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Die Geschäftsordnung, die der
_andtag bereits in seiner Eröffnungssit-
zung im Jahre 1862 behandelte, enthielt
die Vorschriften über die Organisation
des Landtages und die Geschäfts-
behandlung im Landtag. Diese erste
Geschäftsordnung blieb über 100 Jahre
in Kraft. 1969 wurde sie neu gefasst und
erweitert, die meisten Grundsätze
wurden aber aus der alten Geschäfts-
ordnung von 1863 übernommen.
Die wesentlichen Grundsätze dieser Ge-
schäftsordnung waren folgende: Zur
Gültigkeit der Landtagsverhandlungen
mussten mindestens zwei Drittel der
Abgeordneten anwesend sein. Der Prä-
sident wurde vom Landtag gewählt und
vom Landesfürsten bestätigt. Er leitete
die Versammlungen und ordnete die ein-
zelnen Sitzungen an. Die Abgeordneten
hatten ihre Anträge dem Präsidenten
schriftlich zuzustellen, der sie der Ver:
sammlung vorlas. Fand ein Antrag die
Jnterstützung von drei Abgeordneten,
so musste er von einem Ausschuss
behandelt werden. Die beiden Sekretäre
führten nicht nur die Sitzungsprotokolle,
sondern erledigten alle Sekretariats-
arbeiten für den Landtag.
Die Abgeordneten genossen die Immu-
nität: Während der Dauer des Landtages
durften sie, abgesehen von der Ergrei-
fung auf frischer Tat, nicht verhaftet
werden. Im Landtag genossen sie Rede-
freiheit, sie waren nur dem Landtag
verantwortlich. Während der Dauer des
_andtages durften sich die Abgeord-
1eten nicht ohne Bewilligung des Land-
‘ages «entfernen», in dringenden Fäller
<onnte auch der Präsident für einen
der zwei Tage Urlaub gewähren.
Die Landtagssitzungen waren Öffentlich
\ur ausnahmsweise konnte eine Land-
“agssitzung hinter verschlossenen Türer
stattfinden. Tatsächlich fanden bis 1920
Kaum nichtöffentliche Landtagssitzungen
statt. Der Landtag wählte, so oft es
‘ür nötig erachtet wurde, Kommissionen
mit drei bis fünf Mitgliedern. In der
zegel wurden alle Gesetzesvorlagen zur
Zerichterstattung an eine Kommission
überwiesen. In den 1870er und frühen
30er Jahren wählte der Landtag jeweils
aine eigene Gesetzgebungskommission
5>päter wurden die meisten Landtagsge-
schäfte von der Finanzkommission vor-
oereitet, die damit eine ausserordentlich
jrosse Bedeutung erlangte.
n der letzten Sitzung eines Jahres wur-
de unmittelbar vor der Schliessung
des Landtages ein Landesausschuss
gewählt. Er bestand aus dem Präsiden-
:en und zwei Mitgliedern, gewählt
wurden jeweils auch zwei Stellvertreter.
Der Ausschuss durfte keine bleibenden
Verbindlichkeiten für das Land eingehen
Jnd war dem Landtag für seine
Seschäftsführung verantwortlich. Die
Hauptaufgaben des Landesausschusses
waren, darauf zu achten, dass die Land-
tagsbeschlüsse vollzogen wurden. Er
1atte die Landeskassenrechnung zu prü-
fen und kommende Landtagssitzungen
/orzubereiten.
Jnter Fürst Johann Il
arhielt Liechtenstein
am 26. September
'862 seine erste kon
stitutionelle Verfas-
zung.