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Behauptung aufstellen, daß in der schweizerischen Volkswirtschaft
auch in den nächsten Jahrzehnten (ja in diesen vielleicht noch mehr
als bisher) ein chronischer Mangel an Arbeitskräften herrschen
wird.»
Es stellt sich hier die Frage nach einer Revision unserer Fremdarbei
terpolitik, wie auch unserer Einbürgerungspraxis, auf die wir später
noch zu sprechen kommen werden. Dazu gesellt sich das Problem,
daß es auf die Dauer wahrscheinlich nicht so leicht sein dürfte, den
Import von fremder Arbeitskraft sicher zu stellen: Denn die Nach
frage nach ausländischer Arbeitskraft steht einem Angebot gegen
über, dessen Höhe insbesondere durch das Einkommensgefalle zwi
schen Liechtenstein und den Rekrutierungsländern und durch die Be
schäftigungsmöglichkeiten in diesen Rekrutierungs ländern bestimmt
wird.
Was die vorher erwähnte historische und strategische Position anbe-
trifft, ist zu sagen, daß aufgrund des technischen Fortschritts auch in
der Kriegsfuhrung die ehemals so bedeutsame strategische Position
Liechtensteins auf Null zusammengesunken ist. Zweitens stärkt das
Wissen, der letzte Staat des Heiligen Römischen Reiches Deutscher
Nation zu sein, zwar unser liechtensteinisches Selbstbewußtsein,
dient uns aber nicht bei den Verhandlungen mit der EWG — bei den
Verhandlungen, in denen unsere wirtschaftliche, politische und ge
sellschaftliche Zukunft weitgehend mitbestimmt wird.
Diese eben genannten Merkmale bilden die Grundlage für die Ein
stufung Liechtensteins in die weltpolitische Rangordnung. Dr. Bat-
liner wies in seinem Referat auf weitere Gründe, die ich hier nicht
zu wiederholen brauche, hin, warum Liechtenstein im Ausland weit
gehend unbekannt ist, und wenn man es kennt, warum dieser unser
Kleinstaat als unseriös und als nicht ernst zu nehmend gilt. Und ich
brauche hier ebenfalls nicht zu wiederholen, daß es an der Zeit wäre,
durch geeignete innen- und außenpolitische Maßnahmen Liechten
stein ein besseres Image und damit eine bessere Startposition zu den
Verhandlungen in Brüssel zu geben.
Wenn wir von Integration sprechen, meine Damen und Herren, so
schwebt uns meistens das Bild der EWG vor.
Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft stellt ein Gebilde supra
nationaler Art dar. Das äußert sich primär in der Übertragung einer
großen Anzahl von Souveränitätsrechten der Mitgliedstaaten an die
Gemeinschaft und in der Schaffung einer übernationalen (von den
Parlamenten der Mitgliedstaaten unabhängigen) Behörde. Die Mit
gliedstaaten müssen ihre Zuständigkeit in Außenhandels-, Agrar-
und Verkehrspolitik an die Gemeinschaft übertragen; sie haben sich