Volltext: Abschied

Am 7. März 1943 heirateten S.D. Fürst Franz Josef II. und I.D. Fürstin Gina in Vaduz. Mehr als 45 Jahre lang waren sie glücklich 
verheiratet. 
te, andererseits ein Erlahmen ihrer Selb- 
ständigkeit, ihrer geistigen Fähigkeiten 
und ihrer Möglichkeit, über den Rahmen 
ihres Hauses hinaus am Aufbau des Le- 
bens teilzunehmen. 
Die Männer ihrerseits sehen gerne das 
Familienleben als etwas, für das sie mate- 
tiell zu sorgen haben, das aber sonst fast 
ausschliesslich Domäne der Frau ist. Da- 
für werden die Frauen am Arbeitsplatz 
nicht immer für voll genommen. 
Diese scharfe Trennung kann nicht gut 
sein, und es ist nicht verwunderlich, dass 
zunehmend mehr Stimmen laut werden, 
die nach einer Änderung rufen, die der 
Frau mehr Rechte und Möglichkeiten 
einräumt und den Mann mehr in das 
Geschehen im Haus einbindet. 
Besonders in der jungen Generation 
critt ein Wandel ein, glaube ich. Jeden- 
falls sehe ich viel mehr junge Väter mit 
dem Kinderwagen unterwegs, und mein 
Sohn Hans Adam zum Beispiel war per- 
fekt im Windelnwechseln und Füttern 
seiner Kinder, als sie noch klein waren. 
Viele junge Frauen setzen sich heute 
für eine grössere Anerkennung der Frau 
im öffentlichen und Berufsleben ein, und 
das halte ich für richtig. Frauen haben oft 
sin besseres Verständnis für das Zusam- 
menleben der Menschen, einen direkte- 
ren Zugang zu sozialen Problemen und 
sind, so wage ich zu behaupten, weniger 
gefährdet, sich im Gestrüpp des Bürokra- 
tismus zu verlieren. Die Welt hat sich 
gewandelt, sie kann nicht auf unsere Mit- 
arbeit in allen Bereichen verzichten. Nur 
nöchte ich warnen vor einer Gleichma- 
zherei oder vor einem Kampf gegenein- 
ander. Quadratschädel gibt es sowohl bei 
Männern wie bei Frauen, und sich gegen- 
jeitig Fehler vorzuwerfen führt zu nichts. 
Bei allen berechtigten Bemühungen, 
der Frau zu einer ihr gemässen Stellung 
:n der Welt zu verhelfen, dürfen wir aber 
eines nicht‘ vergessen. Die erste und 
wichtigste Rolle der Frau, die ihr nie- 
nand abnehmen kann, ist die Erhaltung 
ınd Weitergabe des Lebens. Aus dieser 
zrgibt sich der grösste Wert und Sinn des 
Frauseins. Unter unserem Herzen be- 
zinnt die Entstehung jedes einzigartigen 
ınwiederholbaren Menschenlebens, des- 
sen erste und wichtigste Schritte ins Le- 
Jen wir ganz nah begleiten in der Gebor- 
zenheit der Familie. Ist es da nicht von 
zrösster Notwendigkeit, diesen ureigen- 
sten Bereich der Frau ernst zu nehmen 
ınd ihm den ersten Platz einzuräumen. 
Die Verantwortung, die Gott in unsere 
Tände gelegt hat, soll niemand gering 
chten. 
Deshalb ist es wichtig, dass wir der 
‚amilie und der Erziehung unserer Kin- 
ler grösstes Augenmerk schenken. Da 
ıaben wir unsere bedeutendste Aufgabe, 
ıuch in der heutigen Welt. Lassen Sie 
nich dazu ganz kurz einige Gedanken 
jagen. 
Wichtig scheint mir, unsere Kinder zu 
>artnerschaft zu erziehen. Sowohl Buben 
vie Mädchen sollen lernen, dass man sich 
segenseitig ergänzen kann und soll. Die 
iltern sollen die Eigenart. ihrer Kinder 
‚espektieren; wenn ein Mädchen sich zu 
zinem als männlich eingestuften Beruf 
ıngezogen fühlt, so soll es die gleiche 
Jnterstützung erhalten wie ein Bub, und 
lie Buben müssen lernen, dass sie nicht 
yevorzugte Wesen der Schöpfung sind, 
jondern genau gleich gelten wie die Mäd- 
;hen. Die Würde des Menschen liegt 
ıcht an einer bestimmten Rolle, sondern 
Jarin, wie er sich und den Nächsten, egal 
»b Mann oder Frau, respektiert. 
Zum Schluss lassen Sie mich noch 
zinen Punkt erwähnen, der eng mit der 
Würde des Menschen und der Rolle der 
irau zusammenhängt und der mich ganz 
ief berührt. Ich denke an das Problem 
ler Abtreibung. Ich weiss, dass dieses 
>roblem auch in unserem Land viele be- 
chäftigt und dass manche für eine, zu- 
nindest teilweise, Legalisierung der Ab- 
reibung sind. Ich weiss auch, dass es 
nanche bittere Härtefälle gibt und dass 
nan die Abtreibung niemals ganz aus der 
Nelt schaffen wird, ebensowenig wie 
ZAaubmord, Vergewaltigung und Dieb- 
tahl. Wie der Fürst in seiner letzten 
hronrede vor dem Landtag ausführte, 
st es aber unverständlich, dass man 
Ainerseits für die Abschaffung der Todes- 
;trafe sein kann und andererseits un- 
ichuldige, wehrlose Kinder dem Tod aus- 
iefert, denn die Abtreibung bleibt Ver- 
ıchtung eines menschlichen Lebens. 
Nie wir wissen, sind in der befruchteten 
Zizelle schon alle Merkmale und Anla- 
zen des Menschen programmiert, nach 
irei Wochen fängt das Herz zu schlagen
	        

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