleinstaatsbürger" und kleines Kleinstaatsvolk sind sich und den Staatsfunktionen in ihrer Grundrechts Wirklichkeit näher als in den "norma­ len" Verfassungsstaaten, an denen die klassische allgemeine Staatslehre und die Verfassungslehre ihre Grundfragen und Methoden diskutieren. Eigent­ lich wäre es notwendig, die wichtigsten Staatstheorien im deutschsprachi­ gen Raum, besonders die modernen Klassiker 
H. Heller und R. Smend, auf den Kleinstaat hin zu buchstabieren: etwa die spezifischen Anforderungen an die Organisation ebenso wie besondere Möglichkeiten der Integration.56 56 H. Heller, Staatslehre (1934), 6. Aufl. 1983; R. Smend, Verfassung und Verfassungsrecht (1928), in: ders., Staatsrechtliche Abhandlungen, 2. Aufl. 1968, S. 119 ff. 158
	        

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