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eine Fremdsprache klingen. Das ändert im Grundsätzlichen nichts:
Im Staat zählt nicht allein die Zahl der Termiten und der Hunger
der Wölfe.
d) Kulturpolitik als Mittel liechtensteinischer Außenpolitik
Die liechtensteinische Außenpolitik ist in ihren Hilfsmitteln und in
ihrer Manövrierfähigkeit besonders durch den Zollvertrag beschränkt.
In meinen bisherigen Ausführungen scheint die Verbindung von
Außenpolitik und Kulturpolitik durch.
Es ist ein Charakteristikum der Kulturpolitik, daß sie die Fähigkeit
des Brückenschlagens auch zwischen ideologisch getrennten Staaten
besitzt. Die Einmütigkeit an der UNESCO-Tagung in Venedig hat
dies erneut bestätigt. Auch die Wiederaufnahme diplomatischer Be
ziehungen geht in der ersten Phase meist über Kulturabkommen. Es
gibt unzählige Beispiele dafür. Im Gefolge davon findet ein Aus
tausch von Künstlern, Wissenschaftlern, Sportlern und Ausstellungen
statt. Führende Politiker übernehmen jeweils das Patronat. Bezeich
nenderweise führte zum Beispiel der russische Außenminister Gro-
myko bei der Ausstellung «Historische Schätze der Sowjetunion» das
Ehrenkomitee an. Es steht fest, daß alle Staaten der Welt, Kultur
politik ins Beziehungskalkül mit Drittstaaten einrechnen.
Wenn Liechtenstein eine Außenpolitik aufbauen will, die mehr ist
als nur Beziehungen mit dem Zollvertragspartner — und meiner An
sicht nach müssen wir das tun —, so ist Kulturpolitik, konzertiert
mit anderen Vorstößen, für den Beginn das wirksamste.
Zu Anfang des 19. Jahrhunderts trug der Fürst allein die Sorge um
die Außenpolitik Liechtensteins. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts
führten die Zollverträge mit Österreich und der Schweiz zu einer
fortschreitenden Verkümmerung des Sinnes für Beziehungen zu an
deren Staaten als den Zollvertragspartnem. In der kritischen Zeit
der zwanziger Jahre wirkten in Wien, Prag und Bern liechtenstei
nische Vertretungen. Im Bewußtsein des heutigen Liechtensteiners ist
eine Gesandtschaft in Bern schon zuviel. Vor die elementare Frage
der Integration gestellt, ist Liechtenstein außenpolitisch verküm
mert: es fehlt an Personal, Erfahrung, Konzeptionen und am Willen
zur Veränderung, weil eine wirtschaftliche Blüte die Erkenntnis der
Gefahr überdeckt.
Dennoch, geschenkt wird uns nichts werden. Wir müssen wissen, was
wir wollen und nicht nur das, was wir nicht wollen. Die Beziehungen
zwischen den Völkern beruhen nicht auf karitativen Grundsätzen.