Volltext: Fragen an Liechtenstein

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politischen Ordnung. Die Souveränität mußte vom Fürstentum teuer be 
zahlt werden! — Die Rechnungsbücher jener Zeit geben ein beredtes 
Beispiel dafür. 1810 bis 1812 erwuchsen dem Land aus der Mitglied 
schaft beim Rheinbund Auslagen in der Höhe von zirka 21 000 Gul 
den, während alle übrigen Ausgaben rund 30 000 Gulden ausmach 
ten. Von Liechtenstein wird in dieser Zeit gesagt: «Es ist vielleicht 
das ärmste Land, das es in der Welt geben mag.» 
Im Jahre 1813, als Liechtenstein aus dem Rheinbund in die Reihe der 
späteren Mitgliedstaaten des Deutschen Bundes trat, gingen bei Ge 
samtausgaben von 22 000 Gulden 18 000 Gulden auf das Konto der 
Bundes Verpflichtungen. Liechtenstein konnte auch im Lager der 
Alliierten seine Unabhängigkeit nur bewahren, wenn es weiterhin be 
trächtliche finanzielle Opfer brachte; Opfer, die dazu beitrugen, daß 
das Land in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wirtschaftlich nie 
gesunden konnte! Im Deutschen Bund war ein Kontingent von 80 
Mann und eine Reserve von 20 Mann zu stellen und zu unterhalten. 
Wenn das Kontingent in Friedenszeiten auch nur selten unter Waffen 
gehalten wurde, verblieben dennoch beträchtliche Bundeskosten, galt 
es doch, neben den üblichen Beitrags le istungen, die früher vom Für 
sten gewährten Kriegs Vorschüsse zurückzuzahlen. Die letzte Rate von 
2000 Gulden wurde 1831 entrichtet. 1820 fielen beispielsweise von 
insgesamt rund 20 000 Gulden Ausgaben 6000 Gulden auf Bundes- 
verpflichtungen. 1836 wurde das Bundeskontingent reorganisiert mit 
einem Aufwand von zirka 13 000 Gulden, und in der Folge blieben 
die Militärausgaben bis 1866 mit durchschnittlich 20 bis 30 Prozent 
der Gesamtausgaben eine unangenehm spürbare Belastung für die 
Landesfinanzen. 
Liechtensteins Mitgliedschaft im Deutschen Bund machte es möglich, 
die Souveränität zu erhalten, stärkte die Stellung des Fürsten, 
brachte wirtschaftlich gesehen aber keine Vorteile. Im Gegenteil, in 
der Zeit massiver außenpolitischer Bindungen machte sich gleich 
zeitig eine zunehmende wirtschaftliche Isolierung bemerkbar. Das 
Fürstentum war mit seiner rapid angewachsenen Bevölkerung nicht 
mehr in der Lage, sich ohne enge wirtschaftliche Außenbeziehungen 
zu versorgen. Der kleine Wirtschaftsraum drohte, umgeben von zoll- 
und handelspolitischen Schranken, zu ersticken. Dringendst benö 
tigte Arbeitsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft konnten 
nicht bereitgestellt werden, da sich in einem so sehr eingeengten 
Raum keine Industrie und kein Gewerbe entwickeln konnten. 
Schon lange vor Abschluß des Zollvertrages von 1852 hatte sich die 
Lösung einer wirtschaftlichen und damit indirekt auch einer politi 
schen Anlehnung an Österreich in zunehmendem Maße aufgedrängt.
	        

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