Volltext: Fragen an Liechtenstein

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weltumspannenden Vereinheitlichungs- und Verflechtungsprozesses, 
sicherheitspolitisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich, zivilisatorisch 
kulturell, völkerrechtlich-organisatorisch zu erfassen, wie der Begriff 
Integration. Er wird daher hier in seiner abgeschwächten, aber wei 
ten Bedeutung des Wortes benutzt. 
Zwei Weltkriege verwandelten die Welt. Bis dahin galten die Staa 
ten als sozusagen sakrosankte Persönlichkeiten. Die internationale 
Ordnung war beherrscht von individuell bestimmten und wechseln 
den bilateralen Beziehungen in oft unbekümmerter bis machiavelli- 
stischer Kabinettspolitik. Angesichts der modernen ungeheuren na 
tionalstaatlichen Leviathane und dem bisher nie gekannten technolo 
gischen Machteinsatz verlor das Rezept des politischen «laisser faire» 
an Gültigkeit. Die Kriege mit mehr als 50 Millionen Toten, erstmals 
Weltkriege, sprengten die bekannten Kategorien. Atompilze über 
Hiroshima und Nagasaki waren ihr Finale. Die Kriege hinterließen 
die Erfahrung vom schicksalhaften Einbezug der Völker in das Welt 
geschehen. Die Aufrüstung indessen stand vor neuem Anfang. Schon 
1963 besaßen allein die USA eine atomare Sprengkraft von 14 Ton 
nen TNT pro Kopf der Erdbevölkerung. U-Boote, deren Missile 
jeden Ort der Erde erreichen können, kreuzen in den Meeren. Künst 
liche Satelliten umkreisen den Planeten. Krieg und Frieden sind so 
zusagen unteilbar geworden. Der Erdball ist unser. Flugzeuge brin 
gen Millionen Reisende an alle Orte. Unablässig vermitteln Massen 
medien Meldungen und Meinungen von überall und in jeder Sprache. 
Weltweit sind die Märkte. Die Währungskrise eines Staates erzwingt 
kurzfristig internationale Konferenzen der Finanzminister. Heere 
von Arbeitern sind in ständiger Migration. Innerstaatliche Sozial 
probleme haben sich zu Problemen zwischen armen und reichen Kon 
tinenten ausgewertet. Nach dem Papst geht nun auch der Kaiser von 
Japan, gegen alle Tradition, auf Weltreisen. Studentenrevolten elek 
trisieren fast halbe Erdteile. Alte Grenzmauem werden geschleift bis 
an die Grenzen unseres Planeten; und an dessen Ende angelangt, wird 
uns auch die Begrenztheit des Erdballs bewußt, physisch, biologisch, 
vielleicht eines Tages auch geistig. Wo Pflanzen in Städten ersticken, 
Seen nacheinander und sogar Meere zu sterben drohen, werden wir 
erschreckend gewahr, wie begrenzt die Ressourcen unseres Raum 
schiffs Erde sind und wie sorgfältig und haushälterisch wir mit ihnen 
umgehen müssen. Wir sind daran, unseren Lebensraum Erde ohne 
Krieg zu zerstören, wenn nicht globale Maßnahmen ergriffen wer 
den. — Eine ungeheure Dynamik in vielerlei Gestalt treibt die 
Menschheit auf eine Welt in gegenseitiger Abhängigkeit und Verant 
wortung füreinander zu, politisch, sozial, zivilisatorisch und kulturell.
	        

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