Volltext: Fragen an Liechtenstein

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Das Zustandekommen des Vertrages ist freilich vornehmlich den Ab 
sichten der österreichischen Politik zu verdanken. Man hoffte damit 
eine große und eine kleine Fliege zu erlegen: Einmal sollte das kleine 
Land als «Zentralpunkt und Stapelplatz für den Schmuggel» und 
zugleich Revolutionsherd am Rand Österreichs (so der österrei 
chische Außenminister Buol-Schauenstein zum Kaiser) unschädlich 
gemacht und «nach und nach eine Assimilierung der Bewohner des 
Fürstenthums in Absicht auf Ideen, Grundsätze und Gesinnung mit 
den Bewohnern der österreichischen Nachbarprovinzen herbeige- 
führt» werden. Zum zweiten aber sollte der Zollvertrag mit Liech 
tenstein im Deutschen Bund als Trumpf und Beweis für Österreichs 
Zollbündnisfahigkeit gelten; diese wurde ihm von seinen Gegnern, 
Preußen und den Mittelstaaten, abgesprochen. Gerade im Sommer 
1852 stand Österreich in den entscheidenden Verhandlungen. Um den 
Klein- und Mittelstaaten die Angst vor politisch verhängnisvollen 
Zollbündnissen zu nehmen, verbriefte Österreich im Vertrag mit 
Liechtenstein dessen Souveränität so ausdrücklich und achtete sie 
ebenso. Die fürstliche Außenpolitik schlug so Kapital aus der öster 
reichischen Deutschlandpolitik! 
Ein Wandel in der Führung der liechtensteinischen Außenpolitik 
wurde durch die konstitutionelle Verfassung von 1862 erfordert, indem 
der Fürst beim Abschluß wichtiger Staats Verträge an die Zustimmung 
der Volksvertretung gebunden wurde. Die Erneuerung des Zoll- und 
Steuervertrages im Jahre 1863 macht dies deutlich: Die Außenpolitik 
wurde nun vor dem Parlament und damit dem Volk verantwortet. 
Die von Österreich vorgeschlagenen Bedingungen wurden im Land 
tag beraten. Der Fürst folgte weitgehend den Forderungen des Land 
tags. Die öffentliche Meinung in Liechtenstein hatte heftig die Nicht- 
emeuerung des Vertrags und die Umorientierung nach der Schweiz 
hin verlangt, freilich ohne Rücksicht auf die politischen Erforder 
nisse. Der Landtag war realistisch genug, der Vertragsemeuerung mit 
Österreich zuzustimmen. 
4. Anpassung und Selbstbehauptung 
Zu vorsichtigem Lavieren zwischen Anpassung und Selbstbehauptung 
sah sich der Fürst in der Bundespolitik gezwungen. Die Souveränität 
und der territoriale Bestand auch des kleinsten deutschen Staates war 
zwar in der deutschen Bundesakte und in der Wiener Schlußakte von 
1815 europäisch garantiert. Doch hatte die Revolutionszeit die Un-
	        

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