64
tenstein bayerischer Besitz lag und Bayern sich damals ziemlich län
derhungrig zeigte, Johann I. dazu noch in österreichischen Diensten
stand, war dieses Gerücht nicht ohne weiteres von der Hand zu
weisen.
Durch seine Mitgliedschaft beim Rheinbund erwuchsen Liechtenstein
durch eine Reihe von Verträgen Verpflichtungen, wie es solche zuvor
nie gekannt hatte. Vor dem Beitritt des Fürstentums zum Rheinbund
war seine Außenpolitik bedeutungslos gewesen. Sie bestand darin,
Streitigkeiten mit dem Gericht Rankweil und Differenzen mit der
Schweiz wegen Grenzberichtigung beizulegen.
Nun aber folgten gleich zwei wichtige Verträge mit dem Herzogtum
Nassau: 1806 und 1809 verpflichtete sich Nassau, gegen die Zahlung
einer bestimmten Summe für Liechtenstein die Truppen zu stellen, die
Napoleon gefordert hatte. Wenn dem Lande Liechtenstein dadurch
auch große finanzielle Lasten aufgebürdet wurden, so wählte man
doch das kleinste von mehreren Übeln, da es Liechtenstein durch diese
Verträge erspart blieb, einen hohen Blutzoll zu entrichten. .
Als sich nach der Niederlage in Moskau (1812) Napoleons militäri
sches und politisches Ende abzuzeichnen begann, schwenkten manche
Fürsten in das Napoleon feindlich gesinnte Lager. Im Juni 1813
versprach Österreich, gegen Napoleon zu kämpfen. Von eminenter
Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Vertrag von Treplitz
(9. September 1813), in dem den Rheinbundfürsten die Souveränität
zugesichert wurde, um sie mit diesem Köder von Napoleon wegzu
ziehen.
Nach der Völkerschlacht bei Leipzig stand nun Liechtenstein nichts
mehr im Wege, endgültig mit dem Rheinbund zu brechen. Am
7. Dezember 1813 entsagte Fürst Johann in aller Form dem Rhein
bund und versprach, die notwendigen Truppen aufzustellen. Als Ge
genleistung wurde von Österreich die Souveränität Liechtensteins
garantiert. Bedingt durch diesen Vertrag mußten zweimal liechten
steinische Truppen in den Krieg ziehen. (25. Februar 1814 bis 23. Juli
1814, Mai bis November 1815.)
Während Liechtenstein durch die Stellung von Truppen große Lasten
auf sich nehmen mußte, tagte in Wien der Kongreß, der über das
Schicksal Europas zu entscheiden hatte. Die Aufgaben des Wiener
Kongresses waren zweifach:
1. war er ein europäischer Friedenskongreß;
2. ein deutscher Verfassungskongreß.
Für die Klein- und Kleinstaaten bestand die Gefahr, daß sie von
den Verfassungsverhandlungen ausgeschlossen wurden, daß also ihre
Unabhängigkeit bedroht war.