sichere Grenzen gelegt hatte, stand für
die westlichen Staaten die Verwirk-
lichung der Menschenrechte im Vorder-
grund.
15 Jahre später ist diese Polarisierung
weitgehend verschwunden: Der KSZE-
Gipfel von Paris im November 1990
machte mit der alten Ordnung in Europa
ain Ende, indem die beiden grössten
Jnd mächtigsten Militärbündnisse der
Welt, NATO und Warschauer Pakt,
feierlich auf gegenseitige Anwendung
von Gewalt verzichteten und die
Sicherheit aller 34 KSZE-Staaten in ihre
Dolitik miteinbezogen.
Die unmittelbare militärische Bedrohung
Europas durch die beiden Weltmächte
Sowjetunion und USA ist weggefallen,
dafür droht jetzt aus den eigenen
Reihen Gefahr: Der Osten Europas ist in
Aufruhr geraten. Jahrzehntelange Miss-
wirtschaft und staatliche Fehllenkung
haben die Staaten Mittel- und Osteuro-
vas In ein wirtschaftliches Chaos
gestürzt. Dazu kommen jahrzehntelang
unterdrückte oder verdrängte Minder-
1eitenprobleme, die sich jetzt —- dank der
gewonnenen demokratischen Freiräume
- explosionsartig Luft machen. Die wirt-
schaftliche Notlage, zusammen mit den
nationalistischen Problemen ethnischer
Minderheiten, steigert die Gefahr eines
Bürgerkrieges ins Unberechenbare.
So zeichnet sich im Osten ein Abspal-
tungsprozess ohnegleichen ab mit
Folgen, die für das übrige Europa nicht
abzusehen sind. Anstatt Mauern der
unterschiedlichen Weltanschauungen
wie bisher, tun sich jetzt Armutsgrenzen
zwischen Ost- und Westeuropa auf.
Anders als im Westen gibt es aber in
den Staaten Osteuropas noch kein
soziales Netz, das den Fall der neuen
Armen aufhalten könnte. Damit droht
dem Westen Europas ein beängstigen-
der Strom von Wirtschaftsflüchtlingen,
die Ihr Heil in der Flucht und im Westen
suchen.
Solche Probleme standen auch im
Vordergrund, als 1990 am Gipfel in Paris
von den neutralen und nichtpakt
gebundenen Staaten (Finnland, dem
damaligen Jugoslawien, Liechtenstein ,
Malta, Osterreich, San Marino, Schwe-
den, der Schweiz und Zypern) angeregt
wurde, ein ständiges KSZE-Sekretariat
und ein Zentrum zur Konfliktverhütung
einzurichten, um Unruhen und Kon-
fliktherde rechtzeitia zu erkennen.
Am Gipfeltreffen vom Juli 1992 verab-
schiedeten die KSZE-Staaten u.a. auch
einen Aktionsplan für die sogenannte
operative Phase der KSZE. Diese soll
auf europäischem Gebiet unter dem
Mandat der UNO zur Konfliktverhütung
und -beseitigung beitragen. Hierzu
wurden als Instrumente insbesondere
«KSZE-Blauhelme» und ein Hochkom-
missar für Minderheitenfragen ein-
gesetzt.
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