narch vom Volk als zu ihm gehörend
betrachtet. Dafür spricht die Zuneigung
des Volkes, das in Respekt und Vereh-
ung dem Monarchen begegnete. Diese
allseitige Akzeptanz war das Fundament
ınd der Garant für die staatliche Unab-
1ängigkeit und Selbständigkeit.
Fürst Franz Josef II. war 1938 fähig, in
der Öffentlichkeit Frieden und Ordnung
zu schaffen, weil er um die Kraft des
inneren Friedens wusste. Es ging damals
ums Ganze. Er war sich im klaren, dass
der Staat nur Bestand haben konnte
wenn der öffentliche Friede gewährleistet
war. Mit überblickender Klugheit und
politischem Geschick und menschlicher
Zinfühlungskraft in die damalige Situa
ion hat er zur inneren Befriedung des
Landes beigetragen. Diese praktisch po-
'litische Tätigkeit als kluger Mittler und
Vermittler zum Frieden war der entsche1-
dende Impuls, den unser Staat für den
Bestand und Fortbestand in der Zukunft
ırauchte. |
Für Liechtenstein war es nötig, dass es
7ürst Franz Josef II. gab. Die über 50jäh-
ige Regierungszeit hat diesem Staat, die-
zer staatlichen Gemeinschaft eine Kon-
<retheit von einer engen Verbundenheit
gegeben, die 1938 noch nicht absehbar
war. Der Fürst mit seinem Einstehen für
liesen Staat war die Voraussetzung, um
zwischen den politischen Kräften einen
Srundkonsens herzustellen, der Voraus-
setzung für den Aufbau und schliesslich
das Gedeihen dieses Staates war.
Die Beschreibungen seines Lebens zei-
zen unmittelbar, dass er das Grosse und
das Kleine im Leben, das Gespräch mit
dem einzelnen wie auch die Anforderun-
zen in der Politik gleicherweise als seine
Aufgaben ansah. Er wünschte sich, dass
‚erade wegen der Eigenstaatlichkeit die
Mitarbeit des liechtensteinischen Bürgers
ım staatlichen Leben sich immer wirksa-
ner gestalte. Neben der Sorge um die all.
‚äglichen Dinge nahm er sich insbesonde-
‚e der grossen politischen Linien, die die
Zukunft unseres Staates bestimmen Ssoll-
‚en, an. Er äusserte sich des öftern zu
‚ussenpolitischen Belangen und betonte,
lass wir uns von einem gewissen Interes
je für die Aussenpolitik, die immer wie
ler mit der Wirtschaftspolitik eng ver.
»unden sei, nicht distanzieren könnten
Denn Aussenpolitik bedeute eben, dass
vir bei den anderen Staaten, im besonde-
en bei unserem grossen und aufrichtigen
*reund, der Schweiz, Verständnis für un
ere Wünsche erweckten. Er war deı
Jberzeugung, dass wir, soweit es unsere
Aöglichkeiten erlaubten, Vorsorge tref
:en müssten, dass wir innerhalb unsereı
genen Grenzen die künftigen Entwick-
ungen selber bestimmten. Dabei sei ein
Zusammenspiel mit uns gleichgesinnten
jtaaten notwendig. Diese so verstandene
Rolle und Aufgabe Liechtensteins erfor-
lere eine unseren Möglichkeiten ange-
»asste Teilnahme an zwischenstaatlichen
ınd internationalen Vereinigungen. Wir
nüssten erkennen, dass es uns die Klug:
ıeit gebiete, Kontakte und Mitarbeit mit
den anderen Staaten zu suchen. Dies war
;eine Devise, nach der er handelte und
die er uns mit auf den Weg gab. Seine
Thronreden sind ein Abbild des beständi-
zen Willens um die vielfachen öffentli-
>hen Angelegenheiten. Sie bezeugen den
zrossen Sachverstand und die konse-
juente Dienstbereitschaft, mit dem er
immer im Volk und Staat präsent war.
