Volltext: Fragen an Liechtenstein

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trag zu einer Koordinierung ihrer Wirtschafts-, Konjunktur- und 
Sozialpolitik und zu einer Angleichung der nationalen Rechts- und 
Verwaltungsvorschriften verpflichten. Zu diesem Fragenkomplex ist 
zu sagen, daß Liechtenstein, solange das Währungsabkommen und 
der Zollvertrag mit der Schweiz in Kraft sind, und aufgrund seiner 
relativ geringen Wirtschaftskraft, keine eigene Wirtschafts- und Kon 
junkturpolitik betreiben kann. — Der Anachronismus des Finanz 
ausgleichs zu diesem Zeitpunkt in dieser Höhe kann in diesem Zu 
sammenhang wohl nicht als Wirtschafts- und Konjunkturpolitik im 
positiven Sinne bezeichnet werden. Wenn es einen Versuch zu einer 
diesbezüglich eigenständigen Politik hätte darstellen sollen, so muß 
man ihn als kläglich taxieren. — Dieser Fragenkomplex beantwortet 
sich im Prinzip wieder mit der Konsistenz des Zollvertrages mit der 
Schweiz. Wenn dieser dahinfallt, so wird Liechtenstein sich nach den 
Normen der EWG richten müssen, und dann ist in gewissem Sinne 
der Zustand erreicht, den Dr. Batliner in seinem Referat so treffend 
umschrieben hat. Das darin Gesagte über die Bedeutung der Person 
kann in Analogie auf den Kleinstaat Liechtenstein angewandt wer 
den; ich zitiere: «Die Stellung des Einzelnen ist eine grundlegend 
andere, je nachdem, ob das Verhältnis eins zu ein paar Tausend oder 
eins zu hundert Millionen lautet.» Liechtensteins Bedeutung wird bei 
einem Arrangement mit der EWG zwar nicht absolut, so doch rela 
tiv stark absinken. 
Auch auf dem Gebiet der Sozialpolitik müßte Liechtenstein mit er 
heblichen Mehrbelastungen rechnen, denn auch in diesem Fall heißt 
Harmonisierung Angleichung nach oben. Man bedenke hier, daß die 
Sozialabgaben der Privaten, der Unternehmer und des Staates im 
EWG-Raum wesentlich höher sind als im Räume Liechtenstein- 
Schweiz. Zum gleichen Zeitpunkt ist jedoch das Lohnniveau bei uns 
um einiges höher als im EWG-Raum. Unter Berücksichtigung der 
längst erwiesenen Starrheit der Löhne nach unten, ergibt dieser Tat 
bestand Wettbewerbs Verzerrungen, mit denen die liechtensteinische 
Wirtschaft schwer zu kämpfen haben wird. In seinem schon erwähn 
ten Vortrag kommt Strauß zum Schluß, daß Angleichung der 
Steuern, gemeinsame Wirtschafts- und Währungspolitik, gemeinsame 
Konjunktur- und Sozialpolitik bei der heutigen politischen Struktur 
der EWG kaum durchzuführen sei, deshalb müsse die EWG eine ge 
meinsame Exekutive und Legislative schaffen, also zur politischen 
Union ausgestaltet werden. Dabei ist aber, ich möchte beinahe sagen, 
das für uns tröstliche Dilemma zu beachten, mit dem die EWG mo 
mentan so schwer zu kämpfen hat. Nämlich das Dilemma, daß eine 
gemeinsame Wirtschafts-, Währungs- und Finanzpolitik nicht ohne
	        

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