In seiner Regierungszeit wurde sicht-
Jar, dass er die Fähigkeit und das Ge-
schick besass, als Mittler und Vermittler
aufzutreten, dass es ihm, wenn er es für
nötig befand, immer wieder gelang, die
miteinander konkurrierenden Bestrebun-
zen und gegenseitigen Interessen, so die
Zwistigkeiten im Innern des Landes, in
Irdnung zu bringen und die politischen
Kräfte zusammenzuhalten. Dies offenba-
ren die Friedensbemühungen 1938 wie
auch 1953, als er sich in gestrengen Wor-
:en an den Landtag wandte und erklärte,
vom Notrecht der Verfassung Gebrauch
zu machen, wenn es nicht zu einer Eini-
zung unter den Parteien komme. Er hof-
‘e, dass er als Landesfürst davon keinen
Gebrauch machen müsse, aber er sehe
sich veranlasst zu erklären, dass er den
Notstand als gegeben erachte, wenn das
heute zusammengetretene Parlament
1icht arbeitsfähig sei, und werde nicht
zögern, wenn dies sich ergeben sollte, das
Notrecht in Kraft zu setzen. Er könne als
Landesfürst nicht gestatten, dass das
Land wegen Meinungsdifferenzen der
»olitischen Parteien Schaden leide und
lass Staatsgeschäfte deswegen nicht erle-
digt werden könnten. Er werde zwar nur
ungern den Artikel 10 der Verfassung
anrufen, aber er würde in diesem Falle
dazu verpflichtet sein.
Seine Politik war religiös begründet.
Darum ist in ihr in all den Jahren seiner
Regierungszeit keine Spur von Resigna-
tion zu finden. Der Landesfürst gilt mit
Recht als Musterbeispiel eines wahrhaft
christlichen Fürsten. Mit grosser Ener-
gie, ohne falsche Rücksicht und mit bei-
spielgebendem Gerechtigkeitssinn lenkte
ar das Geschick unseres Landes. Der ka-
ax
S.D. Fürst Hans-Adam Il.
an das liechtensteinische Volk
Liebe Liechtensteinerinenn, liebe Liechtensteiner
Gott hat am 13. November 1989 meinen geliebten Vater, den
Regierenden Fürsten Franz Josef II., aus dieser Welt in die
Zwigkeit heimgeholt.
Als er 1938 vor über 50 Jahren die Regierungsgeschäfte über-
nahm, stand nicht nur unser Heimatland, sondern ganz Europa
‚or schweren Zeiten. Ihm ist es mit der Unterstützung des
Volkes und dem Vertrauen auf Gott gelungen, Unheil vom
Fürstentum Liechtenstein fernzuhalten. Nach dem Ende des
Zweiten Weltkrieges hat sich Seine Durchlaucht Fürst Franz
Josef II. zusammen mit meiner geliebten Mutter, Ihrer Durch-
laucht Fürstin Gina, mit allen seinen Kräften der Beseitigung
der Armut und dem Aufbau unseres Heimatlandes gewidmet.
Die über S0jährige Regierungszeit meines geliebten Vaters,
Seiner Durchlaucht Fürst Franz Josef II., wird in die
Geschichte des Fürstentums als eine der erfolgreichsten und
glücklichsten eingehen. Möge Gott mir und meiner lieben Frau
die Weisheit und die Kraft geben, dieses Werk fortzuführen.
Aufgrund der Verfassung und der Hausgesetze zur Nachfolge
verufen, habe ich die Regierungsgeschäfte übernommen. Ich
zelobe meinem Lande ein gerechter Fürst zu sein, die verfas-
zungsmässigen Freiheiten zu wahren, den Bedrängten und
Armen ein Helfer und der Rechte ein treuer Hüter zu bleiben.
Schloss Vaduz. am 13. November 1989